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Ukraine-Krieg: Die Entwicklungen am Sonntag

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine herrscht in dem Land Krieg. Hier gibt's die aktuellen Entwicklungen.

In unserem Newsticker können Sie die wichtigsten Nachrichten des Tage zum Krieg in der Ukraine nachlesen.

  • Kiew sieht keinen Sinn in einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj

  • Ex-US-Präsident Clinton: Nato-Osterweiterung war genau das Richtige

  • Russische Popdiva Alla Pugatschowa übt scharfe Kriegskritik

  • Region Charkiw beklagt nach russischem Abzug weiter Beschuss

  • London: Moskau verstärkt in Ukraine Angriffe mit Langstreckenraketen

  • Selenskyj wirft Russland Nazi-Praktiken vor

  • Selenskyj kündigt Befreiung aller besetzten Gebiete an

  • Nato-Militär: Westliche Militärhilfe macht echten Unterschied

Die aktuelle Newslage im Livestream:

+++ Kiew sieht keinen Sinn in einem Treffen zwischen Putin und Selenskyj +++

Kiew hat Verhandlungen und ein Treffen von Russlands Präsident Wladimir Putin und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen. «Kurz gesagt, der Verhandlungsprozess an sich und ein persönliches Treffen der Präsidenten ergeben derzeit keinen Sinn», sagte der externe Berater des ukrainischen Präsidentenbürochefs, Mychajlo Podoljak, am Sonntag ukrainischen Medien zufolge.

Podoljak nannte drei Gründe, warum Gespräche in dieser Phase zwecklos seien. Erstens werde Russland dabei versuchen, Geländegewinne festzuhalten und zu legitimieren. Zweitens diene das Festhalten des Status quo Russland nur als Atempause, um dann die Angriffe auf der neuen Linie fortsetzen zu können. Und drittens müsse Russland für die auf ukrainischem Terrain begangenen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Verhandlungen seien also erst möglich, wenn sich die russischen Truppen von ukrainischem Gebiet zurückgezogen hätten. Dann könne über die Höhe der Reparationszahlungen und die Herausgabe von Kriegsverbrechern verhandelt werden, sagte Podoljak.

+++ Ex-US-Präsident Clinton: Nato-Osterweiterung war genau das Richtige +++

Der frühere US-Präsident Bill Clinton hat angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Nato-Osterweiterung verteidigt. «Ich denke, wir haben das Richtige zur richtigen Zeit getan. Und wenn wir es nicht getan hätten, wäre diese Krise vielleicht noch früher eingetreten», sagte Clinton in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem Sender CNN. «Ich bin heute mehr als damals davon überzeugt, dass wir das Richtige getan haben», fügte er hinzu.

«Als ich tat, was ich tat, bot ich Russland nicht nur eine besondere Partnerschaft mit der Nato an, sondern auch die Aussicht auf eine eventuelle Mitgliedschaft in der Nato», so Clinton weiter. Er habe damals argumentiert, dass die größten Sicherheitsprobleme in Zukunft von nichtstaatlichen Akteuren oder von autoritären Staaten ausgehen würden, die chemische, biologische und nukleare Kapazitäten an terroristische Gruppen verkaufen würden.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion begannen ab 1999 osteuropäische Länder, der Nato beizutreten: Tschechien, Ungarn und Polen waren die ersten. Das Verteidigungsbündnis ist damit auf mittlerweile 30 Mitglieder gewachsen. Bill Clinton war von 1993 bis 2001 US-Präsident.

Ex-US-Präsident Bill Clinton. (Bild: Reuters)
Ex-US-Präsident Bill Clinton. (Bild: Reuters)

+++ Russische Popdiva Alla Pugatschowa übt scharfe Kriegskritik +++

Die bekannte russische Popsängerin Alla Pugatschowa hat Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine scharf kritisiert. Da das Justizministerium ihren Ehemann Maxim Galkin als «Auslandsagent» auf eine Schwarze Liste gesetzt habe, bitte sie darum, ebenfalls zu den Auslandsagenten gezählt zu werden, schrieb die 73-Jährige am Sonntag auf ihrem Instagram-Account. «Denn ich bin solidarisch mit meinem Mann, einem ehrlichen, anständigen und aufrichtigen Menschen, einem wirklichen und unkäuflichen Patrioten Russlands, der seiner Heimat Wohlstand wünscht, ein friedliches Leben, Redefreiheit und ein Ende des Sterbens unserer Jungs für illusorische Ziele, die unser Land zum Paria machen und das Leben unserer Bürger erschweren.»

