Vergleich bei wichtigen Themen - Bei Putin einig, bei Asyl gab es Mega-Zoff: So ticken Weidel und Wagenknecht
Mal gab es traute Einigkeit, mal Zoff: Das TV-Duell zwischen Alice Weidel und Sahra Wagenknecht offenbart, wie AfD und BSW zueinander stehen. Ein Vergleich auf den wichtigsten Themenfeldern zeigt vor allem Unterschiede in der Nahost-Politik und bei den Details der Asylpolitik.
Im TV-Duell zwischen AfD Chefin Alice Weidel und der BSW-Vorsitzenden Sahra Wagenknecht gab es immer wieder Momente der Einigkeit. Eine der größten Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Frauen ist ihre Haltung zu Russland. Bei anderen Themen hingegen gehen die Positionen auseinander. Bei aller Härte in der Migrationspolitik will sich Wagenknecht scharf von der AfD abgrenzen. Lesen Sie hier die wichtigsten Positionen auf vier Themenfeldern im Vergleich:
1. Deutsche Wirtschaft: Differenzen bei Schuldenbremse, Einigkeit bei Bildung
Alice Weidel attestiert Deutschland eine „desaströse Energiepolitik“. Durch steigende Energiekosten sei das Land nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie fordert eine „verantwortungsvolle Energiepolitik, zusammengesetzt aus sicherer Kernkraft, aus Kohlekraft und Technologieoffenheit“.
Zentral für einen Aufschwung der Wirtschaft sei langfristig auch ein besseres Ausbildungsniveau: Die Menschen an den Schulen und Universitäten würden im internationalen Vergleich abfallen. Außerdem fordert die AfD-Vorsitzende eine Senkung der Steuerlast, wie zum Beispiel der Einkommen- und Sozialsteuern: „Die Menschen müssen wieder von ihrer Arbeit leben können.“
Sie stehe zwar zur Schuldenbremse und wolle „an unnötigen Ausgaben einsparen, vor allem Sozialausgaben.“ Das Bürgergeld dürfe außerdem nicht an ausländische Staatsbürger ausgezahlt werden. Dies sei ein „riesiger Milliarden-Kostenblock“
Sahra Wagenknecht plädiert beim Thema Energie vor allem für eine Rückkehr zum russischen Gas: „Wir haben das russische Gas ersetzt durch sehr teures Gas, was wir jetzt aus den USA importieren“, so die BSW-Politikerin. „Das war ein Eigentor“.
Auch die BSW-Vorsitzende nennt als zweiten Punkt eine bessere Bildungspolitik. In Deutschland herrsche eine große soziale Ungleichheit, da es in Sachen Ausbildung „aktuell sehr davon abhängt, welche Eltern man hat“.
Das dritte wichtigste Thema sei die Infrastruktur. Die sei in Deutschland „absolut marode“. Diese Investitionen müsse man unter anderem auch über Kredite finanzieren. An diesem Punkt setzt sich Wagenknecht deutlich von Weidel ab.
2. Nahost-Konflikt: Wagenknecht für Zwei-Staaten-Lösung, Weidel zögert
Beim Thema Nahost-Konflikt kritisiert Sahra Wagenknecht , dass sich Weidel und ihre Partei sich an die Seite des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu stellen würde, obwohl viele Bürger Israels ihn kritisieren würden. Die „wahllose“ Ermordung von Frauen und Kindern im Gaza-Streifen müsse aufhören.
„Der Verteidigungsminister Israels hat gesagt, wir kämpfen gegen ‚menschliche Tiere‘“, sagt die BSW-Chefin weiter. „Das ist unmenschlich“. Die Idee zu glauben, dass man Terror durch Terror bekämpfen könne, sei haltlos. Sie plädiere stattdessen für einen Waffenstillstand und die Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästinensern. Außerdem fordert Wagenknecht ein Embargo für Waffenlieferungen nach Israel.
Alice Weidel kritisiert, dass die Bundesregierung im Nahost-Konflikt nicht handle. Deutschland und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) fehle die außenpolitische Linie. Auch die vielen antisemitischen Parolen und Ausschreitungen bei den pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland schockieren sie: „Wenn die AfD in der Regierung säße, wären diese Krawallbrüder nicht mehr in diesem Land“, so Weidel.
Israel sei in einer Nacht-und-Nebel-Aktion angegriffen worden und habe „das Recht, sich zu verteidigen“. Weidel betont, wie schwierig es sei, die von Wagenknecht geforderte Zwei-Staaten-Lösung zu etablieren. Sie könne „keine einfache Antwort dazu raushauen“.
