US-Star-Schriftsteller - Franzen gesteht „Hass“ auf Joe Biden und hofft auf "schweren Schlaganfall“ für Trump
Jonathan Franzen, mit Millionen verkaufter Bücher einer der erfolgreichsten Schriftsteller der Welt, hat sich im Gespräch mit dem „Stern“ pointiert zum Rückzug von US-Präsident Joe Biden geäußert.
Der Star-Autor Franzen sagte im „Stern“-Interview: „Der Autor David Remnick hat im „New Yorker“ einen treffenden Text dazu geschrieben, kurz nach der Trump-Biden-Debatte. Darin heißt es, dass jede Familie diesen Moment erlebe: Der Vater oder der Opa will immer noch selbst nach Hause fahren, aber kann es eigentlich nicht mehr. Er will das partout nicht akzeptieren, er will nicht aufgeben. Trotzig besteht er auf seine Fähigkeiten, auf seine Autonomie – obwohl die meisten sehen, dass er nicht mehr kann. Bei Joe Biden war es noch schlimmer. Die Familie sagte sogar zu ihm: Doch, du schaffst das! Dafür habe ich Joe Biden in den Wochen nach dem TV-Duell zu hassen begonnen. Wie auch Jill Biden, seine Ehefrau, Und seinen Sohn Hunter. Weil ihn alle davon überzeugen wollten, dass er weitermachen solle. Eine verantwortungsvolle Familie hätte ihm gesagt: Nein, Dad, du kannst im November nicht gewinnen.“
Franzen, ein überzeugter Wähler der US-Demokraten, äußerte sich auch zum Attentatsversuch auf Donald Trump. Er sagte dem stern: „Mit der Angst, mit dem Hass, den ich auf Waffen habe, ist es schwer vorstellbar, jemandem einen Kopfschuss zu wünschen. Und die Konsequenzen wären sehr hässliche gewesen. Ich glaube nicht, dass ein Bürgerkrieg in Amerika ausgebrochen wäre, wie es manche behaupten. Es gibt keine organisierte Brigade, die es mit dem US-Militär aufnimmt, keine abtrünnigen Einheiten des amerikanischen Militärs, die versuchen, die Regierung zu stürzen, weil ein 20-Jähriger einen Präsidentschaftskandidaten erschossen hat. Aber es hätte viel Gewalt gegeben. Und noch mehr Verschwörungstheorien. Nein, einen Kopfschuss hätte ich nicht einmal Trump gewünscht. Aber ich bin mir nicht zu schade für die Hoffnung, dass er einen schweren Schlaganfall erleidet.“
Jonathan Franzen gesteht „Hass“ auf Joe Biden - und hofft auf „Schlaganfall“ bei Trump
Selbst nach Trumps Ableben würden Trumps Ideen aber nicht verschwinden, sagte Franzen. „Trump und Trumpismus sind zwei verschiedene Phänomene. Wenn Trump nicht mehr existiert, wird es den Trumpismus weiterhin geben. Es ist eine besonders verdorbene Form des amerikanischen Konservatismus, des amerikanischen Isolationismus. Eine Phobie vor allem Fremden. Es ist amerikanischer Rassismus. Trumps Bewegung zieht verschiedene Fraktionen an: christliche Nationalisten, sich gekränkt fühlende weiße Arbeiter, Libertäre aus dem Silicon Valley sowie Nihilisten aller Art. Und das Problem ist: In Teilen spricht Trump berechtigte Beschwerden an….Es ist teilweise wirklich hart in diesem Land. Wir haben Arbeitsplätze in der Produktion verloren, die Droge Fentanyl ist ein riesiges Problem, die Suizidraten steigen. Es gibt hier viele weiße Leute, die das Gefühl haben: Die Demokraten interessieren sich mehr für Transgender-Communitys und schwarze Menschen als für mein Leben.“
Auf die Frage, was geschehen werde, sollte Trump im November die Wahl gewinnen, sagte der Erfolgsautor: „Als Präsident würde er weiter das Justizministerium demontieren. Aber es würde mich nicht wundern, wenn er davor eine Art Schlaganfall hätte. Es sind noch drei Monate bis zur Wahl. Stellen Sie sich vor, wenn Trump in der Zeit im selben Maße altern würde wie Joe Biden zwischen März und Juni dieses Jahres, da ist bei Biden viel passiert. Altern funktioniert wie eine Treppe: Immer wieder jähe Schritte nach unten statt eines allmählichen Verfalls.“
Franzen, der sich in seinen Romanen immer wieder von aktuellen Ereignissen hat inspirieren lassen, um zu beschreiben, wie die Menschen heute leben, sieht für sich keine Inspiration durch aktuelle Ereignisse, auch nicht für eine satirische Betrachtung. Er sagte dem stern: „Seit 30 Jahren wende ich mich von der Satire ab. Früher dachte ich: Wenn ich bestimmte Teile der Welt gut genug persifliere, kann ich damit Veränderungen anregen. Das war eine dumme Idee. Menschen lesen keine Romane, um ihre Meinungen zu ändern. Und die einzigen Leser, die auf Satire konstruktiv reagieren würden, wissen eh schon, wovon ich rede. Außerdem ist Satire distanzierend. Wenn ich eine Figur entwerfe, die ich satirisch überspitze, ist sie nicht sympathisch. Aber mir wurde immer wichtiger, mitfühlend mit meinen Charakteren umzugehen. Auch mit den Nebenfiguren…..Es ist extrem schwer, über Politik literarische Fiktion zu schreiben. Schauen Sie doch selbst: Obwohl Politik ein riesiges Thema in Amerika ist, gibt es fast keine großartigen Romane über Washington. Die Politiker erschaffen selbst nationale Erzählungen, an denen jeder beteiligt ist. Warum sollten die Leute dann mir als Schriftsteller zuhören? Sie können einfach die News aus Washington ansehen.“