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Kann ein US-Präsident eine Wahl canceln?

Donald Trump stellt infrage, ob die Wahl zum vorgesehenen Termin stattfinden soll. Eine Verschiebung ist unwahrscheinlich. Aber darum geht es auch nicht.

Präsident Trump hat in einem Tweet offen mit dem Gedanken an eine Verschiebung der US-Wahl im November gespielt (Bild: Evan Vucci/AP/dpa)
Präsident Trump hat in einem Tweet offen mit dem Gedanken an eine Verschiebung der US-Wahl im November gespielt (Bild: Evan Vucci/AP/dpa)

Es sind keine gute Nachrichten für Donald Trump in diesen Tagen: Die Wirtschaftsleistung in den USA brach im zweiten Quartal in einem noch nie da gewesen Ausmaß ein, zudem stieg die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit der Krankheit Covid-19 gestorben sind, auf mehr als 150.000 an.

Drei Monate vor der US-Wahl wagt der Präsident nun ein heikles Gedankenspiel: In einem Beitrag beim Kurznachrichtendienst Twitter bringt Trump eine Verschiebung der Präsidentschaftswahl im November dieses Jahres in Spiel.

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Mit Blick auf den von ihm befürchteten Wahlbetrug durch eine Zunahme der Briefwahl infolge der Corona-Pandemie schrieb Trump: „Die Wahl hinausschieben, bis die Menschen ordentlich, sorgenfrei und sicher wählen können???“

Doch könnte Trump die Wahl überhaupt verschieben?

Auf regionaler Ebene ist es relativ einfach, eine Wahl in den USA zu verschieben. So wurden nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im März Vorwahlen im Bundesstaat Ohio verschoben. Auf nationaler Ebene ist es hingegen extrem schwer, wenn nicht unmöglich, Wahlen zu verzögern.

Mehrere Bundesgesetze legen fest, dass der Wahltag für Präsidentschaftswahlen, Senatoren und US-Abgeordnete am „nächsten Dienstag nach dem ersten Montag im November“ stattfinden müssen. Sollten Donald Trumps Republikaner das ändern wollen, müssten sie es im Kongress beantragen.

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Der US-Senat, eine Kammer des Kongresses, ist zwar republikanisch dominiert, aber in der anderen Kammer, dem Repräsentantenhaus, sitzen mehrheitlich Demokraten. Und es ist so oder so zweifelhaft, ob auch alle Republikaner im Senat mitziehen würden, wenn die wichtigste Wahl der Welt ohne triftigen Grund verschoben werden soll. Der Wahltermin am 3. November sei „in Stein gemeißelt“, sagte bereits der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, am Donnerstag dem Sender WKNY zufolge. Auch während früherer Krisen hätten in den USA Wahlen stattgefunden. „Wir dürfen die Wahl nicht verschieben“, meinte auch der republikanische Senator Ted Cruz.

Und selbst wenn die Wahl abgesagt würde, gibt es noch eine andere, gesetzlich festgelegte Frist: Das Ende der Amtszeit des Präsidenten und des Vizepräsidenten am 20. Januar des Folgejahres um 12 Uhr mittags.

Laut Verfassungsexperten ist eine Verschiebung der Wahl damit so gut wie ausgeschlossen – es liegt schlichtweg nicht in Trumps Händen.

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Doch Tweets wie der des Präsidenten haben trotzdem eine beunruhigende, vor allem psychologische Wirkung. Er sät Zweifel an der Gültigkeit der Wahlen und versucht, sie schon im Vorfeld zu delegitimieren. Auch könnten Kontaktsperren in Corona-Hotspots dazu führen, dass weniger Leute zur Wahl gehen. Briefwahlen werden statistisch häufiger von Demokraten genutzt.

Es ist also durchaus ein chaotisches Szenario in der Wahlnacht denkbar, in der lange kein Ergebnis feststehen könnte, weil Briefwahlen erst ausgezählt werden müssen.