Ukraine-Krieg, Tag 46: Wirtschaftsleistung der Ukraine wird sich 2022 laut Weltbank fast halbieren

Die nach einem russischen Angriff zerstörte Stadt Borodjanka.
Die nach einem russischen Angriff zerstörte Stadt Borodjanka.

Kiew (Ukraine) - Tag 46 im Krieg Russlands gegen die Ukraine - und keine Entspannung in Sicht: Nach den Gräueltaten von Butscha kam es in dieser Woche zu Angriffen auf Zivilisten in Kramatorsk und Makariw. Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), hat deshalb mehr Härte gegen Russland gefordert und seine Forderung nach einem Importstopp von Öl von dort bekräftigt.

"Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte er in einer am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft.

Ukrainischen Angaben zufolge kamen bei russischen Angriffen im Osten des Landes sieben Zivilisten ums Leben. Sechs Menschen wurden verletzt.

Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen von Selenskyj mit Kremlchef Wladimir Putin (69) zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges. "Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden - nein, das wird so nicht passieren", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak im ukrainischen Fernsehen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (63) kündigte unterdessen einen "grundlegenden Wandel" des Verteidigungsbündnisses an.

Die Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker (9. April) nachlesen. Alle aktuellen Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Sonntag, 10. April, gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

22.30 Uhr: Ukraines Wirtschaftsleistung wird sich 2022 laut Weltbank fast halbieren

Infolge des russischen Angriffskriegs wird sich die Wirtschaftsleistung der Ukraine in diesem Jahr nach einer Prognose der Weltbank fast halbieren.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im Vergleich zum Vorjahr um rund 45 Prozent einbrechen, teilte die Weltbank am Sonntag mit. Die Organisation schränkte jedoch ein, dass "das Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs" von "der Dauer und der Intensität des Kriegs" abhängen werde. Im Januar, also vor Beginn des Kriegs Ende Februar, hatte die Weltbank in einer Prognose für die Ukraine noch ein Wirtschaftswachstum von rund 3 Prozent erwartet.

"Viele Aspekte der ukrainischen Wirtschaft brechen zusammen", erklärte die Weltbank. Die Auswirkungen von Krieg, Flucht und Vertreibung auf die Armut in der Ukraine würden wahrscheinlich ebenfalls "verheerend sein", hieß es. Gemessen an der statistischen Armutsgrenze von 5,50 US-Dollar pro Tag für Länder mit vergleichbarem Einkommen dürfte der Anteil der ukrainischen Bevölkerung, der in Armut lebt, von 1,8 Prozent auf 19,8 Prozent hochschnellen, warnte die Weltbank.

"Das Ausmaß der vom Krieg ausgelösten humanitären Krise ist erschütternd", erklärte die für Europa und Zentralasien zuständige Vizepräsidentin der Weltbank, Anna Bjerde. Die Ukraine brauche "sofort massive finanzielle Unterstützung", forderte Bjerde.

Ukrainische Feuerwehrleute arbeiten an einem Gebäude in Odessa, das durch Beschuss zerstört wurde.
Ukrainische Feuerwehrleute arbeiten an einem Gebäude in Odessa, das durch Beschuss zerstört wurde.

22.11 Uhr: Ehemalige UN-Anklägerin Del Ponte fordert Haftbefehl gegen Putin

Die ehemalige UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte hat ihre Forderung nach einem internationalen Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin bekräftigt.

Putin könne zwar erst vor den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden, wenn er nicht mehr im Amt sei, doch die Justiz habe Geduld, sagte die Juristin am Sonntag am Rande einer Literaturveranstaltung im Schweizer Ort Ascona. "Es gibt keine Verjährung für diese Verbrechen. Und Putin wird nicht ewig Präsident bleiben", sagte sie.

Die Schweizer Juristin Del Ponte war Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien und des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda. Außerdem war sie Teil einer UN-Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverstößen in Syrien.

20.57 Uhr: Hofreiter: Deutschland muss in Ukraine-Krieg "deutlich mehr tun"

Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz für die Ukraine und gegen Russland.

Er teile die Kritik, dass zu wenige Waffen und zu spät geliefert werde, sagte der Grünen-Politiker am Sonntag in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Mit Blick auf Forderungen, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle nach Kiew reisen, meinte Hofreiter, das sei dessen persönliche Entscheidung. Wichtig wäre aber, "dass wir unsere Politik verändern".

So sollten Schützenpanzer vom Typ Marder dringend geliefert werden. Beim Unternehmen Rheinmetall stünden davon 70 ausgemusterte, die erst aufgearbeitet werden müssten. Hofreiter schlug daher vor, 20 bis 30 funktionsfähige Marder-Panzer aus Bundeswehr-Beständen zu liefern und aus den ausgemusterten diese Anzahl innerhalb weniger Wochen zu ertüchtigen.

"Ich versuche so viel Druck wie möglich zu machen, dass wir unsere Positionen da verändern", betonte Hofreiter. Seine dringende Empfehlung sei, "deutlich mehr" zu tun. Das gelte auch für ein Energieembargo gegenüber Russland, um das Land von seinen Finanzierungsquellen abzuschneiden.

Anton Hofreiter fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz für die Ukraine und gegen Russland.
Anton Hofreiter fordert von der Bundesregierung mehr Einsatz für die Ukraine und gegen Russland.

19.24 Uhr: Wladimir Klitschko: Wir können Ukraine nicht mit Fäusten verteidigen

Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko hat dringend weitere internationale Waffenlieferungen für die von Russland angegriffene Ukraine gefordert.