Pugatschowa gilt als Superstar in ihrer Heimat. Seit den 70er Jahren hat sie die Rock- und Popmusik in Russland geprägt. Ihr Erfolg hat den Untergang der Sowjetunion überdauert - sie war mit ihrer ständigen TV-Präsenz eine der schillerndsten Showgrößen Russlands und ihre Ehe mit dem 27 Jahre jüngeren Moderator und Komiker Maxim Galkin ein Dauerthema für die Boulevardmedien. Nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine reiste das Paar aus Russland nach Israel aus. Im Gegensatz zu Galkin, der in Israel Kritik an der russischen Führung übte, hat sich Pugatschowa allerdings mit politischen Äußerungen bislang zurückgehalten.

Umso größer ist das Echo, das nun auf ihre harte Kriegskritik folgen könnte. Der Politologe Abbas Galljamow, einst Redenschreiber von Präsident Wladimir Putin, sprach von einer «kräftigen Ohrfeige» für den Kreml. «Wenn es im Land noch bedeutende Menschen gibt, über die Konsens herrscht, dann ist das natürlich Pugatschowa», schrieb er auf seinem Telegram-Kanal. Sie habe Politik stets außen vor gelassen. «Ihre plötzliche Politisierung kann in der Gesellschaft das für die Obrigkeit so gefährliche Gefühl: "Jetzt reichts" erzeugen», meinte er.

+++ "Raschisten": Selenskyj wirft Russland Nazi-Praktiken vor +++

Der ukrainische Präsident hat das Vorgehen der russischen Besatzer in seinem Land mit den Nazi-Gräueln im Zweiten Weltkrieg verglichen. Es gebe grausamste Folter, Deportationen, verbrannte Städte, bodenlosen Hass und nichts Lebendiges mehr unter russische Besatzung, sagte Selenskyj in einer am Samstag in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Zwar würden die Russen anders als die Nazis keine Seife aus den getöteten Ukrainern machen - und keine Lampenschirme aus ihrer Haut. «Aber das Prinzip ist das gleiche», meinte der Staatschef nach mehr als sechs Monaten Krieg.

Selenskyj bezeichnete die vor einer Woche aus dem Gebiet Charkiw geflohenen Besatzer als «Raschisten» und sagte, so hätten sich auch die «Nazis» verhalten. «Raschismus» vereint die Wörter Russland und Faschismus und wird von vielen Ukrainern als Begriff für «russischer Faschismus» benutzt. Wie die «Nazis» würden auch die «Raschisten» auf dem Schlachtfeld und vor Gericht für ihre Taten zur Verantwortung gezogen, sagte Selenskyj.

+++ Region Charkiw beklagt nach russischem Abzug weiter Beschuss +++

Auch nach dem Abzug der russischen Truppen aus dem Gebiet Charkiw vor gut einer Woche geht der Beschuss in der Region nach ukrainischen Angaben weiter. Der Feind habe die befreiten Städte Isjum und Tschuhujiw massiv beschossen, es seien Wohn- und Geschäftsgebäude sowie Tankstellen und Produktionsanlagen zerstört worden, teilte der ukrainische Gebietsgouverneur Oleh Sinegubow am Sonntag in seinem Blog im Nachrichtendienst Telegram mit. In Tschuhujiw sei ein elf Jahre altes Mädchen durch den Beschuss getötet worden. Bei einer Autofahrt in der Region seien zudem zwei Frauen von einem Panzergeschoss tödlich verletzt worden.

Sinegubow informierte am Vorabend auch darüber, dass von der Massengrabstätte in einem Waldstück in der Nähe der Stadt Isjum bisher rund 60 Leichen geborgen worden sein. Die meisten Frauen und Männer waren demnach Zivilisten. Unter den Toten waren auch zahlreiche ukrainische Soldaten. Die meisten seien eines gewaltsamen Todes gestorben, sagte er.

