US-Außenminister kündigt Ausweitung von humanitärer Hilfe im Gazastreifen an
Die USA bemühen sich nach Angaben ihres Außenministers Antony Blinken darum, die humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen auszuweiten. "Wir arbeiten mit Nachdruck daran, mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen, und wir haben sehr konkrete Möglichkeiten, dies zu tun", erklärte Blinken am Montag nach einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Hakan Fidan in Ankara. Weitere Details nannte er nicht.
Das rund zweieinhalbstündige Gespräch zwischen Blinken und Fidan fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Aus türkischen Diplomatenkreisen hieß es im Anschluss, Fidan habe von Blinken eine "sofortige" Feuerpause im Gazastreifen gefordert. Israel müsse daran gehindert werden, "Zivilisten ins Visier zu nehmen" und Menschen innerhalb des palästinensischen Küstengebiets zu vertreiben, sagte der türkische Außenminister demnach.
Im Hinblick darauf erklärte Blinken, Washington sei sich der "großen Besorgnis" in der Türkei "über die schrecklichen Opfer" im Gazastreifen bewusst.
Es war der erste Türkei-Besuch des US-Außenministers seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas. Im Gastgeberland entlud sich zuletzt die Wut auf Israel und den Westen: Die türkische Polizei löste am Sonntag eine pro-palästinensische Kundgebung nahe des US-Luftwaffenstützpunkts Incirlik auf. Dabei setzten die Sicherheitskräfte Tränengas ein.
Die türkische Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Israels Reaktion auf den Großangriff der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas am 7. Oktober scharf kritisiert.
Erdogan selbst setzte am Montag ungeachtet des kurzfristig angesagten Besuchs aus Washington seine Reise durch den Nordosten der Türkei fort. Der türkische Präsident wurde am Wochenende von türkischen Medien mit der Aussage zitiert, dass er wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen alle Kontakte zu Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu abbreche.
Blinken bereist seit Ende vergangener Woche den Nahen Osten, um sich für eine humanitäre Feuerpause im Krieg zwischen Israel und der Hamas einzusetzen. Bei Netanjahu stieß er mit dieser Forderung jedoch auf Ablehnung.
Am Sonntag besuchte der US-Außenminister auch Ramallah im Westjordanland, wo er Palästinenserpräsident Mahmud Abbas traf. Es folgten kurze Zwischenstopps in Zypern und im Irak, bevor Blinken am Montag in Ankara landete. Mit dem zyprischen Präsidenten Nikos Christodoulides sprach Blinken am Sonntag über die Einrichtung eines humanitären Seekorridors zwischen der Mittelmeerinsel und dem Gazastreifen.
Die Hamas hatte vor vier Wochen Israel überfallen und in einer Reihe von Ortschaften und bei einem Musikfestival Gräueltaten vor allem an Zivilisten verübt, darunter an vielen Frauen und Kindern. Nach israelischen Angaben wurden bei dem Hamas-Angriff rund 1400 Menschen getötet und mehr als 240 weitere Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israel erklärte der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas daraufhin den Krieg und nahm den Gazastreifen unter Dauerbeschuss. Dabei wurden nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, mehr als 10.000 Menschen getötet.
Der Krieg im Nahen Osten droht die Beziehungen zwischen Washington und Ankara weiter zu verschlechtern. Die USA warten weiter auf die Ratifizierung des schwedischen Nato-Beitritts durch das Mitgliedsland Türkei. Zudem hat Washington Sanktionen gegen türkische Staatsbürger und Unternehmen erlassen, die Russland US-Angaben zufolge bei der Umgehung der internationalen Sanktionen infolge des Angriffs auf die Ukraine helfen.
Weiteres Konfliktpotenzial liegt in der US-Unterstützung kurdischer Gruppen in Syrien sowie einer Verzögerung eines Abkommens über F-16-Kampfjets aus den USA für die Türkei.
lt/lan