"Wir brauchen Waffen. Wir können unser Land nicht mit unseren Fäusten verteidigen", sagte Klitschko am Sonntag dem US-Fernsehsender ABC. Sein Bruder Vitali ist Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Die Ukraine erwarte keine anderen Armeen auf ihrem Boden, sagte Klitschko. "Wir werden auf uns selbst aufpassen und unsere Heimat verteidigen, wir brauchen nur diese Waffen dafür." Wesentlich sei außerdem, Russland wirtschaftlich weiter zu isolieren und mit Sanktionen zu belegen. "Jeden Cent, den Russland bekommt, verwenden sie für Waffen, um uns Ukrainer zu töten", sagte er.

18.10 Uhr: Österreichs Kanzler wird Putin am Montag in Moskau treffen

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer wird am Montag mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen.

Österreichs Regierungssprecher Daniel Kosak bestätigte das der Deutschen Presse-Agentur. Bundeskanzler Nehammer werde über die Türkei nach Moskau fliegen. Dort sei für Montagnachmittag ein Gespräch mit Putin geplant. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung darüber berichtet. In Moskau bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow das Treffen. Nehammer ist damit der erste westliche Regierungschef, der seit Kriegsbeginn zu Putin nach Moskau reist.

Kosak sagte, die Reise des österreichischen Regierungschefs verfolge drei Ziele: Der Krieg müsse aufhören. Das klinge banal, sei aber das Wichtigste. Ferner erwarte die ukrainische Regierung für die kommenden Tage eine "große Schlacht" im Osten des Landes. Hierfür müssten Absprachen für humanitäre Korridore getroffen werden. Drittens wolle Nehammer bei Putin die Kriegsverbrechen der russischen Armee in der Ukraine ansprechen. Diese müssten von unabhängiger internationaler Seite aufgeklärt werden.

Aus dem Umfeld des österreichischen Kanzlers verlautete, er agiere abgestimmt mit den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz. Damit widersprach Österreich anderslautenden Darstellungen über Verärgerung in der Ukraine.

"Wir waren in Butscha. Wir haben die Kriegsverbrechen gesehen und Kanzler Nehammer wird sie benennen gegenüber Präsident Putin", verlautete aus dem Kanzleramt in Wien. Man sei "aber nicht illusorisch", es gehe um humanitäre Ziele. "Es gilt, im Gespräch zu bleiben." Es sei höchst unwahrscheinlich, "mit einem Frieden zurückzukehren." Die russische Seite lasse zum Beispiel in den Kampfgebieten keine humanitäre Hilfe etwa durch das Rote Kreuz zu.

Nehammer war am Samstag mit Selenskyj zusammengekommen.

Österreichs Kanzler Karl Nehammer wird am Montag mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen.
Österreichs Kanzler Karl Nehammer wird am Montag mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammentreffen.

18 Uhr: Prominente US-Republikanerin wirft Russland Völkermord vor

Die prominente US-Republikanerin Liz Cheney hat die Gräueltaten Russlands im Ukraine-Krieg als Völkermord bezeichnet.

"Das ist eindeutig Genozid", sagte Cheney am Sonntag dem Fernsehsender CNN. "Ich denke, dass Europa verstehen und sich mit der Tatsache auseinandersetzen muss, dass es sich um einen Völkermord handelt." Die Europäer müssten auch begreifen, dass sie diesen Feldzug von Russlands Präsident Wladimir Putin finanzierten.

Cheney räumte ein, sie verstehe die wirtschaftlichen Folgen für die westeuropäischen Länder, wenn sie einen Importstopp für russisches Öl und Gas verhängen würden, aber sie müssten es tun. "Jeden einzelnen Tag, an dem sie weiterhin russisches Öl und Gas importieren, finanzieren sie Putins Völkermord in der Ukraine", beklagte sie. Liz Cheney, die Tochter des früheren US-Vizepräsidenten Dick Cheney, gehört zu den prominenten Köpfen der Republikanischen Partei.

16.40 Uhr: CDU-Politiker rufen Scholz zu Kiew-Reise auf

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgefordert, wie andere westliche Politikerinnen und Politiker in die Ukraine zu reisen.

"Ich wünsche mir, dass auch unser Bundeskanzler diesem Beispiel folgt und sich vor Ort ein Bild macht", sagte der Unions-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages dem "Handelsblatt". Deutschland solle "seine so wichtige Scharnierfunktion in Europa ausfüllen" und bei der Unterstützung der Ukraine und der Bewältigung der Krise vorangehen.

In den vergangenen Tagen waren EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der britische Premierminister Boris Johnson und der österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer nach Kiew gereist.

Wird Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew reisen?
Wird Bundeskanzler Olaf Scholz nach Kiew reisen?

16.16 Uhr: Flughafen der ukrainischen Industriestadt Dnipro zerstört

Russische Raketenangriffe haben nach ukrainischen Angaben schwere Verwüstungen auf dem Flughafen der Großstadt Dnipro angerichtet.

Der Airport existiere nicht mehr, schrieb der regionale Verwaltungschef Walentyn Resnitschenko am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram. "Der Flughafen selbst und die Infrastruktur in der Nähe wurden zerstört. Und die Raketen fliegen und fliegen." Es werde versucht, die Zahl der Opfer zu ermitteln. Schon Mitte März hatten russische Raketen das Flugfeld und die Gebäude des Flughafens der Industriestadt am Strom Dnipro beschädigt.