Gerade sei man weiter von einer Zwei-Staaten-Lösung entfernt als vor der Eskalation. Die AfD-Chefin fordert deshalb Diplomatie: „Man muss die verantwortlichen Akteure an einen Tisch bekommen.“ Momentan sei die Situation so verfahren, dass kein Frieden möglich sei. Zum Thema Waffenlieferungen steht für Weidel fest: „Deutschland ist gar nicht in der Lage, Waffen zu liefern. Wir sind ja nicht mal in der Lage zu unserer eigenen Landesverteidigung.“
3. Ukraine-Krieg und Nato: Verständnis für Russland auf beiden Seiten
Sahra Wagenknecht behauptet: „Der Krieg ist ausgebrochen, weil die Russen kein US-Militär an ihrer Grenze haben wollten.“ Der Krieg in der Ukraine bezeichnet sie dennoch als „verbrecherisch“. Die These, Russland wolle wieder ein Großreich herstellen, teilt die BSW-Chefin nicht: „Russland hat immer gesagt, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine die rote Linie ist.“
Sie präferiere die Pläne für einen Verhandlungsfrieden, den auch andere Länder derzeit anstreben würden: „Ich fände es gut, wenn die westliche Seite, auch die deutsche Bundesregierung, mit China, mit Brasilien, die ja einen Friedensplan vorgelegt haben, gemeinsam versuchen würde auf dem Verhandlungsweg eine Friedenslösung hinzubekommen.“ Einen Sieg-Plan der Ukraine nennt Wagenknecht „unrealistisch“.
In Sachen Nato müsse man sich mehr in die Perspektive Russlands hineinversetzen. Wagenknecht behauptet, dass in den letzten Jahren mehrere Verbündete Russlands von den USA angegriffen worden seien. Russland sehe die Nato deswegen nicht mehr als defensives, sondern als aggressives Bündnis.
Als „Welt“-Moderator Jan Philipp Burgard die BSW-Vorsitzende fragt, für wen sie bei der US-Wahl stimmen würde, antwortet Wagenknecht ausweichend: „Ich kann mich zwischen zwei falschen Entscheidungen nicht entscheiden. Trump ist unzurechnungsfähig und Harris würde Kriegspolitik weiterführen.“
Alice Weidel behauptet, dass eine Verhandlungslösung zwischen Russland und der Ukraine schon seit Langem die Position der AfD sei. Dabei lässt die Parteivorsitzende ebenfalls Verständnis für Russland durchblicken: „Es war sehr lange so, dass von den USA Verteidigungsmaterial an die Ukraine geliefert wurde – Material, was auch für Angriffe verwendet werden könnte. Sie haben ein Bedrohungsszenario.“
Russland und die USA müssten an einen Tisch, beim Konflikt in der Ukraine handle es sich um einen Stellvertreterkrieg. „Deswegen muss der Wille um einen Frieden von beiden Seiten kommen“, so Weidel.
Zur Thema US-Wahl hat sie im Gegensatz zu Wagenknecht eine klare Meinung. Sie würde für Trump stimmen. „Er ist teilweise sehr scharf in seinen Äußerungen, aber er hat keinen Krieg angefangen, die Wirtschaftsdaten haben sich deutlich verbessert, genauso wie die Migrationspolitik – er hat eine sehr gute Bilanz.“
4. Migrationspolitik: Wagenknecht kritisiert die AfD scharf
Beim Thema Migration steht für Alice Weidel fest: „Angela Merkel war die erste grüne Kanzlerin, die das Recht zu Gunsten der Flüchtlinge außer Kraft gesetzt hat“. Jetzt habe man in Deutschland „die Leute da, die dauerhaft in der sozialen Hängematte liegen.“ Sie fordert 100.0000 Menschen in ihre Herkunftsländer zurückführen – auch, wenn die Herkunftsländer sich bei der Rücknahme querstellen. „Wir müssen da Druck aufbauen.“ Bei einer Weigerung müsse man die Entwicklungshilfe streichen.
Außerdem ist Weidel der Meinung, dass „auch ein Syrer, der zu uns gekommen ist und auf Asyl ist“ irgendwann zurück in sein Heimatland müsse. Sie wolle nur Menschen, „die einen Job haben“ im Land behalten und verweist auf das kanadische und das australische Modell in der Asylpolitik.
Die AfD-Chefin will straffällige Menschen, die bereits einen deutschen Pass haben, ausweisen: „Ich bin da im Rahmen unserer Gesetzeslage“, behauptet Weidel. Die Straftäter hätten sich den Pass teilweise erschlichen.
Auch Sahra Wagenknecht sieht „ein echtes Problem“ in zu hohen Flüchtlingszahlen und fordert, die Ausreisepflichtigen zurückzuführen. Trotzdem kritisiert sie die AfD bei diesem Thema scharf: „Wie in Ihrer Partei darüber gesprochen wird, zum Beispiel von Herrn Höcke, der 20 bis 30 Millionen remigrieren will – da wird mir übel, bei diesen Ressentiments“, so Wagenknecht.
Natürlich gäbe es Flüchtlinge, die sich nie integriert hätten. Die würden in einer „Parallelgesellschaft“ leben. Die Mehrheit sei laut Wagenknecht aber in Deutschland angekommen, es gäbe viele Leute, die sich in die Gesellschaft integriert – und einen Job und eine Familie in Deutschland hätten: „Ich finde es unverantwortlich, dass man Menschen, die hier integriert sind, Angst machen will, dass sie abgeschoben werden“, so Wagenknecht.