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Umweltkrise am Titicaca: «Dem See droht der biologische Tod»

Ein Taucher betrachtet am Grund des Titicaca-Sees zwischen Bolivien und Peru einen toten Frosch. Foto: Arturo Muñoz Saravia/Museo de Historia Natural Alcide d'Orbigny/dp

Der Titicaca-See steht bei Touristen hoch im Kurs. Auf der Altiplano-Hochebene in den Anden gelegen, ist er wegen seines Artenreichtums und der landschaftlichen Schönheit berühmt. Aber der Schein trügt, denn der See ist massiv verschmutzt.

Ungefilterte Abwässer aus Orten und Industrieanlagen setzen dem Gewässer seit Jahren zu.

Kein Zweifel: Der auf über 3800 Meter Höhe gelegene See ist in der Krise, und auch Boliviens Umweltministerin Alexandra Moreira López weiß um den Ernst der Lage. «Wir sind verpflichtet für unseren heiligen See zu arbeiten», sagte sie kürzlich. Es gibt Sanierungsprogramme, doch auf die Schnelle wird der Titicaca-See nicht zu säubern sein.

Seit Monaten berichten Anwohner über eine Verschlimmerung der Lage und von Verfärbungen des Wassers. Arsen und Blei setzen dem 8288 Quadratkilometer großen Gewässer - das entspricht mehr als der dreifachen Fläche des Saarlands - zu, dessen westlicher Teil (56 Prozent) in Peru und der östliche in Bolivien (44 Prozent) liegt. Hunderte Tierkadaver wurden nach Angaben der Umweltorganisation WWF bereits aus dem kontaminierten Wasser geborgen.

Besonders gefährdet sei der seltene Titicaca-Riesenfrosch (Telmatobius culeus), der nur hier vorkommt und mit einem Gewicht von bis zu einem Kilogramm zu den größten Froscharten der Welt zählt. Ihm drohe im schlimmsten Fall das Aussterben.

«Die Lage ist dramatisch. Der See ist seit Jahren belastet, aber das aktuelle Massensterben hat eine ganz neue Qualität», warnt Dirk Embert, Südamerika-Referent beim WWF Deutschland. Im Einzugsgebiet des Sees leben zwei Millionen Menschen. Auch für die Umweltstiftung «Global Nature Fund» ist die ungefilterte Einleitung von Abwässern aus Haushalten, Bergwerken und Hotels das größte Problem.

Schon 2012 erklärte der Global Nature Fund (GNF) das rund 190 Kilometer lange Gewässer, das von über zwei Dutzend Flüssen gespeist wird, zum «bedrohten See». Daran hat sich seitdem nichts geändert, im Gegenteil: In Boliviens größtem Wallfahrtsort Copacabana, von dem aus viele zu der historischen, im See gelegenen Inka-Insel «Isla del Sol» per Boot übersetzen, staunen Touristen, wie dreckig der Strand und das Wasser sind. Plastikflaschen und Müll allerorten.

Schon vor ein paar Wochen zeichnete die peruanische Wochenzeitschrift «Domingo» ein düsteres Bild und warnte vor einem kollabierenden Ökosystem. «Der Titicaca-See verwandelt sich in einen Friedhof», titelte das Blatt. In dem Wasser trieben Tierkadaver, die niemand herausziehe, Insel- und Uferbewohner litten wegen der Wasserverschmutzung an Krankheiten. Aus Großstädten wie Juliaca und Puno flössen Abwässer ungefiltert in den See ein.

All das ist schon seit Jahren bekannt. Zwar versprach Perus Präsident Ollanta Humala Investitionen von 470 Millionen US-Dollar (rund 413 Millionen Euro) zum Bau von Kläranlagen, und auch Bolivien kündigte solche Vorhaben an. Doch sind das alles langfristige Investitionen, die die aktuelle Bedrohung des See wohl kaum abwenden können. «Wenn wir nicht gegensteuern, droht dem See der biologische Tod», befürchtet WWF-Experte Embert. «Das Ausmaß der Verschmutzung erlaubt keine weiteren Verzögerungen. Ein weltweit einmaliges Biotop ist in Gefahr, zerstört zu werden.»

Umweltminsterium Bolivien

Reportage Domingo, span.