Auch ein Infrastrukturobjekt in dem Ort Swonezke sei am Sonntag getroffen worden, teilte Resnitschenko mit. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium mitgeteilt, in Swonezke im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und die Basis des ukrainischen Bataillons Dnipro vernichtet worden.

Priester und Soldaten stehen auf einem Friedhof in Dnipro neben Särgen vor ausgehobenen Gräbern während einer Beisetzung.
Priester und Soldaten stehen auf einem Friedhof in Dnipro neben Särgen vor ausgehobenen Gräbern während einer Beisetzung.

15.32 Uhr: Menschenrechtler in Moskau bei Protest gegen Krieg festgenommen

Bei einem Ein-Mann-Protest gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist der prominente Menschenrechtler Oleg Orlow in Moskau auf dem Roten Platz festgenommen worden.

Das teilte die in Russland verbotene Menschenrechtsorganisation Memorial mit, zu deren Führung Orlow gehört. Ein Video zeigte, wie er am Sonntag auf dem Roten Platz allein ein Plakat hochhielt, bevor Polizisten ihn abführten.

Auf dem Plakat stand: "Unsere Weigerung, die Wahrheit zu wissen, und unser Schweigen machen uns zu Mitschuldigen an Verbrechen." Für Orlow (69) sei es bereits die vierte Festnahme in jüngster Zeit, teilte Memorial mit. Er wurde demnach in ein Polizeirevier gebracht. Ein Anwalt sei bei ihm.

Das Bürgerrechtsportal Ovd-Info listete am Sonntag weitere Festnahmen in Moskau und anderen Städten auf. In Nowosibirsk habe ein Demonstrant blaue und gelbe Farbe vor das Bürgermeisteramt gekippt.

14.53 Uhr: Wladimir Klitschko: "Wir brauchen mehr Waffen, jede Stunde zählt"

Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko (46) hat dringend schnelle Hilfe aus Deutschland für die von Russland angegriffene Ukraine gefordert.

An die Adresse von Ukrainern in Deutschland und deutschen Unterstützern sagte Klitschko, dessen Bruder Vitali (50) Bürgermeister von Kiew ist: "Macht alle gemeinsam Druck auf die deutsche Bundesregierung. Wir brauchen jetzt ein Embargo von Öl und Gas aus Russland. Wir brauchen jetzt mehr Waffen. Hier in der Ukraine zählt jede Stunde, jede Minute."

In der Videobotschaft an die Teilnehmer einer Solidaritäts-Veranstaltung "Leuchtturm Ukraine" am Sonntag in Berlin betonte Klitschko besonders das Wort "jetzt".

Weiter sagte er: "Es ist so wichtig, dass ihr weitermacht. Dass ihr helft, dass die Menschen, die von diesem brutalen Krieg betroffen sind, nicht vergessen werden."

Der frühere Boxweltmeister Wladimir Klitschko (46).
Der frühere Boxweltmeister Wladimir Klitschko (46).

14.45 Uhr: Seit Kriegsbeginn 2200 Wehrpflichtige an Flucht aus Ukraine gehindert

Der ukrainische Grenzschutz hat seit Beginn des Kriegs mit Russland knapp 2200 Männer im wehrpflichtigen Alter an der verbotenen Ausreise gehindert.

"In letzter Zeit gab es auch mehrere Fälle, in denen Leichen von Männern an den Ufern grenznaher Gewässer gefunden wurden", teilte die Behörde am Sonntag mit.

Anders als Frauen und Kinder, die zu Hunderttausenden fliehen, sollen Männer ihr Heimatland verteidigen. Einige männliche Flüchtlinge hätten versucht, Beamte zu bestechen oder mit gefälschten Dokumenten über die Grenze zu gelangen, hieß es. In den Karpaten seien auch mehrere Vorfälle mit Erfrierungen registriert worden, unter anderem an der Grenze zu Rumänien.

In ukrainischen Medien sorgten zuletzt Berichte über den ehemaligen Verfassungsrichter Olexander Tupyzkyj für Aufsehen. Der 59-Jährige war in Wien fotografiert worden. Die Ukraine hat angekündigt, die vor der Landesverteidigung Geflohenen nach der Rückkehr ins Land zu bestrafen.

Nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar hatte Kiew Männern im Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise verboten. Ausnahmen gelten für Wehruntaugliche und Väter kinderreicher Familien, aber auch für Fernfahrer. Auf dem Foto: Ukrainische Soldaten in Irpin.
Nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar hatte Kiew Männern im Alter zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise verboten. Ausnahmen gelten für Wehruntaugliche und Väter kinderreicher Familien, aber auch für Fernfahrer. Auf dem Foto: Ukrainische Soldaten in Irpin.

13.45 Uhr: Prorussische Demos in Frankfurt und Hannover unter strengen Auflagen

Unter strengen Auflagen haben am Sonntag in Frankfurt und Hannover prorussische Kundgebungen begonnen.

In Frankfurt versammelten sich am Mittag mehrere hundert Teilnehmer auf dem Opernplatz. Bis zu 2000 Menschen wurden erwartet. Angemeldet wurde die Demonstration unter dem Motto "Gegen Hetze und Diskriminierung der russischsprachigen Mitbürger/Gegen Krieg – Für Frieden". Ein ursprünglich angemeldeter Autokorso mit 700 Fahrzeugen durfte nach einer Entscheidung der Stadt nicht stattfinden.

