US-Pflegerin: Menschen liegen im Sterben und bezweifeln weiterhin die Existenz von Covid-19

Eine Pflegerin aus dem US-Bundesstaat South Dakota hat auf Twitter einen Einblick in ihren Alltag gegeben. Darin berichtet sie von Patient*innen, die an Covid-19 sterben, gleichzeitig aber weiterhin die Lungenkrankheit anzweifeln.

Ein Krankenhaus in South Dakota. Wie es hinter den Türen tagein und tagaus zugeht, hat eine Krankenpflegerin auf Twitter berichtet. Foto:  REUTERS / Bing Guan
Ein Krankenhaus in South Dakota. Wie es hinter den Türen tagein und tagaus zugeht, hat eine Krankenpflegerin auf Twitter berichtet. Foto: REUTERS / Bing Guan

Unter den Covid-19-Hotspots der Welt, wo die Sterblichkeit durch das Coronavirus besonders hoch ist, liegt South Dakota auf Rang drei. Das hat eine aktuelle Untersuchung des gemeinnützigen Forschungsverbunds Federation of American Scientists ergeben. Vergangene Woche, so berichtet es die Washington Post, gab es dort zudem einen sprunghaften Anstieg an Hospitalisierungen und Todesfällen durch Covid-19.

Gleichzeitig ist der US-Bundesstaat in den Schlagzeilen, weil die regierende republikanische Gouverneurin Kristi Noem weiterhin keine Hygiene- oder Schutzmaßnahmen vorschreiben will. Sie setzt darauf, dass die Menschen frei entscheiden können, was am besten für sie ist.

Donald Trump: Treiber der Coronavirus-Infodemie

Doch das ist kaum möglich, wenn sie zu der Pandemie belogen oder falsch informiert werden. Wie es besonders Präsident Donald Trump immer wieder getan hat. So hat eine Untersuchung herausgefunden, dass Trump sehr wahrscheinlich der Hauptverursacher für die Infodemie – die unkontrollierte und flächendeckende Verbreitung von Falschaussagen – im Kontext von Covid-19 ist.

Wozu das führen kann, hat am Sonntag eine Pflegerin aus South Dakota in einigen viralen Tweets beschrieben. Darin erzählt Jodi Doering, dass an ihrem freien Tag mit ihrem Hund auf dem Sofa sitze und an die Covid-Patient*innen der vergangenen Tage denken müsse. Vor allem an die, die im Sterben liegend noch immer nicht an das Coronavirus glauben oder nach einem „magischen Medikament“ schreien würden - oder dass Joe Biden die Vereinigten Staaten von Amerika ruinieren werde.

„Ja, das passiert wirklich. Und ich kann nicht aufhören, daran zu denken. Die Menschen schreien mich an, bis sie intubiert und beatmet werden. Es ist wie ein Horrorfilm, der nicht enden will. Aber es läuft kein Abspann, sondern das alles passiert immer und immer wieder“, schreibt Doering.

Von Twitter zu CNN

Im Anschluss hat sie ihre Erfahrungen auch in einem TV-Interview mit CNN geteilt. Darin sagt sie, dass nicht ein einzelner Patient oder eine besondere Patientin sie zu den Tweets gebracht hätte, sondern die schiere Anzahl an Menschen, die alle gesagt hätten: „Das alles kann nicht geschehen, es ist nicht real.“

Die Pflegerin ist auch deshalb betroffen, weil ihre Patient*innen die wenige Zeit, die ihnen oft nur noch bleibt, mit Wut und Hass erfüllt verbringen würden – und nicht via Facetime mit ihren Familien. „Ich will einfach nicht glauben, dass das ihre letzten Gedanken oder Worte waren“, sagt Doering.

Vielleicht ist es Lungenkrebs?

Sie erlebt tagein und tagaus, dass sich Menschen weigern, ihre Familien und Freunde anzurufen. Weil sie sagen, dass „es mir bald wieder gut geht.“ Gleichzeitig geben ihre Lungen auf, ihre Sauerstoffsättigung sinkt auf 75 Prozent und weniger, was, wie Doering erklärt, „nicht wirklich zum Leben ausreicht“. Doering wisse dann, wie es von da an weitergehe und das mache sie traurig und frustriert.

Dazu komme das verzweifelte Verhalten der Menschen, die händeringend nach einer alternativen Erkrankung suchen. „Sie wollen daran glauben, dass es Grippe ist oder eine Lungenentzündung. Manche sind sich auch sicher, dass sie Lungenkrebs haben. Die Wahrheit aber ist, seit Tag eins im März, als es mit Covid-19 losging: Wenn es wie eine Ente läuft und wie eine Ente klingt, dann ist es eine Ente. Doch viele glauben mir trotz positivem Corona-Befund nicht.“

Überall das gleiche traurige Bild

Doering ist sich sicher: Alle Pfleger*innen und alle Mediziner*innen sehen das gleiche Bild in jedem Krankenhaus South Dakotas. An jedem Tag. Sie sagt: „Die Patient*innen erkranken auf die gleiche Weise, zeigen die gleichen Symptome, sie werden gleich behandelt, sie sterben gleich. Dann wiederholt sich alles.“

Abschließend fasst sie zusammen: „Wir sind sehr dankbar für alles, was wir bis hierhin über die Krankheit gelernt haben und wir machen einen guten Job. Auch wenn wir oft nur von Tag zu Tag, manchmal sogar nur von Stunde zu Stunde, blicken können. Aber die Wahrheit ist: Es wird derzeit nicht besser. Wir haben bei Coronavirus-Tests eine 50- bis 60-prozentige Positivrate. In unserem Staat leben 880.000 Menschen. Es braucht keine großen Mathekenntnisse, um zu erkennen, wie viele noch krank werden.“

Video: Mehr als 250.000 Corona-Tote in den USA