Umweltverschmutzung: Wie Plastikmüll Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringen kann

Die Gefahren von Mikroplastik für die Umwelt werden immer genauer untersucht: Jetzt zeigt eine Berechnung, dass Kohlenstoff aus Plastikmüll in manchen Ökosystemen ähnlich häufig vorkommt wie natürlicher Kohlenstoff.

Erst sehen die Müllberge erschreckend aus, bis der Plastikmüll so klein zersetzt ist, dass er mit bloßen Auge nicht mehr zu sehen ist. Aber Plastik ist dennoch überall. (Symbolbild: Getty Images)
Erst sehen die Müllberge erschreckend aus, bis der Plastikmüll so klein zersetzt ist, dass er mit bloßen Auge nicht mehr zu sehen ist. Aber Plastik ist dennoch überall. (Symbolbild: Getty Images)

Plastik ist überall: Im Wasser, das wir trinken, teilweise in der Luft, die wir atmen oder auch in manchen Lebensmitteln, die wir essen.

Plastik ist überall und wird immer mehr

Um die Auswirkungen auf den Menschen einzuschätzen, ist es dabei noch zu früh – denn es gibt kaum Langzeitstudien zu dem Thema. Aktuell geht die Weltgesundheitsorganisation aber davon aus, dass etwa von Plastik in seiner derzeitigen Konzentration im Trinkwasser keine Gefahr ausgeht.

Aber: Es wird immer mehr. Das viele Plastik gelangt in die Natur, ins Wasser, die Luft, in Pflanzen und Tiere, durch Umweltverschmutzung. Mit der Zeit wird der Müll dann stark zersetzt zu Mikroplastik, also in sehr kleine Teilchen. Dabei wird Kohlenstoff freigesetzt, der Hauptbestandteil von Plastik.

Der globale Plastikmüll-Kreislauf

Aron Stubbins, Professor für "Marine Umweltwissenschaften" an der Northeastern Universität in der US-amerikanischen Stadt Boston, wollte deshalb wissen: Wie viel Kohlenstoff aus Müll wurde auf diese Weise schon in die Umwelt eingebracht?

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Seine Ergebnisse hat er kürzlich im Journal Science veröffentlicht. Auf der Webseite seiner Universität hat er sich zu der Studie, die hinter einer Paywall steckt, detailliert geäußert. Dort spricht er von "überraschenden" Ergebnissen. Denn: "Es war klar, dass mancherorts Plastikmüll für einen signifikanten Anteil am Kohlenstoff verantwortlich ist. Aber es gibt Ökosysteme, in denen gibt es mittlerweile genauso viel Plastik-Kohlenstoff, wie natürlichen Kohlenstoff."

Um das herauszufinden, hat sich Stubbins mit weiteren Forschenden zusammengetan und einen globalen Plastik-Kohlenstoff-Kreislauf berechnet – und diese Berechnung mit dem globalen Kreislauf natürlicher Kohlenstoffe verglichen.

Gefahren für die Umwelt, das Klima und Forschungsdaten

Er hat dazu auch eine Zeitleiste geliefert, um die Zunahme des Plastik-Kohlenstoffs zu verdeutlichen.

Der Gebrauch von Plastik begann um das Jahr 1950. Bereits zwölf Jahre später übertraf die Menge am Kohlenstoff in Plastik die Menge am Kohlenstoff in allen Menschen zusammen. 1994 überstieg der Plastik-Kohlenstoff dann die gesamte Menge am Kohlenstoff in allen Tieren auf der Erde. Was sehr viel ist, immerhin sind alle Lebensformen Kohlenstoff-basiert.

Das Problem: Die Menge an Plastik-Kohlenstoff, die mittlerweile in der Natur auftaucht, kann Ökosysteme erheblich aus dem Gleichgewicht bringen. Auch das Klima, sagt Stubbins, könne stark beeinflusst werden. Denn viel Plastik-Kohlenstoff sammle sich auf der Meeresoberfläche an. Der Grenze zwischen Wasser und Luft, an der viel Stoffaustausch stattfindet. "Gibt es hier immer mehr Kohlenstoff, verändert das die Chemie der Aerosole und Gase, die an diesem Austausch beteiligt sind. Dadurch könnte die ganze untere Atmosphäre verändert werden. Und schließlich sogar das globale Klima."

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Zuletzt könnte der Plastik-Kohlenstoff auch wissenschaftliche Ergebnisse beeinflussen, warnt Stubbins: "Wenn wir Messungen anstellen und nach natürlich vorkommenden organischen Stoffen suchen, sich in die Proben aber auch Plastik-Kohlenstoff mischt, verzerrt das unsere Daten. Wir müssen uns bewusst machen, dass, besonders in stark verschmutzten Ökosystemen, immer mehr Kunststoffe auftauchen."

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