In Hannover trafen sich am Mittag laut Polizei mehr als 600 Menschen mit rund 350 Autos, um sich einem prorussischen Autokorso durch die Stadt anzuschließen. Zu sehen waren Russlandfahnen und deutschen Flaggen. Gleichzeitig versammelten sich in der Innenstadt rund 850 Gegendemonstranten.

Das Tragen bestimmter Symbole und Abzeichen ist untersagt - etwa Abbildungen mit den Buchstaben V und Z sowie das "Sankt-Georgs-Band". Diese stehen für die russischen Kriegsaktivitäten in der Ukraine. Verboten wurde, die russischen Aggressionen gutzuheißen sowie den Staat Ukraine, seine Bevölkerung sowie Opfer des russischen Einmarschs zu verunglimpfen.

13.01 Uhr: Papst fordert österliche Waffenruhe

Papst Franziskus (85) forderte eine Waffenpause während der Osterzeit.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche nutzte die erste große Messe auf dem mit rund 50.000 Gläubigen gefüllten Petersplatz in Rom seit Beginn der Corona-Pandemie für einen Friedensappell. "Stellt die Waffen beiseite, beginnt eine österliche Waffenruhe", sagte er.

12.43 Uhr: Selenskyj telefoniert mit Scholz: Kriegsverbrecher bestrafen

Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), hat in einem Telefongespräch mit Kanzler Olaf Scholz (63, SPD) eine Verfolgung russischer Kriegsverbrechen in seinem Land gefordert.

Beide hätten betont, dass alle Schuldigen an Kriegsverbrechen identifiziert und bestraft werden müssten, schrieb Selenskyj am Sonntag auf Twitter. "Besprochen haben wir auch antirussische Sanktionen, Verteidigungs- und finanzielle Unterstützung für die Ukraine", sagte Selenskyj. Russische Truppen waren vor gut sechs Wochen in das Nachbarland einmarschiert.

12.38 Uhr: Raketenangriff auf Kramatorsk ist Kriegsverbrechen

Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft wirft Russland vor, auch bei dem Raketenangriff auf den Bahnhof der Stadt Kramatorsk mit über 50 Toten ein Kriegsverbrechen begangen zu haben.

"Absolut, das ist ein Kriegsverbrechen", sagte die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Sonntag dem britischen Sender Sky News. Es sei eine russische Rakete gewesen, die mehr als 50 Menschen getötet habe, die mit ihren Kindern auf ihre Evakuierung gewartet hätten. "Das waren Frauen, das waren Kinder, und sie wollten einfach nur ihr Leben retten", sagte Wenediktowa. Man habe Beweise dafür, dass es sich um einen russischen Angriff gehandelt habe.

Wenediktowa warf Russland vor, in allen Regionen der Ukraine Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin bezeichnete sie als den "Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts". Die Ukraine habe 5600 Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen mit 500 Verdächtigen identifiziert.

Der Leiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in der Ukraine, Pascal Hundt, sagte dem Sender, er habe nirgendwo sonst solch ein Leid gesehen wie derzeit in der Ukraine. Menschen lebten ohne Essen, Strom, Wasser und Heizung unter schrecklichen Bedingungen.

Blutflecken sind am Bahnhof zu sehen, an dem die Bewohner auf ihre Evakuierung warteten. Bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof in Kramatorsk in der Ostukraine sind am 8. April Dutzende Menschen getötet worden, die vor Kämpfen fliehen wollten.
Blutflecken sind am Bahnhof zu sehen, an dem die Bewohner auf ihre Evakuierung warteten. Bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof in Kramatorsk in der Ostukraine sind am 8. April Dutzende Menschen getötet worden, die vor Kämpfen fliehen wollten.

12.01 Uhr: Experten bei Gas-Import aus Russland für Zölle statt Embargo

Energie-Experten haben vor schweren wirtschaftlichen Folgen eines Lieferstopps für russisches Gas in Reaktion auf den Krieg in der Ukraine gewarnt. Auch die deutsche Industrie ist alarmiert, die Chemie- und die Pharmabranche rechnen bei einem Gas-Embargo mit Produktionsausfällen.

"Ein volles Embargo würde eine sofortige Rezession in Europa auslösen, die Inflation würde weiter steigen und die Innenpolitik noch schwieriger werden", sagte der Ökonom Simone Tagliapietra von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel der Deutschen Presse-Agentur. Er schlägt stattdessen vor, Zölle auf russische Energie einzuführen, um weiter Druck auf Russland auszuüben.

Raphael Hanoteaux von der Organisation E3G sagte mit Blick auf ein Gasembargo: "Die deutsche Industrie zum Beispiel würde ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren." Grund dafür seien Schließungen in der Industrie und noch höhere Preise.

11.12 Uhr: Ukrainischer Botschafter verurteilt Schmierereien an Ehrenmal

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk (46) hat die anti-russischen Schmierereien am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Treptow verurteilt.

"Solche Schmierereien verurteile ich ausdrücklich, auch wenn manche Parolen, dass ukrainisches Blut auf russischen Händen in diesem Krieg klebt, zutreffend sind", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. "Ich glaube, das war eine bewusste Provokation, auch um die Ukraine zu diskreditieren."

Der Botschafter forderte die Berliner Innensenatorin, Iris Spranger (SPD), und die Polizei auf, alles zu unternehmen, um die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen und die Ehrenmale in Treptow und im Berliner Tiergarten besser vor Vandalismus zu schützen.

