Intel legt Chipfabrik-Bau in Magdeburg auf Eis - "Ampel" streitet über Gelder
Der US-Konzern Intel hat den geplanten Bau einer Chipfabrik in Magdeburg für zwei Jahre auf Eis gelegt und damit einen Streit in der Bundesregierung über die dafür eingeplanten Subventionen ausgelöst. Finanzminister Christian Lindner (FDP) forderte am Dienstag angesichts der Ankündigung, mit den nun nicht benötigten Mitteln Haushaltslöcher zu stopfen. Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums hieß es hingegen, die in Aussicht gestellten rund zehn Milliarden Euro "stehen nicht dem Kernhaushalt zur Verfügung".
Intel wollte den ursprünglichen Plänen zufolge 30 Milliarden Euro in den Bau des Produktionskomplexes in Magdeburg investieren. Der Bund hatte dem Unternehmen Subventionen in Höhe von rund zehn Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Auch in Polen gibt es Pläne für ein Intel-Werk, dessen Bau nun jedoch ebenfalls verschoben wird. Die Regierung in Warschau hat dem US-Unternehmen 1,8 Milliarden Dollar (gut 1,6 Milliarden Euro) zugesagt.
Intel lieferte keine detaillierte Begründung für die Verschiebung der Pläne. Das Unternehmen war zuletzt jedoch bei der Entwicklung hochmoderner Chips zurückgefallen und angesichts schlechter Bilanzzahlen waren Zweifel an den Expansionsplänen aufgekommen. Anfang August hatte der US-Konzern angekündigt, weltweit 15 Prozent seiner Stellen zu streichen. Intel-Chef Pat Gelsinger verwies nun auf kürzlich erfolgte Investitionen in Irland, das "auf absehbare Zeit unser wichtigstes europäisches Drehkreuz bleiben wird". Weitere Investitionen müssten zunächst warten.
Bundesfinanzminister Lindner erklärte im Onlinedienst X, alle nicht benötigten Mittel für das Werk in Magdeburg müssten nun "zur Reduzierung offener Finanzfragen" im Bundeshaushalt reserviert werden. "Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik." Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Grüne), drang hingegen darauf, die Mittel zu investieren. "Unser Land braucht dringend Investitionen", sagte er dem Nachrichtenportal t-online.
Ähnlich äußerte sich der Digitalverband Bitkom: Die Milliarden "dürfen nicht in irgendwelchen Haushaltspositionen verschwinden. Die Fördermittel müssen gezielt in digitale Schlüsseltechnologien investiert werden." Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm, warnte hingegen davor, die freiwerdenden Fördergelder für die "grüne Transformation" von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu verwenden. Denn genau an dieser Politik kranke die deutsche Wirtschaft.
Habeck hatte die Milliarden für die Chipfabrik aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) eingeplant - und dort sollten die Mittel nach Ansicht seines Ministeriums auch bleiben. Der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer warf dem Wirtschaftsminister deshalb Wortbruch vor. Nicht gebrauchte Intel-Milliarden gegebenenfalls für den Haushalt zu verwenden, sei mit Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) so abgesprochen, sagte der Fraktionsvize den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Scholz wollte sich zunächst nicht festlegen. "Wir haben Gelder vorgesehen, die auch weiter benötigt werden für unsere Halbleiterprojekte", sagte er bei einer Reise in Kasachstan. Er sehe aber keinen Anlass, "von einem Tag auf den anderen zu sagen, wie wir damit einzeln umgehen". Es würden nun die Möglichkeiten ausgelotet, um die Halbleiterentwicklung in Deutschland voranzubringen und zugleich die Staatsfinanzen in Ordnung zu halten.
Der Kanzler begrüßte, dass Intel grundsätzlich am Bau seiner Fabrik in Magdeburg festhalte. Die Entscheidung für ein Aufschieben des Projekts um zwei Jahre beinhalte ja auch "die Aussage, daran festhalten zu wollen", sagte er. Seine Parteikollegin und stellvertretende Bundestagsfraktionsvorsitzende Verena Hubertz wandte jedoch ein, dass es auch andere förderwürdige Unternehmen gebe. "Wir sollten im Blick behalten, dass Intel nicht der einzige Fisch im Teich ist", sagte sie den Funke-Zeitungen.
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministerium hieß es, dass es Intel nach Meinung von Experten zuletzt nicht ausreichend gelungen sei, konkurrenzfähige Produkte zu entwickeln, insbesondere mit Blick auf KI-Anwendungen. Es bleibe nun abzuwarten, ob sich das Unternehmen so aufstellen kann, "dass die Umsetzung geplanter Investitionen wie der in Magdeburg möglich wird".
pe/hcy