UN-Vollversammlung: Israel muss Besatzung der Palästinensergebiete beenden

Die UN-Vollversammlung hat Israel in einer nicht bindenden Resolution aufgefordert, die Besatzung in den palästinensischen Gebieten binnen zwölf Monaten zu beenden. (Bryan Smith)
Die UN-Vollversammlung hat Israel in einer nicht bindenden Resolution aufgefordert, die Besatzung in den palästinensischen Gebieten binnen zwölf Monaten zu beenden. (Bryan Smith) (Bryan Smith/AFP/AFP)

Die UN-Vollversammlung hat Israel in einer nicht bindenden Resolution aufgefordert, die Besatzung in den palästinensischen Gebieten binnen zwölf Monaten zu beenden. Der entsprechende Text wurde am Mittwoch am Sitz der UNO in New York mit der Mehrheit von 124 Ja-Stimmen bei 14 Nein-Stimmen und 43 Enthaltungen verabschiedet. Während die palästinensische Seite das Votum begrüßte, reagierte Israel mit scharfer Kritik.

Israel solle "seine rechtswidrige Präsenz in den besetzten palästinensischen Gebieten unverzüglich beenden", heißt es in der Resolution. Dies solle spätestens zwölf Monate nach der Verabschiedung geschehen. Die Resolution verlangt zudem einen Stopp neuer Siedlungen, die Rückgabe von beschlagnahmtem Land sowie die Möglichkeit der Rückkehr für vertriebene Palästinenser.

Außerdem werden die Staaten aufgefordert, "Schritte zur Einstellung" von Waffenlieferungen an Israel zu unternehmen, wenn der Verdacht bestehe, "dass diese in den besetzten palästinensischen Gebieten eingesetzt werden könnten".

Die Resolution folgt auf die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag, der die fortdauernde israelische Besatzungspolitik in den Palästinensergebieten Mitte Juli als unrechtmäßig einstufte. Resolutionen der Vollversammlung werden als Richtlinie oder Empfehlung verstanden, sind aber völkerrechtlich nicht bindend. Dagegen stimmten am Mittwoch unter anderen die USA, Ungarn, Tschechien und Argentinien, Deutschland enthielt sich.

Die palästinensische Delegation sprach von einer "historischen" Entscheidung. "Die Palästinenser wollen leben - nicht überleben", sagte der palästinensische UN-Botschafter Riyad Mansour. "Wie viele Palästinenser müssen noch getötet werden, bevor sich endlich etwas ändert und diese Unmenschlichkeit aufhört?"

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums kritisierte die Resolution als eine Entscheidung, die "von der Realität abgekoppelt ist, den Terrorismus fördert und die Chancen auf Frieden beeinträchtigt". "So sieht zynische internationale Politik aus", sagte er. Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield hatte bereits vor der Verabschiedung gesagt, die Resolution werde "die Sache des Friedens nicht voranbringen".

Im Zuge des Sechs-Tage-Krieges hatte Israel 1967 das Westjordanland, Ost-Jerusalem und den Gazastreifen besetzt. Die israelische Besiedlung der besetzten Gebiete wird von vielen Staaten als völkerrechtswidrig und als Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung angesehen, also die Schaffung eines unabhängigen Palästinenserstaates neben dem Staat Israel.

Die Resolution und die IGH-Entscheidung fielen vor dem Hintergrund des seit dem 7. Oktober andauernden Gaza-Krieges. Während im UN-Sicherheitsrat, dem Gremium der fünf Veto-Mächte, wegen des Neins der USA keine Resolution zum Gaza-Krieg zustande kommt, hat die UN-Vollversammlung seit Beginn des Krieges mehrere Resolutionen zur Unterstützung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen verabschiedet.

Der Gaza-Krieg war durch den Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel ausgelöst worden, bei dem Kämpfer der Hamas und anderer islamistischer Gruppen nach israelischen Angaben 1205 Menschen getötet und 251 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt hatten. Als Reaktion geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 41.270 Menschen getötet.

ju/lan