11.10 Uhr: Ukrainische Truppen bringen ausländische Schiffe in ihre Gewalt

Die prorussischen Separatisten teilten am Sonntag mit, ukrainische Truppen hätten in der umkämpften Hafenstadt Mariupol zwei ausländische Schiffe samt Besatzung in ihre Gewalt gebracht und würden von dort aus die Stadt beschießen.

Die Separatisten kämpfen mit Unterstützung der russischen Armee darum, Mariupol am Asowschen Meer vollständig einzunehmen.

Dieses von Planet Labs PBC herausgegebene Satellitenfoto zeigt ein brennendes ukrainisches Marineschiff sowie ein in Flammen stehendes Gebäude in der belagerten Stadt Mariupol. Das Foto vom 6. April soll das ukrainische Kommandoschiff Donbas zeigen.
Dieses von Planet Labs PBC herausgegebene Satellitenfoto zeigt ein brennendes ukrainisches Marineschiff sowie ein in Flammen stehendes Gebäude in der belagerten Stadt Mariupol. Das Foto vom 6. April soll das ukrainische Kommandoschiff Donbas zeigen.

11.07 Uhr: Laut russischem Militär weitere Objekte in Ukraine zerstört

Mit neuen schweren Raketenangriffen haben die russischen Streitkräfte nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau Dutzende weitere Militärobjekte in der Ukraine zerstört.

Insgesamt seien 86 Objekte innerhalb eines Tages getroffen worden, teilte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Sonntag in Moskau mit. Im Gebiet Dnipropetrowsk seien der Stab und Basis des Bataillons Dnipro vernichtet worden. Der Stützpunkt soll demnach auch als Sammelstelle für Söldner gedient haben. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.

Zerstört worden seien auch auf dem Militärflugplatz der Garnisonsstadt Tschuhujiw im Gebiet Charkiw Startkomplexe des Luftabwehrsystems S-300 sowie in der Ostukraine mehrere Drohnen, zwei Munitions- und drei Treibstofflager, sagte Generalmajow Konaschenkow.

11.06 Uhr: Luhansker Gouverneur wirft Russen wahllosen Beschuss vor

Der Gouverneur des ostukrainischen Gebiets Luhansk, Serhij Hajdaj, hat den russischen Truppen einen wahllosen Beschuss mit allen vorhandenen Waffen vorgeworfen.

"Schwere Artillerie, darunter 152 Millimeter. Mörser aller Kaliber, Mehrfachraketenwerfer, Raketen, Luftwaffe. Das ist einfach Horror", sagte der 46-Jährige in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Onlinezeitung Ukrajinska Prawda. Dabei seien alle Krankenhäuser in dem Gebiet beschossen worden. Derzeit seien nur noch die Einrichtungen von Lyssytschansk und Sjewjerodonezk in Betrieb.

"Sogar mit durchgeschlagenen Dächern, sogar mit Löchern in den Wänden, arbeiten sie weiter", sagte er. Das Ende des Krieges mit einer eventuellen Verhandlungslösung werde von dem erwarteten russischen Großangriff im Donbass abhängen. "Wenn wir ihn nicht komplett zerschlagen, wird es einen weiteren Angriff nach einer gewissen Zeit geben, nach anderthalb bis zwei Jahren", meinte er.

11 Uhr: Dutzende tote Zivilisten westlich von Kiew gefunden

Nach dem Abzug russischer Truppen sind auch westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew Dutzende tote Zivilisten in einem Massengrab gefunden worden.

"Nahe der Tankstelle von Busowa haben wir heute noch tote Zivilisten in einer Grube gefunden", sagte der Gemeindevorsteher Taras Didytsch in der Nacht zum Sonntag im ukrainischen Fernsehen. Auf der Trasse von Kiew nach Schytomyr seien zudem etwa 15 Kilometer von der Hauptsatdt entfernt Leichen bei einem Dutzend beschossener Autos gefunden worden.

Ein Gerichtsmediziner steht neben im Krieg getöteten Zivilisten, nachdem sie bereits am Freitag aus einem Massengrab geholt wurden.
Ein Gerichtsmediziner steht neben im Krieg getöteten Zivilisten, nachdem sie bereits am Freitag aus einem Massengrab geholt wurden.

10.42 Uhr: Russen-Angriff in Luhansk "eine Frage von Tagen"

Der Gouverneur des Gebiets Luhansk geht von einer baldigen Offensive der Russen im Osten der Ukraine aus. "Es ist eine Frage von Tagen", sagte Serhij Hajdaj der italienischen Zeitung "Corriere della Sera".

"Sie stellen sich an der Grenze neu auf und bombardieren uns weiter. Sie kennen keine Moral mehr: Sie machen Krankenhäuser, Schulen und Häuser dem Erdboden gleich."

In den selbst ernannten "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk haben prorussische Separatisten das Sagen. Putin hatte beide als unabhängige Staaten anerkannt und danach einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Auf die Frage, was nun bevorstehe, sagte Hajdaj: "Die Hölle." Er erinnerte an Butscha oder Mariupol, wo seit Wochen schlimme Angriffe und Kriegsverbrechen beobachtet werden. "Bei uns wird es noch viel schlimmer", sagte der Gouverneur. Anders als in anderen Teilen des Landes gebe es in Luhansk für die Ukrainer kaum noch Bunker, in denen sie Schutz suchen können. "Wir verstecken uns in den Kellern. Ich versuche, alle meine Mitbürger zu überzeugen, von hier weg zu gehen."

