Tickerprotokoll - Lindner stellt den Ampel-Haushalt vor: „Wir haben aus einem Fehler gelernt“

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Die Ampel-Regierung hat beim Haushalt vor allem ihre Ratlosigkeit bewiesen. Jetzt will das Parlament nachbessern. Doch wie viel Spielraum bleibt dafür? Ausgerechnet um 12 Uhr wird Finanzminister Christian Lindner (FDP) heute ans Podium des Bundestags treten, um seinen Haushalt für das kommende Jahr zu verteidigen.

Lindners Haushaltsrede im Tickerprotokoll

12.51 Uhr: “Ich wünsche uns eine lebendige Haushaltswoche", sind Lindners Abschlussworte.

12.50 Uhr: Gleich endet Lindner Redezeit.

12.42 Uhr: “Die Demokratie muss Lösungen für die Bürger liefern - denn wenn die Demokratie nicht liefert, dann suchen sich manche Alternativen zur Demokratie. Unsere Verantwortung ist es, dies nicht zuzulassen."

12.42 Uhr: Zum Thema Flüchtlingsstrom sagt Lindner: „Wir müssen die Akzeptanz unserer Gesellschaft erhalten. Die Bürger erwarten hier Kontrolle und Konsequenz.“

12.40 Uhr: “Wir stellen uns alldenjenigen entgegen, die über die Köpfe der Ukraine hinweg mit Putin verhandeln wollen", sagt Lindner klar in Richtung AfD und des „Kollektivs Wagenknecht“, wie Lindner es nennt.

12.38 Uhr: Nun noch eine Botschaft in Richtung Putin: „Wir werden dafür sorgen, dass die Durchhaltefähigkeit der Ukraine größer ist als die Bösartigkeit, die von Putins Krieg ausgeht.“

12.36 Uhr: Lindner geht nun wieder weg von den Fakten und kritisiert die Union, die nicht hinter dem Zwei-Prozent-Ziel der Bundesrepublik stehen soll.

12.32 Uhr: “Wenn wir eine Schuldenkrise vermeiden wollen, muss Deutschland als Vorbild führen und nicht nur die eigenen, sondern insbesondere die europäischen Regeln achten."

12.30 Uhr: “Fiskalische Stabilität ist auch ein Faktor der Sicherheitspolitik unseres Landes", möchte Lindner ganz besonders untermauern. Man müsse die Politik immer global betrachten und nicht nur auf die Bundesrepublik.

12.28 Uhr: “Was uns vorliegt braucht unser Land genau jetzt", untermauert Lindner.

12.26 Uhr: “Wir werden zusätzliches Kapital mobilisieren und lockern den Kündigungsschutz für die Spitzenverdiener im Finanzsektor", so Lindner - damit soll gerade der Standort Frankfurt im Wettbewerb mit Amsterdam und Paris gestärkt werden.

12.23 Uhr: Lindner nennt immer wieder das Wort „Endbürokratisierung“. Dies soll ein ganz wesentlicher Punkt sein, um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern.

12.21 Uhr: Lindner geht zumindest etwas ins Detail und nennt Beispiele. Ab 2026 soll zudem gesetzlich festgesetzt werden, dass das Kindergeld weiter steigt.

12.20 Uhr: Aus diesem Grund habe die Regierung eine Wachstumsinitiative vorgelegt mit 120 Maßnahmen, so Lindner. Man wolle die Arbeitsanreize erhöhen und den Wirtschaftsstandort stärken.

12.18 Uhr: “Die stagnierende Gesellschaft führt zum harten Ellenbogenwettbewerb. Die dynamisch wachsende Gesellschaft macht es jedem leichter, die individuelle Lebenslage durch Fleiß und Einsatz zu verbessern", betont Lindner. Dies müsse das klare Ziel sein.

12.17 Uhr: “Wir wachsen immer noch zu wenig. Seit einem Jahrzehnt sind wir in jedem Jahr zurückgefallen. Damit sich all unsere Bemühungen lohnen, brauchen wir eine Wirtschaftswende."

12.15 Uhr: “Naturgemäß wird in dieser Haushaltswoche die Komposition der Ausgaben im Fokus stehen. Deswegen möchte ich bewusst nicht mit der Ausgabenseite, sondern der Einnahmensseite beginnen. Was wir verteilen, muss zunächst von den Bürgern erwirtschaftet und versteuert werden."

12.13 Uhr: “Aufgaben wie eine geringe Produktivität oder schleppende Digitalisierung begleiten diese Regierung seit Tag eins", so Lindner und verweist auch auf den Krieg in der Ukraine.

