Verfassungsschützer alarmiert - Hochexplosive Mischung: Islamisten und kriminelle Clans verbünden sich gegen Staat

Sicherheitsbehörden verfolgen die immer engeren Kontakte zwischen kriminellen Clan-Größen und radikal-islamischen Salafisten mit großer Sorge. Beide Lager verbindet die „Ablehnung der Demokratie und des Rechtsstaates“, warnen sie. Was braut sich da zusammen?

Abdul Alim Hamza schien außer sich. Im Mai fand der islamistische Hassprediger einen Peilsender an seinem Wagen. In einem Video empörte sich der Imam aus dem Kosovo über den Vorfall:

„Ich hatte gerade mein Auto hier in der Werkstatt und was finden wir da? Dieses schöne Militärding, was nicht so leicht abgeht. Zum Abhören und zum Orten des Fahrzeugs und des Fahrzeughalters. Das ist deutsche Demokratie und Rechtsstaat. Sehr schön, vielen Dank.“

Seit Jahren beobachten die Staatsschützer den Bonner Islamisten. Über seine Online-Kanäle zieht er vor allen Dingen junge Gläubige mit seinen erzreaktionären Tiraden in seinen Bann. Im Internet gilt der Imam einer Bonner Moschee, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, als einer der „Stars“.

Clans: „Hinwendung zu radikalen Islamistenkreisen“

Neben seinen zahlreichen Kontakten zur neuen extremistischen Online-Prediger-Garde posiert er gerne mit dem Berliner Clan-Boss Arafat Abou-Chaker auf Messenger-Plattformen. Es ist ein Geben und Nehmen, der Islam-Gelehrte sonnt sich im zweifelhaften Ruhm des Chefs der palästinensischen Großfamilie.

Immerhin folgen Abou Chaker, Ex-Manager des Rappers Bushido, auf Instagram und TikTok Hundertausende User. Und umgekehrt erweitert einer der Anführer des Clans seinen Einfluss in der radikal-islamischen Salafisten-Szene.

Allein in der Bundeshauptstadt füllt der auf 200 bis 300 Mitglieder geschätzte Abou-Chaker-Clan zahlreiche Strafakten. Dabei geht es um Schutzgelderpressung, Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche, Diebstähle und Zuhälterei, Raubüberfälle und Gewaltdelikte. Und nun also auch die Hinwendung zu radikalen Islamistenkreisen.

Bereits im Dezember 2023 warnte der Berliner Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) „vor einer Gefahr, dass zwei demokratie- und rechtsstaatsfeindliche Gruppen ihre Aktivitäten und ihre Mittel miteinander bündeln“. Die Ursache dafür liege in der „gemeinsamen Ablehnung der Demokratie und des Rechtsstaates sowohl durch die salafistische Szene als auch durch die Clankriminalität“.

In ihrem aktuellen Islamismus-Lagebild vom Mai 2024 stellen NRW-Verfassungsschützer zunehmende Kontakte zwischen Salafisten-Predigern und kriminellen arabischen Clans fest. „Hieraus können sich neue Dynamiken und Radikalisierungsmomente ergeben“, so das Resümee in dem Bericht.

„Neue Dynamiken und Radikalisierungsmomente“

Prediger vermitteln den Angaben zufolge „religiös legitimierte patriarchalisch-chauvinistische Wertvorstellungen, mit denen sich auch Clanangehörige mit muslimischem Migrationshintergrund in vielen Fällen identifizieren können“, heißt es.

„Umgekehrt scheint das martialische Auftreten von Szenegrößen aus dem Bereich einschlägiger Clans eine Faszination auf einige extremistische Salafisten auszuüben, die sich diesem in Sprache und Erscheinungsbild annähern."

Salafisten-Prediger wie der Bonner Alim Hamza geben sich als Influencer in den sozialen Medien.

„Sie bedienen sich einfacher Sprache, kokettieren mit einem Gangster-Image, das in Sprache und Erscheinungsbild subkulturelle Anleihen aus der Gangster-Rap-Kultur übernimmt, prahlen mit Kampfsporterfahrung sowie Kontakten ins Clan-Milieu und pflegen einen konsumorientierten materialistischen Lebenswandel, den sie in sozialen Medien demonstrativ zur Schau stellen“, heißt es in dem Islamismus-Lagebild.

Für die Abou-Chaker-Kontakte zum Bonner Islamisten Alim Hamza existieren etliche Belege. Bereits vor drei Jahren tauchte ein Gespräch zwischen beiden Protagonisten via TikTok auf. So will der Salafist wissen, ob der Clan-Chef seine Reichweite in den Sozialen Medien nutzen könne, um den Islam zu verbreiten. „Ob du glaubst oder nicht. Ich versuche es“, antwortete Abou Chaker.

Die Sicherheitsbehörden verfolgen die zunehmenden Kontakte zwischen Clan-Größen und radikal-islamischen Salafisten mit großer Sorge. Abou-Chaker ist demnach ein Sinnbild dieser Entwicklung. Meist betet der erzkonservative Muslim in der als durch den Verfassungsschutz als salafistisch eingestuften Berliner Al-Nur-Moschee.

Clan-Boss: Hitler hat Opfer „wenigstens sofort umgebracht“

Nach dem Angriff der Terror-Organisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 teilte der palästinensischstämmige Clan-Boss einen Post, der das Massaker feierte. In einem TikTok-Austausch mit dem rheinischen Hassprediger Pierre Vogel verunglimpfte Abou-Chaker Israel als zionistisches Regime – vergleichbar mit dem Adolf Hitler: Für ihn sei der NS-Diktator besser als der amtierende israelische Premier Benjamin Netanjahu, denn Ersterer habe seine Opfer „wenigstens sofort umgebracht“.

