„Ganz normaler Vorgang“ - „Klatsche“: Heftige Kritik an Faeser nach „Compact“-Urteil, die äußert sich
Innenministerin Faeser verbietet das rechtsextreme Magazin „Compact“ – doch das wird vom Bundesverwaltungsgericht kassiert. Die CSU wirft ihr mangelnde Sachkompetenz vor - und auch die FDP übt Kritik. Nun äußerte sich Faeser selbst und auch der „Compact“-Chefredakteur Jürgen Elsässer.
Im Video oben: Geleakte Faeser-Papiere zeigen den rechten Sumpf bei verbotenem „Compact“-Magazin
Nach dem vorläufigen Scheitern des „Compact“-Verbotes kommt von der FDP und aus der Union Kritik an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Die Eil-Entscheidung gegen das 'Compact'-Verbot wirft ein verheerendes Licht auf die Sachkompetenz von Frau Faeser“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Alexander Hoffmann, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
„Compact“-Chefredakteur Elsässer mit Spiegel-Vergleich
Der Herausgeber des rechtsextremen „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer, sieht die Gerichtsentscheidung zugunsten seines Blattes als Sieg gegen staatliche Übergriffe. Das sagte Elsässer bei einer Pressekonferenz in Berlin. Am Vortag hatte das Bundesverwaltungsgericht das Verbot des Magazins durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in einem Eilverfahren vorläufig ausgesetzt. Damit kann das Magazin vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen.
„Der gestrige Tag war ein Sieg von David über Goliath, war ein Sieg der Demokratie über die Diktatur und war ein Sieg des Volkes über das Regime“, frohlockte Elsässer. Der gestrige Tag sei der wichtigste Tag zur Verteidigung der Pressefreiheit seit der sogenannten Spiegel-Affäre 1962, fügte der 67-Jährige hinzu.
Elsässer fordert 320.000 Euro vom Bundesinnenministerium
Elsässer verlangt von der Politik einen Ersatz des aufgetretenen Schadens durch die Verbotsverfügung des Bundesinnenministeriums (BMI). „Die Untergrenze des wirtschaftlichen Schadens liegt bei etwa 320.000 Euro. Das sind nämlich die Umsätze in vier Wochen, die wir nicht realisieren konnten, weil wir nicht mehr arbeitsfähig und stillgelegt waren“, sagte Elsässer in Potsdam. „Das geht sicherlich noch nach oben, und wir werden die Regierung und das BMI bei jedem Cent regresspflichtig machen.“
Faeser äußert sich nach einkassiertem „Compact“-Verbot
Am Donnerstag äußerte sich Faeser selbst im Rahmen eines Pressestatements. „Das Grundgesetz sieht das Instrument des Vereinsverbots vor. Es ist wichtig, dass wir diese Instrumente der wehrhaften Demokratie anwenden. Hier geht es um eine gesichert als rechtsextremistisch eingestufte Organisation. Diese Organisation propagiert einen Umsturz. Es ist dem Rechtsstaat daher selbstverständlich, dass Maßnahmen vor Gericht geprüft oder korrigiert werden. In unserem Handeln gegenüber Verfassungsfeinden werden wir nicht nachlassen“, so Faeser.
„Wir werden weiter Verfassungsfeinden sehr entschieden entgegen treten“, untermauerte die Bundesinnenministerin. „Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass man vor Gericht auch in Teilen verliert“, erklärt Faeser.
Faeser hatte „Compact“ am 16. Juli verboten
Faeser hatte „Compact“ am 16. Juli verboten. Sie begründete dieses Vorgehen damit, dass das Blatt ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ sei. Nun hob das Bundesverwaltungsgericht das Verbot im Eilverfahren vorläufig auf. Es meldete vor allem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Verbots an. Damit kann das Blatt unter Auflagen vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen.
CSU-Politiker Hoffmann sagte dazu: „Dieser Etappensieg für ein rechtsextremistisches Magazin zeigt, dass Frau Faeser mit ihrem übereilten Vorgehen dem Schutz der Demokratie einen Bärendienst erwiesen hat.“ Sie müsse nun erklären, wie es zu einer derartigen Fehleinschätzung gekommen sei. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte dem „Spiegel“: „Die Ministerin hätte den alten Grundsatz beherzigen sollen, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht.“
FDP spricht von „Klatsche“ für Faeser
Der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bezeichnete die Entscheidung des Gerichts als „peinlich für das Bundesinnenministerium“. Das „Compact“-Magazin könne sich jetzt als Opfer darstellen, sagte Kuhle dem „Spiegel“. „Das hätte dem Bundesinnenministerium nicht passieren dürfen.“ FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki sprach von einer „Klatsche“ für Faeser. „Und das Schlimmste ist: Sie hat sich vor den drei ostdeutschen Landtagswahlen zur besten Wahlkämpferin der AfD inszeniert“, sagte Kubicki. Im September sind Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.