12.11 Uhr: Lindner stürzt sich nun komplett auf die Union, die erhebliche Kritik übte. Inhaltlich wird es bis dato noch nicht.

12.10 Uhr: “Es zeigt sich, dass Unionspolitiker in anderen Zeiten Haushaltspolitik betrieben haben", erklärt Lindner. Nämlich laut Lindners Sichtweise in Zeiten eines „künstlich erniedrigten Zinses“.

12.09 Uhr: “Wir haben aus einem Fehler gelernt: Der vorliegende Haushaltsentwurf ist rechtssicher", versichert Lindner und verweist darauf, dass dieser sorgfältig geprüft wurde. „Transparenz sollte in unser aller Interesse sein.“

12.08 Uhr: “Solange es möglich ist, sich zu einigen, ist es nötig, sich zu einigen. Denn nur so geht man mit der Bundesrepublik Deutschland um."

12.06 Uhr: Nun startet Christian Lindner mit seinen Ausführungen und dem Haushaltsentwurf für 2025. „Man darf sagen - das war kein Selbstläufer. In der Regierung wirken drei politische Denkschulen zusammen“, sagt der FDP-Politiker gleich zu Beginn.

12.03 Uhr: Bärbel Bas eröffnet die Sitzung und gratuliert zunächst einigen „runden“ Geburstagskindern - da gab es mehrere in der Sommerpause...

11.57 Uhr: In wenigen Minuten startet die Rede von Christian Lindner. Wir versorgen sie per Liveticker mit den wichtigsten Aussagen.

Die Eckwerte

High Noon im Parlament - das passt zum Drama um diesen Etat, von dem einige zwischenzeitlich sogar befürchteten, er könne die Ampel-Regierung sprengen. Danach sieht es nach den mühsam errungenen Kompromissen gerade zwar nicht aus - doch steht über allem weiter die Frage: Überschreitet die Ampel mit ihrem Haushalt die Grenze des Erlaubten?

Fast 490 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung im nächsten Jahr ausgeben, mehr als ein Zehntel - genauer gesagt 51,3 Milliarden - davon auf Kredit. Das ist laut Grundgesetz trotz Schuldenbremse möglich, unter anderem weil die Wirtschaft taumelt.

81 Milliarden Euro weist das Finanzministerium als Investitionen aus - ein Rekordniveau. Größter Posten unter den Ministerien ist mit großem Abstand der Sozialetat. 179 Milliarden Euro sind dafür eingeplant, ein Großteil ist allerdings durch gesetzlich garantierte Leistungen - wie das Bürgergeld - auch schon gebunden.

Die Inhalte

Die Ampel-Koalition versucht mit ihrem Haushalt gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln, Sozialleistungen zu erhalten, Steuerzahler zu entlasten und der angespannten internationalen Sicherheitslage gerecht zu werden. Doch besonders am Budget für Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gibt es Kritik. Er soll zwar 1,3 Milliarden Euro mehr bekommen als zuletzt, doch das ist deutlich weniger als er eigentlich gefordert hatte.

Für Familien steckt im Etat eine Kindergelderhöhung um fünf Euro ab Januar. Ebenfalls steigen soll der Kindersofortzuschlag, der Familien mit geringen Einkommen zusätzlich unterstützt. Außerdem werden steuerliche Freibeträge angehoben. Für Firmen sind verbesserte Abschreibungsmodalitäten und Entlastungen bei den Strompreisen geplant. Für ausländische Fachkräfte soll es steuerliche Anreize geben.

Die Hilflosigkeit der Ampel

All das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ampel-Spitzen letztlich einen unfertigen Haushalt vorlegen. Ihre Kalkulation geht nämlich nur auf, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Lindner einen enormen Mut zur Lücke zeigen.

Bis zum Schluss konnten sich die drei nicht darauf einigen, wie bestehende Finanzierungslücken gestopft werden sollten - deshalb sind nun pauschale Einsparungen und Mehreinnahmen eingeplant, von denen noch niemand weiß, wie sie gedeckt werden sollen.

Die Schuldenbremse wird unter anderem nur deshalb eingehalten, weil geplante Zuschüsse an die Bahn in eine Eigenkapitalspritze umgewandelt wurden, die bei der Berechnung nicht zählt.