10.40 Uhr: Russland stockt Streitkräfte mit Ex-Soldaten auf

Russland versucht nach britischen Erkenntnissen, seine zunehmenden Verluste an Soldaten im Ukraine-Krieg mit dem Einsatz früherer Militärbediensteter aufzufangen.

Die russischen Streitkräfte bemühten sich darum, ihre Truppenstärke durch Personal aufzustocken, das in den vergangenen zehn Jahren aus dem Militärdienst ausgeschieden ist, teilte das britische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update auf Twitter mit. Zu den Bemühungen, mehr Kampfkraft zu gewinnen, gehöre auch der Versuch, Kräfte in der von russischen Separatisten kontrollierten Region Transnistrien in der Republik Moldau zu rekrutieren.

Wie viele russische Soldaten seit Beginn des Einmarsches in die Ukraine am 24. Februar getötet worden sind, ist unklar. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte am Donnerstag beim britischen Sender Sky News jedoch eingeräumt, dass Russland "bedeutende Verluste" erlitten habe. Im Westen geht man laut BBC davon aus, dass bisher zwischen 7000 und 15.000 russische Soldaten getötet worden sind.

10.29 Uhr: Ukrainischer Botschafter fordert Verbot russischer Fahnen bei Demos

Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk (46) hat ein Verbot russischer Fahnen und anderer staatlicher Symbole bei pro-russischen Demonstrationen in Deutschland gefordert.

"Das Tragen aller offiziellen Symbole eines Aggressor-Staates - wie der russischen Fahne - müsste per Gesetz verboten werden, solange Russland diesen Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation führt", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. Das Zeigen der russischen Symbole habe nichts mit Meinungsfreiheit zu tun, sondern mit "Verherrlichung einer barbarischen Aggression" mitten in Europa.

Er werde darüber "sehr konkrete Gespräche" mit der Bundesregierung führen, kündigte Melnyk an. "Ich kann gar nicht verstehen, dass die deutsche Politik dabei ein Auge zudrückt", sagte er. "Wenn man mit einer russischen Fahne demonstriert, dann unterstützt man automatisch einen Staat, der einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine und unsere Zivilbevölkerung führt."

In den vergangenen Tagen hatte es pro-russische Autokorsos in mehreren deutschen Städten gegeben, darunter in Stuttgart. Erst am Samstag rollte eine lange Autokolonne mit vielen russischen Fahnen auf den Motorhauben durch Stuttgart (Foto).
In den vergangenen Tagen hatte es pro-russische Autokorsos in mehreren deutschen Städten gegeben, darunter in Stuttgart. Erst am Samstag rollte eine lange Autokolonne mit vielen russischen Fahnen auf den Motorhauben durch Stuttgart (Foto).

8.40 Uhr: CDU-Außenpolitiker Kiesewetter ruft Scholz zu Kiew-Reise auf

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter (58) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) aufgefordert, wie andere westliche Politikerinnen und Politiker in die Ukraine zu reisen.

"Ich wünsche mir, dass auch unser Bundeskanzler diesem Beispiel folgt und sich vor Ort ein Bild macht", sagte der Unions-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages dem "Handelsblatt". "Deutschland sollte seine so wichtige Scharnierfunktion in Europa ausfüllen und bei der Unterstützung der Ukraine, der Bewältigung der Krise und dem erforderlichen Erlassen von Maßnahmen, die hoffentlich zum Kriegsende führen, vorangehen."

Roderich Kiesewetter (58, CDU) ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums.
Roderich Kiesewetter (58, CDU) ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

7.45 Uhr: Sommerreifen werden deutlich teurer

Wer diesen Frühling auf neue Sommerreifen wechseln will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Hohe Kosten für Herstellung und Transport sowie Materialengpässe treiben die von den Herstellern aufgerufenen Preise, wie der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) erklärt. Teilweise seien angesichts des Ukraine-Krieges auch weitere Erhöhungen angekündigt, die "teilweise im zweistelligen Bereich liegen".

6.30 Uhr: Deutsche Nudelhersteller kämpfen mit hohen Kosten und erhöhen Preise

Der Krieg in der Ukraine hat laut dem Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) massive Auswirkungen auf die Teigwarenhersteller in Deutschland.

Der Krieg habe die durch die Corona-Pandemie ohnehin schon angespannte Lage nochmals verschärft, teilte Peter Haarbeck, Geschäftsführer des VGMS, der Deutschen Presse-Agentur mit.

Betroffen seien die Energieversorgung, Rohstoffbeschaffung, Verpackung und Logistik. Die Unternehmen müssten die gestiegenen Kosten bei ihrer Preisfindung berücksichtigen, andernfalls wäre ihr Fortbestehen nicht möglich, so Haarbeck. Wie hoch die Preiserhöhungen am Ende ausfallen, könne er nicht sagen.

6.15 Uhr: LBBW-Chefvolkswirt fordert neuen Soli

Der Bund muss nach Ansicht des Chefvolkswirts der größten deutschen Landesbank wegen der gewaltigen Herausforderungen durch Ukraine-Krieg und Klimawandel die Steuern erhöhen.

"Ich plädiere für die Wiedereinführung des Solidaritätszuschlags", sagte Moritz Kraemer, Chefökonom der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Die Zeitenwende gibt es nicht zum Nulltarif."

Zuletzt habe das Land nach der Deutschen Einheit solche "Herkulesaufgaben" vor sich gehabt. Die Politik müsse die Energiewende vorantreiben, um unabhängig von russischem Gas zu werden. Man müsse damit rechnen, dass sich die Wirtschaftskrise durch die Sanktionen gegen Russland verschärfe, was weitere Hilfspakete für Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher nötig machen könnte, erklärte Kraemer.

