UN-Menschenrechtskommissar warnt vor "dystopischer Zukunft"
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk sieht die Welt angesichts der derzeitigen Krisen und Konflikte an einem Scheideweg. Die Menschheit könne entweder den "trügerischen" Weg der "neuen Normalität" fortsetzen und "in eine dystopische Zukunft schlafwandeln", sagte Türk am Montag in Genf zum Auftakt der Sitzung des Menschenrechtsrats. "Oder wir können aufwachen und die Dinge zum Besseren wenden, für die Menschheit und den Planeten", fügte er hinzu.
Der UN-Menschenrechtskommissar warnte vor einer Zukunft, die von militärischer Eskalation, Unterdrückung, Desinformation, zunehmender Ungleichheit und ungebremstem Klimawandel geprägt ist. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Konflikte wie dem Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas, Russlands Krieg in der Ukraine oder dem Bürgerkrieg im Sudan betonte Türk, dass Staaten eine "eklatante Missachtung des Völkerrechts" weder hinnehmen könnten noch dürften.
Derzeit, kritisierte er, scheine sich die Welt mit dem "Überschreiten unzähliger roter Linien" zufrieden zu geben - oder zumindest der Bereitschaft, sich immer weiter an sie heranzutasten.
Mit Blick auf die Wahlen in zahlreichen Ländern in diesem Jahr appellierte Türk an die Wählerinnen und Wähler, diejenigen Themen im Auge zu behalten, "die ihnen am wichtigsten sind - sei es ein Zuhause zu haben, die Schulbildung ihrer Kinder, ihre Gesundheit oder ihr Arbeitsplatz, Gerechtigkeit, ihre Familie und ihre Liebsten, die Umwelt, frei von Gewalt zu sein, die Bekämpfung von Korruption, Gehör zu finden". Dies seien alles "Menschenrechtsfragen", fügte er hinzu.
Er fordere alle Wählerinnen und Wähler auf, "sich zu fragen, welche der politischen Programme oder Kandidaten sich für die Menschenrechte aller einsetzen werden", sagte Türk. Zudem warnte er vor einer "ungehinderten Verbreitung von Desinformation" und prangerte "aufgeheizte Rhetorik und vereinfachende Lösungen" an, die "Kontext, Nuancen und Empathie" auslöschten.
Die Menschen sollten sich dessen bewusst sein, dass, "wenn eine Gruppe als Sündenbock für die Übel der Gesellschaft ausgemacht wird, eines Tages die eigene Gruppe als nächstes dran sein könnte", sagte der UN-Menschenrechtskommissar. Alle Wählerinnen und Wähler seien deshalb dazu aufgerufen, "wachsam zu sein" - auch gegenüber "schrillen Stimmen" und stark auftretenden Männern, "die uns Glitzer in die Augen streuen und illusorische Lösungen anbieten, die die Realität verleugnen".
jm/lan