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Unseren täglichen Trump gib uns heute

    Es könnten vier denkwürdige Jahre unter Trump werden... (Bild: AP Photo/Gerry Broome)
Es könnten vier denkwürdige Jahre unter Trump werden... (Bild: AP Photo/Gerry Broome)

Noch ist er nicht im Amt, und dennoch befeuert Donald Trump die Schlagzeilen. Wer ihn beim Wort nimmt, ahnt: Es wird schlimm.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Sicherlich, Donald Trump hat neue Maßstäbe in die Politik gebracht. Da ist zum Beispiel der Appell, seine Worte nicht auf die Goldwaage zu legen. Der gewählte US-Präsident ist ein Twitterchampion, er tweetet jegliche Aufmerksamkeit in Grund und Boden, so viele Parolen haut er raus – und lässt hochschrecken, die Stirn runzeln, und bevor man sie auf ihre Relevanz und Wahrhaftigkeit hin durchdacht hat, ist Trump schon beim nächsten Tweet.

Noch trägt er keine Verantwortung im Amt. Noch kann er seine Anhänger mit Schockkram folgenlos bei Laune halten. Eine kleine Kostprobe aus den vergangenen Stunden: Die neue Air Force One werde zu teuer, “Stornieren”, haut Trump in die Tasten; der Aktienkurs von Flugzeugbauer Boeing bricht ein. Amerikanischen Firmen droht er mit Strafzöllen, wenn sie weiter in Mexiko beschäftigen lassen. Nach einem Plausch mit einem japanischen Banker verkündet er, dieser werde Unsummen in Jobs investieren; nebenbei kommentiert er die aktuelle Ausgabe der “Saturday Night Live”-Show (“unwatchable!”) und das Verbrennen einer US-Flagge in einem College in Massachusetts (“perhaps loss of citizenship or year in jail!”)

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Man kommt nicht mehr nach. Noch könne er ja schwadronieren, meint man, noch kenne er nicht die Bürde der Exekutive. Aber langsam kommt mir die Ahnung: Der wird auch im Amt so weitermachen.

Dann hebt er ab und!

Ein US-Präsident ist kein Major Tom, völlig losgelöst von der Erde. Er agiert in einem weltweiten Geflecht. Wie wirkt sich es aus, wenn man auf Trumps Wort nicht zählen kann, wenn er heute dies und morgen das erzählt? In seinem Amt muss man ihn wörtlich nehmen. Da wird es nicht mehr nur darum gehen, für die Trumpisten weiterhin “The Don” zu machen.

Trump als Präsident wird wandelnder Kopfschmerz. Mit seinen Tweets setzt er Themen, die sich Stunden später im Nichts auflösen. Er lenkt damit ab. Seine neue Regierungsmannschaft setzt sich zusammen aus genau jenen Millionären und Apparatschiks des “Establishments”, dessen Sumpf er im Wahlkampf trocken legen wollte? Geschenkt, Trump droht erstmal China und Kuba, liebkost Taiwan und Pakistan, alles wirbelt durcheinander. Er erinnert mich an einen mittelmäßigen Zirkusakrobaten, der seine miese Show mit Knall- und Raucheffekten zu überstehen hofft.

Warum Seehofer kein kleiner Trump ist – ein Kommentar von Jan Rübel

Nur ist Trumps Bühne bald die Welt. Klein ist das nicht. Und im Angesicht all seiner Kumpel, die im Wahlkampf schamlos Gerüchte und Lügen verbreiteten und die nun ins Weiße Haus einziehen, kann einem nur übel werden; den Faustischen Pakt scheint jeder einzelne von ihnen geschlossen zu haben. Nur eine Hätte-Hätte-Fahrradkette-Frage: Hätte das Team Trump im Wahlkampf nur auf die Hälfte der erzählten Unwahrheiten und Lügen verzichtet – hätte es die Wahl gewonnen?

Mit seinen Tweets spaltet Trump. Mal ist es Boeing, mal eine Firma mit Personal in Mexiko, mal Castro auf Kuba oder irgendwelche Fernsehmoderatoren. Trump und seine Getreuen werden weiter andere mit Dreck bewerfen, das funktioniert, denken sie. Es werden verdammt lange vier Jahre sein.

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