Neben höheren Ausgaben für Verteidigung gehe kein Weg daran vorbei, mehr Geld in Straßen, Schienen und Schulen zu stecken. "Es gibt so viele Notwendigkeiten, jetzt auf einmal. Die sind alle entstanden, weil unsere Generation nicht richtig agiert hat und Antworten auf viele der gesellschaftlichen Herausforderungen verschleppt hat."

Der Soli müsse sozial gestaffelt sein. "Wir dürfen jetzt nicht den Kleinverdienern, die ohnehin an Kaufkraft verloren haben, noch zusätzlich in die Tasche greifen". Die Steuererhöhung müsse vor allem Reichere treffen.

5.01 Uhr: Merkel soll ihre frühere Russland-Politik erklären

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki (70) forderte Ex-Kanzlerin Angela Merkel (67, CDU) auf, ihre frühere Politik gegenüber Russland öffentlich zu erklären.

"Es wäre für die deutsche Öffentlichkeit wichtig, von der ehemaligen Bundeskanzlerin zu erfahren, ob sie die gleiche Fehleinschätzung bedauert wie ich. Ob auch ihre Einschätzung der politischen Entwicklung bedauerlicherweise durch eine andere Wirklichkeit überholt worden ist", sagte Kubicki dem "Spiegel".

Er selbst räumte ein, sich in seinen Einschätzungen des russischen Präsidenten Putin geirrt zu haben. "Im Prinzip haben sich durch den Angriff Russlands auf die Ukraine 50 Jahre meiner politischen Agenda in Luft aufgelöst. Das ist mit 70 nicht so einfach. Das muss man erst mal verkraften."

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen.
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen.

5 Uhr: Debatte über Fehler in der Russland-Politik der CDU gefordert

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident, Daniel Günther (48, CDU), fordert eine Diskussion über Fehler in der Russland-Politik auch innerhalb der CDU.

"Mit dem Wissen heute gibt es kaum jemanden, der bestreitet, dass da Fehler gemacht worden sind und dass man zu leichtgläubig war", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenportal "The Pioneer". Die Debatte darüber dränge sich geradezu auf.

Günther sagte, die Hoffnungen, die damit verbunden gewesen seien, dass man mit Russland wirtschaftlichen Handel treibe und es in die internationale Politik einbinde, hätten sich nicht bestätigt. "Von daher müssen sich alle, die in der Zeit Verantwortung getragen haben - und dazu gehört auch die CDU - diesen kritischen Fragen zurecht stellen."

4.41 Uhr: Nato muss sich an "neue Realität" anpassen

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sieht Generalsekretär Jens Stoltenberg (63) die Nato in einem "grundlegenden Wandel".

"Egal wann oder wie der Krieg in der Ukraine aufhört, der Krieg hat bereits langfristige Konsequenzen für unsere Sicherheit", sagte er in einem Interview des britischen "Sunday Telegraph". "Was wir jetzt sehen ist eine neue Realität, eine neue Normalität für die europäische Sicherheit." An diese "neue Realität" müsse sich das Verteidigungsbündnis nun längerfristig anpassen. Dafür sei ein "Reset" notwendig. Er erwarte Entscheidungen dazu beim Nato-Gipfel in Madrid Ende Juni, so Stoltenberg.

2.54 Uhr: Tote und Verletzte bei Beschuss

Durch Beschuss sind in der Region Donezk ukrainischen Angaben zufolge mindestens fünf Zivilisten getötet und fünf weitere verletzt worden.

Die örtliche Militärverwaltung machte Russland für die Opfer verantwortlich. Auch im nordöstlichen Gebiet Charkiw habe die russische Artillerie am Samstag Siedlungen beschossen, teilten ukrainische Behörden mit. Dabei seien mindestens zwei Menschen getötet und ein Mensch verletzt worden. Viele Häuser seien zerstört.

In der Region Mykolajiw im Süden habe das ukrainische Militär sieben Raketenangriffe der russischen Armee gezählt, hieß es. Dabei sei niemand getötet worden. Ukrainische Kräfte hätten ihrerseits bei drei Angriffen auf russische Truppen am Samstag unter anderem 80 Soldaten getötet sowie drei Panzer und je ein Flugzeug und einen Hubschrauber zerstört.

Dem Präsidialamt in Kiew zufolge konnten am Samstag mehr als 4500 Zivilisten aus den Regionen Donezk, Luhansk und Saporischschja flüchten. Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk warf Russland vor, trotz einer Vereinbarung Busse für Flüchtende auf bestimmten Routen nicht passieren zu lassen.

Ein durch Beschuss des russischen Militärs schwer beschädigtes Haus in Charkiw.
Ein durch Beschuss des russischen Militärs schwer beschädigtes Haus in Charkiw.

2.10 Uhr: Vier Strafanzeigen bei Autokorso in Lübeck

Die Polizei in Lübeck hat am Samstag einen Autokorso gestoppt, weil Teilnehmer eine Billigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gezeigt hätten. Demnach seien auch Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet worden, teilte die Polizei in der Nacht zum Sonntag mit.

Eigentlich hatte die Demonstration im Stadtteil St. Lorenz mit Bezug auf den Krieg in der Ukraine unter dem Motto "Gegen den Hass!" stattgefunden. Etwa 150 Menschen hatten sich dazu am Nachmittag versammelt und nach einer Auftaktkundgebung den Korso aus 60 Fahrzeugen gestartet.