+++ London: Moskau verstärkt in Ukraine Angriffe mit Langstreckenraketen +++

Russland hat nach Angaben britischer Geheimdienste in den vergangenen sieben Tagen seine Angriffe auf zivile ukrainische Ziele mit Langstreckenraketen deutlich verstärkt. Dazu zähle etwa der Angriff auf einen Staudamm in der zentralukrainischen Industriestadt Krywyj Rih, hieß es am Sonntag im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Diese Ziele böten keinen unmittelbaren militärischen Gewinn.

Es sei wahrscheinlich, dass Moskau angesichts der Rückschläge an der Frontlinie weiter verstärkt auf solche Angriffe setze, um die Moral des ukrainischen Volkes und seiner Regierung zu unterminieren.

+++ Aufklärung möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine gefordert +++

Nach Darstellung Selenskyjs wurden Menschen mit Drähten und Stromschlägen gequält. So sei etwa auf einem Bahnhof in Kosatscha Lopan ein Folterraum mit elektrischen Folterwerkzeugen entdeckt worden. Auch bei den in einem Waldstück nahe der Stadt Isjum gefundenen Leichen seien neue Beweise für Folter sichergestellt worden. Die Exhumierung der Toten auf der «Massengrabstätte» sei am Samstag fortgesetzt worden, sagte Selenskyj.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht forderte die Aufklärung möglicher Kriegsverbrechen. «Diese furchtbaren Verbrechen müssen unbedingt aufgeklärt werden - am besten von den Vereinten Nationen», sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die UN sollten schnellstmöglich Zugang bekommen, damit Beweise gesichert werden könnten. «Die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen müssen vor Gericht gestellt werden.»

+++ Selenskyj kündigt Befreiung aller besetzten Gebiete an +++

In seinem Video kündigte Selenskyj an, dass neben der Ermittlungsarbeit zur Aufklärung der russischen Verbrechen im Gebiet Charkiw das normale Leben zurückkehren solle. Die Menschen sollten Nahrungsmittel, Medikamente, Strom und ihre Renten erhalten. Auch der öffentliche Verkehr solle wieder hergestellt werden. Zwar räumte Selenskyj ein, es gebe aktuell keine «signifikanten Änderungen der Lage» an der Front. Zugleich betonte er aber, dass alle besetzten Gebiete befreit würden - und Russland keine Chance habe.

Es sollten die Gebiete Cherson, Luhansk, Donezk samt der dortigen Großstadt Mariupol, aber auch Bedyansk in der Region Saporischschja sowie die von Russland schon 2014 annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim befreit werden. Überall werde wieder die ukrainische Flagge wehen, betonte Selenskyj. «Aber wir brauchen dafür noch Zeit.» Vor allem setzt die Ukraine auf schwere Waffen des Westens, um die russischen Besatzer aus dem Land zu drängen.

+++ Nato-Militär: Westliche Militärhilfe macht echten Unterschied +++

Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Admiral Rob Bauer, sieht in der westlichen Militärhilfe und der Kriegsführung des ukrainischen Militärs entscheidende Faktoren für die jüngsten Erfolge Kiews. «Die Munition, Ausrüstung und Ausbildung, die die Verbündeten und andere Nationen liefern, machen auf dem Schlachtfeld einen echten Unterschied», sagte der Niederländer am Samstag in Estlands Hauptstadt Tallinn, wo sich der Ausschuss traf, dem die Generalstabschefs der 30 Mitgliedsstaaten angehören.

Die ukrainische Armee hatte zuletzt bei einer Gegenoffensive im Osten des Landes von russischen Kräften besetztes Gebiet zurückerobert. Nach Angaben von Bauer haben die Generalstabschefs bei ihrer zweitägigen Konferenz darüber beraten, wie die Unterstützung der Verbündeten für die Ukraine «aufrechterhalten und ausgebaut werden kann». «Die Nato wird die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig ist. Der Winter kommt, aber die Unterstützung soll unerschütterlich bleiben», sagte er.