Der riskante „Hoffnungsposten"

Außerdem plant die Ampel mit einer sehr hohen globalen Minderausgabe von 12 Milliarden Euro. Sie wettet damit darauf, dass die Ministerien zusammen (daher „global") am Jahresende noch 12 Milliarden ihres Budgets übrigbehalten werden, weil Projekte scheitern oder Fördergelder nicht abgerufen werden. Das wäre ganz schön viel, wie Verfassungsrechtler Hanno Kube in einem Gutachten schreibt, das die oppositionelle Union in Auftrag gegeben hat. Die Summe liege „sehr deutlich über den Erfahrungswerten aus der Vergangenheit". Im Finanzministerium ist die Rede von der größten Deckungslücke in einem Regierungsentwurf in den vergangenen zwanzig Jahren.

Die Bundesregierung hofft, diese Lücke bis zum Winter noch verkleinern zu können - eventuell durch wachsende Steuereinnahmen und bessere Aussichten für die Wirtschaft. Das ist aber extrem unsicher. Genauso wie die Annahme, dass künftig mehr Bürgergeld-Empfänger arbeiten werden und weniger auf den Staat angewiesen sind. Und die Unterstellung, dass das geplante Wachstumspaket für die Wirtschaft zu rund 6,9 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen führen wird. Noch sind die wichtigsten Maßnahmen daraus nicht einmal beschlossen.

Die Union äußerte deswegen erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel am Etat. „Der Haushaltsausgleich wird hingetrickst, um sich über die Legislaturperiode zu retten und eigene Lieblingsprojekte nicht zu gefährden, egal gegen wie viele Haushaltsgrundsätze dabei verstoßen wird", sagt Chefhaushälter Christian Haase.

Auch die AfD kritisiert den Entwurf als unseriös. Die Ausgaben seien „konsequent, systematisch unterveranschlagt" und die Einnahmen „konsequent überveranschlagt“. Der Bund der Steuerzahler spricht ebenfalls von „haushaltsrechtlichen Kunstgriffen“ und von „Hoffnungsposten“ in der Planung, die nicht unterlegt seien.

Die Unzufriedenheit der Koalitionspartner

Der Steuerzahlerbund meint, die Parlamentarier müssten den Haushaltsentwurf in den kommenden Wochen völlig neu schreiben. Das ist unwahrscheinlich, doch auch in der Koalition sind nicht alle zufrieden mit dem Zahlenwerk. Der Haushälter der Grünen, Sven-Christian Kindler, betonte sofort nach Kabinettsbeschluss: „Kein Gesetz geht ohne Veränderungen durch den Bundestag.“ Seiner Fraktion stößt zum Beispiel auf, dass trotz globaler Krisen bei der humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit gekürzt wird. Generell würden die Grünen gern viel mehr investieren und dafür die Schuldenbremse lockern. Die SPD hätten sie dafür auf ihrer Seite - doch das reicht nicht aus.

Auch der SPD-Haushälter Dennis Rohde machte in Interviews von “Welt“, RND und “Stern“ deutlich, dass er von der Regierung noch Vorschläge erwartet, die Finanzierungslücke auf unter zehn Milliarden Euro zu drücken. FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer nannte den Handlungsbedarf von 2,4 Milliarden Euro “überschaubar“. Sollte der Haushalt mit einer etwas erhöhten Minderausgabe beschlossen werden, wäre das aber immer noch “im Rahmen des Vertretbaren“, befand Meyer in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das wäre “kein Beinbruch“, urteilte auch der Ökonom Jens Südekum beim RND.

Hoch umstritten ist auch, dass für die Ukraine-Hilfe erst einmal vier Milliarden Euro eingeplant sind. Das war im vergangenen Jahr auch so, dann legte der Bundestag noch einmal vier Milliarden drauf. Einen solchen Spielraum sehen die Haushälter diesmal nicht - es könnte aber sein, dass sie trotzdem aufstocken. Zugleich hofft die Bundesregierung darauf, dass ein neues internationales Finanzierungskonzept für die Ukraine rechtzeitig fertig wird: Das von Russland angegriffene Land soll einen Kredit über 50 Milliarden Dollar bekommen, dessen Zinsen und Tilgung aus den Erträgen eingefrorener russischer Staatsvermögen gestemmt werden.

Der Zeitplan

Nach der ersten Haushaltswoche nehmen die Haushälter der Bundestagsfraktionen den Etat detailliert auseinander und prüfen, wo Änderungen sinnvoll und möglich sind. Das wird dann in der für November geplanten Bereinigungssitzung im Haushaltsausschuss festgezurrt - dem legendären Showdown, der meist bis in die frühen Morgenstunden geht.

Der so geänderte Etatentwurf geht dann in eine zweite Haushaltswoche im Parlament, an deren Ende der Beschluss steht. Das ist bisher für Ende November geplant.