Einsatzkräfte der Polizei schlossen wegen Auflagenverstößen und "des Verdachts der Begehung von Straftaten" vier Teilnehmer von der Versammlung aus und erstatteten Strafanzeigen gegen sie.

1.57 Uhr: Ukraine rechnet nicht mit baldigem Treffen von Selenskyj und Putin

Die Ukraine rechnet nicht mit einem baldigen Treffen von Selenskyj (44) und Putin (69) zu Verhandlungen über ein Ende des Krieges.

"Zu sagen, dass sie sich in einer Woche, in zwei Wochen treffen werden - nein, das wird so nicht passieren", sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Kiew bereite sich zunächst auf Kämpfe im Donbass vor. Danach habe die Ukraine "eine stärkere Verhandlungsposition" für ein mögliches Präsidententreffen, sagte er.

Die Ukraine bestehe weiter auf starke Sicherheitsgarantien und zahle dafür einen sehr hohen Preis, meinte Podoljak. "Ja, es ist hart, wir verlieren jeden Tag Menschen und Infrastruktur. Aber Russland muss sich von seinen imperialen Illusionen befreien." Wie lange dies dauern werde, spiele keine Rolle. "Der Präsident der Ukraine wird in Verhandlungen gehen, wenn wir absolut klare Positionen dafür haben."

1.07 Uhr: Selenskyj dankt Premier Johnson und Kanzler Nehammer für Besuch

Selenskyj (44) hat dem britischen Premierminister, Boris Johnson (57), und dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer (49) für ihren Besuch in Kiew gedankt.

Das Treffen mit Johnson am Samstag zeige, dass es "keine Hindernisse für die Freiheit" gebe, sagte er in einer am Abend veröffentlichten Videobotschaft. "Die Führungsrolle Großbritanniens bei unserer Unterstützung, insbesondere im Bereich der Verteidigung, und auch die Führungsrolle in der Sanktionspolitik - sie werden für immer in die Geschichte eingehen." Mit Johnson habe er auch über weitere finanzielle und verteidigungspolitische Hilfen für Kiew gesprochen.

Mit Nehammer habe er unter anderem die EU-Perspektive erörtert, sagte Selenskyj.

0.40 Uhr: London: Russische Truppen zielen in Ukraine auf Zivilbevölkerung

Nach dem russischen Abzug aus dem Norden der Ukraine gibt es nach Erkenntnissen des britischen Geheimdienstes Beweise dafür, dass nicht am Kampfgeschehen beteiligte Menschen auf unverhältnismäßige Weise zur Zielscheibe geworden sind.

Es gebe Massengräber, Geiseln seien als menschliche Schutzschilde gebraucht und zivile Infrastruktur vermint worden, teilte das britische Verteidigungsministerium in der Nacht zum Sonntag bei Twitter mit.

Die russischen Streitkräfte nutzten demnach weiterhin Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV), um der Ukraine Verluste zuzufügen, die Moral zu senken und die Bewegungsfreiheit der Ukrainer einzuschränken. Zudem griffen die Truppen weiterhin Infrastrukturziele an, bei denen das Risiko hoch sei, auch der Zivilbevölkerung zu schaden - so etwa bei dem jüngsten Beschuss eines Lagers mit Salpetersäure bei Rubischne im Donbass.

0.20 Uhr: Selenskyj bekräftigt Forderung nach Öl-Embargo

Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), hat seine Forderung nach einem Importstopp von Öl aus Russland bekräftigt.

"Wenn die Tyrannei eine Aggression gegen alles gestartet hat, worauf der Frieden in Europa ruht, müssen wir sofort handeln", sagte er in einer am Samstagabend veröffentlichten Videobotschaft. Ein Öl-Embargo müsse der erste Schritt der "gesamten zivilisierten Welt" sein. "Dann wird Russland das spüren. Dann wird es für sie ein Argument sein, den Frieden zu suchen, die sinnlose Gewalt zu beenden", sagte Selenskyj. Die demokratische Welt könne definitiv auf russisches Öl verzichten.

Das Ziel der "Anti-Kriegs-Koalition" sei klar - den Krieg schneller zu beenden, sagte der Präsident. "Deshalb ist es nicht nur eine moralische Verpflichtung aller demokratischen Staaten, aller Kräfte Europas, den Wunsch der Ukraine nach Frieden zu unterstützen." Die russische Aggression werde sich nicht auf sein Land beschränken. "Das gesamte europäische Projekt ist ein Ziel für Russland."

Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), während eines Interviews mit der Nachrichtenagentur Associated Press in Kiew.
Der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj (44), während eines Interviews mit der Nachrichtenagentur Associated Press in Kiew.

0.01 Uhr: Ukraine stellt nach Angriff Handel mit Russland komplett ein

Die Ukraine hat ein komplettes Handelsembargo gegen Russland verhängt. "Das ist die juristische Verankerung der faktischen Einstellung der Handelsbeziehungen mit der Russischen Föderation vom 24. Februar", sagte Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko gemäß dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk am Samstag.

Die Regierung schätzt die Verluste Moskaus aus dem Boykott auf umgerechnet rund 5,5 Milliarden Euro. Ein Teilimportstopp für russische Waren gilt bereits seit 2015. Kiew transportiert aber weiter täglich mehr als 100 Millionen Kubikmeter russischen Erdgases nach Westen.