Vogel, zwischenzeitlich abgehalfterter Online-Salafisten-Prediger in der militanten Szene, hat sich als Führungsfigur zurückgemeldet. Im Rheinland fungiert der ehemalige Kölner Faustkampf-Profi als Boxtrainer. Die Behörden fürchten, dass hier islamistisch gesinnte Kampfsportler herangezogen werden sollen.

In manchen Clan-Zirkeln scheint die Sympathie für islamische Terror-Gruppen zu wachsen. Erst kürzlich durchsuchten Berliner Polizeibeamten die Wohnung der Clan-Größe Nasser Abou-Chaker. Im November 2023 soll der 20-Jährige auf Instagram ein Foto eingestellt haben, das mit einem Nashīd unterlegt wurde.

Der religiöse Gesang stammt von der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS). Laut BILD-Zeitung gilt das Lied seit seiner Veröffentlichung im Jahr 2013 als offizielle Hymne der Terroristen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen.

„Mit dem IS habe ich nichts zu tun“, beteuerte der polizeibekannte Clan-Angehörige gegenüber BILD.

Sein Vater Mohammed war 2012 zu mehr als sieben Jahren Haft wegen schweren Raubes im „Grand Hyatt“-Hotel verurteilt worden. Am 6. März 2010 hatte er als Kopf der berüchtigten Pokerraub-Bande die Glücksspiel-Veranstaltung in dem Nobelhotel am Potsdamer Platz überfallen. Von der Beute in Höhe von 242.000 Euro Beute fehlt bis heute noch ein großer Batzen.

Mitunter geben ehemalige syrische Terror-Kämpfer, die im Zuge der Flüchtlingswelle einreisten, hierzulande den Friedensrichter bei Clan-Fehden.  Khaled A. war so ein Fall. Der Dschihadist mit dem Spitznamen Abu Ali kämpfte in Syrien für die Terror-Truppe „Jabhat al-Nusra“.

2015 setzte er sich nach Deutschland ab. Von Wuppertal aus machte Abu Ali Karriere in der arabisch-türkischen Unterwelt. Hier mischt sich islamistische Terrorfinanzierung ins Ausland mit Drogenhandel, Schutzgelderpressung, Überfällen, Raub, Folter und Geiselnahme sowie Schleuserkriminalität, gewerbsmäßiger Betrug, Steuerhinterziehung nebst Geldwäsche.

Scharia-Gericht und archaische Wertbegriffe

Abu Ali lebte in einer Parallelgesellschaft mit islamischem Scharia-Gericht und archaischen Wertbegriffen. Die hiesige Justiz gilt in diesen Kreisen wenig, der deutsche Staat wird als willfährige Beute für Sozialleistungsbetrug angesehen.

Kurz nachdem die deutschen Behörden Abu Ali als Asylberechtigten anerkannt hatten, scharte der Angeklagte in Wuppertal Teile der syrischen Community um sich. „Er ist der Bürgermeister der Araber in der Stadt“, gab ein Insider später bei der Polizei zu Protokoll.

Abu Ali holte seine beiden Frauen und die Kinder nach Deutschland. Die elfköpfige Familie lebte auf zwei Etagen in zwei Wohnungen in Wuppertal. Bezahlt vom Jobcenter.

Entsprechend versorgt, baute sich der Islamist eine neue illegale Existenz auf. Abu Ali avancierte zum Friedensrichter in der arabisch-türkischen Unterwelt an Rhein und Ruhr. So schlichtete er laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf im November 2020 einen Konflikt zwischen dem mächtigen kurdisch-libanesischen Clan Omeirat und Rivalen aus dem Hause Al Rashdan. Dies geht aus einem abgehörten Telefonat hervor.

Demnach hatte eine Partei den Angehörigen aus dem gegnerischen Clan verprügelt, im Gegenzug wurde die Wohnung eines Omeirat verwüstet. Das Treffen zur Versöhnung sollte nun bei einer dritten bundesweit einflussreichen Sippe stattfinden: Beim Clan rund um den Leverkusener Boss Badia Al Zein.

„Bürgermeister der Araber“ sitzt langjährige Haftstrafe ab

Letzterer wurde gerade erst zu sechs Jahren Haft wegen diverser Delikte verurteilt. Abu Ali unterhielt laut den Nachforschungen enge Kontakte zur Al Zein-Großfamilie.

Ferner lenkte der syrische Extremist eine brutale Geldeintreiber-Gang. In erster Linie arbeitete die Bande für ein international operierendes Finanzschieber-Kartell. Das Netzwerk schleuste über das orientalische Hawala-Banking binnen fünf Jahren mindestens 160 Millionen Euro an den deutschen Finanzbehörden vorbei in die Türkei und nach Syrien. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelte gegen 90 überwiegend syrische Beschuldigte.

Im April 2023 wurde Abu Ali gleich in zwei Strafprozessen schuldig gesprochen.

In einem Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verhängte der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf dreieinhalb Jahre Haft.

In der parallel verlaufenden Hauptverhandlung im Hawala-Komplex vor dem Landgericht Düsseldorf kassierte der Angeklagte sechseinhalb Jahre Gefängnis wegen illegaler Geldgeschäfte, gefährlicher Körperverletzung, Geiselnahme und räuberischer Erpressung. Seither sitzt der „Bürgermeister der Araber“ eine langjährige Haftstrafe ab.