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Verband macht gegen Plastik-Weihnachtsbäume mobil

Baumplantage des Betriebes Forst Schneebecke: Auf einer Fläche von 140 Hektar wachsen hier Weihnachtsbäume. Foto: Bernd Wüstneck
Baumplantage des Betriebes Forst Schneebecke: Auf einer Fläche von 140 Hektar wachsen hier Weihnachtsbäume. Foto: Bernd Wüstneck

Von der Plantage, aus dem Wald oder der Fabrik? Von ökologisch bis Plastik ist beim Weihnachtsbaum alles drin. Offenbar wächst die Furcht der klassischen Weihnachtsbaumerzeuger vor dem künstlichen Grün. Sie gehen in die Offensive.

Alt Steinhorst/Bühl (dpa) - Nordmanntanne, Blaufichte und Co. haben Unterstützung verdient, findet Benedikt Schneebecke. Ihre Beliebtheit als Weihnachtsbaum in deutschen Wohnzimmern ist angesichts stabiler und millionenstarker Verkaufszahlen zwar nicht gefährdet.

Aber der Forstunternehmer mit rund 140 Hektar Weihnachtsbaumkulturen östlich von Rostock will dem schleichenden Siegeszug des Plastikbaums etwas entgegensetzen.

Dazu hat der 39-Jährige mit juristischen Staatsexamen mit Gleichgesinnten den «Verband Natürlicher Weihnachtsbaum» gegründet. Noch seien es erst rund 30 Betriebe aus Deutschland und Dänemark, die zugesagt hätten. Der Zusammenschluss soll aber so stark werden, dass genug Geld für eine ordentliche PR-Kampagne zusammenkommt. Die hält Schneebecke für dringend nötig. «Manche Leute verzichten aus falsch verstandenem Naturschutz auf einen Weihnachtsbaum oder nehmen einen Plastik-Weihnachtsbaum. Da geht es uns darum, aufzuklären», sagt er.

Heute würden viele Umweltthemen diskutiert. Es gehe um Naturschutz, CO2-Bilanz und Nachhaltigkeit. «Viele Leuten ist einfach nicht bewusst, dass der natürliche Weihnachtsbaum das alles erfüllt.» Seine Bäumchen, überwiegend die aus dem Kaukasus stammende Nordmanntanne, bietet nach Schneebeckes Angaben in den rund zehn Jahren des Wachsens zahlreichen Tieren und Pflanzen Lebensraum. «Wir holzen kein Wälder ab. Die Bäume sind extra dafür gepflanzt», argumentiert Schneebecke.

Wie andere Landwirte auch können die Forstbetriebe nicht ganz auf Pflanzenschutzmittel verzichten. «Aber es wird, falls nötig, sehr reduziert eingesetzt.» Ein Weihnachtsbaum sei robuster als Getreide und brauche viel weniger Chemie. Pflanzenschutzmittel würden unter den Bäumen ausgebracht und auch nur in den ersten Jahren. Gegen übermäßigen Einsatz spreche schon der hohe Preis der Mittel.

Wer befürchtet, sich mit einem Weihnachtsbaum auch Schadstoffe ins Wohnzimmer zu holen, den beruhigt Schneebecke. Wenn man die Grenzwerte für Erdbeeren anlege, seien Weihnachtsbäume, wenn überhaupt, dann weit weniger belastet. «Man muss das in Relation setzen» Gedüngt werde auch in den Weihnachtsbaumkulturen. Aber in geringen Mengen und nur, was wirklich gebraucht werde.

Corinna Hölzel vom Umweltverband BUND hält dem entgegen, die Grenzwerte für Pestizide seien generell viel zu hoch. Hier müsse es zu einer Reform im Zulassungsverfahren kommen. «Weihnachtsbäume stellen keine akute gesundheitliche Gefährdung dar», sagt die Pestizid-Expertin. Es gehe aber vor allem um die Belastung für die Natur in der Plantage, wo viel höhere Konzentrationen der Chemikalien erreicht würden. Eine Weihnachtsbaum-Monokultur ist ihrer Überzeugung nach ein feindlicher Lebensraum für fast alle Lebewesen.

Es sei möglich, Weihnachtsbäume nachhaltig zu produzieren, sagt die Referentin für Agrarpolitik beim BUND, Katrin Wenz. «Das kann auch ökologisch sinnvoll sein.» Dann dürften aber keine Pestizide und natürliche Pflanzenschutzmittel nur in ganz geringem Umfang verwendet werden. Sie rät zu regionalen Weihnachtsbäumen aus ökologischer Produktion mit kurzen Transportwegen.

Bei der Ablehnung von künstlichen Weihnachtsbäumen stimmen die BUND-Expertinnen zu. Sie seien aus Erdöl hergestellt, das für so etwas nicht verwendet werden sollte. Schon wegen des Problems der Entsorgung sagt Hölzel: «Hände weg vom Plastikweihnachtsbaum».

Es müsse etwas passieren, sagt Forstunternehmer Schneebecke. «Weil wir sehen, dass Leute vermehrt Plastikbäume kaufen. Das ist eine Katastrophe.» Es dauere 17 bis 20 Jahre, bis ein Plastikbaum die Ökobilanz eines natürlichen Weihnachtsbaums erreiche.

Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Weihnachtsbaumerzeuger, Martin Rometsch, sieht im Plastikbaum ebenfalls eine wachsende Konkurrenz. Nach Marktumfragen haben die künstlichen Bäumchen einen zunehmenden Anteil am Geschäft mit Weihnachtsbäumen.

Neben der Konkurrenz der Kunststoff-Fabrikanten drohen den Weihnachtsbaumerzeugern in Deutschland noch andere Schwierigkeiten. Die bis heute nachwirkende Dürre des vergangenen Jahres ist ein Problem, nicht überall, aber zum Beispiel in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. «Wir hatten auch Verluste», sagt Schneebecke. «Wir machen uns Sorgen, da verschiebt sich etwas.» Trockenphasen und Starkregen, den der Boden schlecht aufnimmt, wechseln sich ab.

Immerhin sei die Nordmanntanne relativ robust. Wenn die einmal gewurzelt habe, halte sie eine Menge aus. Bewässerung ist nach Schneebeckes Überzeugung keine Alternative und wäre auch nur in Extremjahren nötig. Die meisten Betriebe könnten das auch gar nicht. «Wir sind Landwirte, wir müssen mit der Natur leben.»

Für die Kunden ändert sich nach Schneebeckes Einschätzung in diesem Jahr nicht viel. «Wir glauben, dass die Preise stabil bleiben.» Zwischen 18 und 23 Euro müsse der Kunde für einen Meter Nordmanntanne wohl ausgeben. Rometsch hält es dagegen für noch etwas zu früh, um sich auf Preise festzulegen. Mehr als leichte Steigerungen wird es aus seiner Sicht aber nicht geben.

Offensichtlich sind viele Kunden bereit, für die geschätzt 20 bis 22 Millionen Bäumchen jedes Jahr tief in die Tasche zu greifen. Denn der Trend zum Zweitbaum halte an, sagt Schneebecke. Mancher kaufe sich früh im Advent ein Bäumchen für Terrasse oder Balkon und dann später einen für das Wohnzimmer.