Vergewaltigungsprozess in Avignon steht vor Verschiebung: Hauptangeklagter krank
Der Aufsehen erregende Vergewaltigungsprozess im französischen Avignon könnte wegen des gesundheitlichen Zustands des Hauptangeklagten Dominique Pelicot vertagt werden. Der 71-Jährige ist am Montag erneut nicht vor Gericht erschienen. Der Vorsitzende Richter setzte das Verfahren zunächst für einen Tag aus und ordnete eine weitere gerichtsmedizinische Untersuchung des Angeklagten an, um festzustellen, ob und wann er prozessfähig sei. Pelicot habe eine Nierenentzündung und Prostataprobleme, erklärte der Richter.
Pelicot hatte bei den Ermittlungen gestanden, seiner Frau über Jahre hinweg Schlafmittel gegeben zu haben, um sie anschließend gemeinsam mit Fremden zu vergewaltigen. Vor Gericht hat er sich bislang nicht zu seinen Taten geäußert.
Die Anwälte der Zivilparteien reagierten verärgert. Die Situation sei "nicht normal", sagte Stéphane Babonneau, der die 72-jährige Ehefrau vertritt. "Wenn es daran liegt, dass er nicht rechtzeitig behandelt wurde, dann ist es ein Skandal", fügte er hinzu.
Eine Vertagung des auf vier Monate angesetzten Prozesses wäre kompliziert. Die 18 der insgesamt 51 Angeklagten, die sich derzeit in Untersuchungshaft befinden, könnten ihre Freilassung fordern. Die Männer im Alter von 26 bis 74 Jahren stehen unter Verdacht, Pelicots mittlerweile geschiedene Frau Gisèle im Zustand der Bewusstlosigkeit vergewaltigt zu haben. Ermittler hatten bei Pelicot etwa 4000 Fotos und Videos der Szenen gefunden.
Pelicots Anwältin bekräftigte, dass ihr Mandant grundsätzlich zur Aussage bereit sei. Pelicot war am vergangenen Mittwoch zum letzten Mal vor Gericht erschienen, als Gisèle Pelicot schilderte, wie ihr Leben zusammenbrach, als sie erfuhr, in welcher Weise sich ihr Mann an ihr vergangen hatte.
Die 72-Jährige, die am Montag ohne Sonnenbrille und in einem pinken Pullover vor Gericht erschien, bedankte sich bei allen, die am Wochenende an Solidaritätsaktionen teilgenommen hatten. "Euretwegen habe ich die Kraft, diesen Kampf durchzuhalten", sagte sie. Sie widmete ihn allen Opfern sexueller Gewalt. "Ich will allen Opfern sagten: Guckt Euch um, Ihr seid nicht allein."
Etwa 200 Mal war Gisèle Pelicot zwischen 2011 und 2020 ohne ihr Wissen vergewaltigt worden, teils von ihrem Ehemann und in 92 Fällen von Fremden. Die Ermittler identifizierten 50 von ihnen, die sich nun neben dem Hauptangeklagten vor Gericht verantworten müssen. Ihnen drohen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren.
kol/ma