Viele tote Urlauber bei Vulkanausbruch in Neuseeland

Selbst aus 50 Kilometer Entfernung war die Aschewolke noch zu sehen.
Selbst aus 50 Kilometer Entfernung war die Aschewolke noch zu sehen.

Neuseelands Ureinwohner nennen ihn Whakaari: den «dramatischen Vulkan». Pro Jahr fahren 10.000 Touristen zu ihm hinaus auf die Insel - bis er nun plötzlich ausbricht. Die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, ist gering.

Auckland (dpa) - Aus dem Tagesausflug auf eine Vulkaninsel vor der Küste Neuseelands ist möglicherweise für etwa ein Dutzend Urlauber ein tödliches Abenteuer geworden. Bei einem plötzlichen Ausbruch des Vulkans von White Island kamen mindestens fünf Menschen ums Leben.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes befinden sich nach derzeitigem Kenntnisstand keine Deutschen unter den Toten. Aber: «Wir müssen davon ausgehen, dass Deutsche unter den Verletzten sind», hieß es dazu aus dem Ministerium in Berlin.

Acht Menschen galten am Dienstagmorgen (Ortszeit) noch als vermisst. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern sagte bei einer Pressekonferenz im Küstenstädtchen Whakatane, man halte sie für tot. Es handele sich um Neuseeländer sowie um Touristen aus Australien, Großbritannien, China, Malaysia und den USA. Bei Luftaufklärungsflügen habe es keine Anzeichen von Überlebenden gegeben. Wegen der Gefahr weiterer Eruptionen konnten die Rettungskräfte die kleine Insel zunächst nicht betreten.

Der Vulkan brach am Montag gegen 14.11 Uhr Ortszeit (2.11 Uhr MEZ) aus. Auf Aufnahmen einer Beobachtungskamera ist zu sehen, wie sich kurz zuvor noch eine größere Gruppe von Wanderern auf den Krater zubewegt. Dann wird das Bild schwarz. Ardern sagte, zur Zeit des Vulkanausbruchs seien zwei Gruppen auf der Insel gewesen. Eine Gruppe habe in Sicherheit gebracht werden können, die andere sei zu nahe am ausbrechenden Krater gewesen.

Viele der Verletzten erlitten Verbrennungen - darunter vermutlich auch Deutsche. Der Polizei zufolge wurden am Tag nach dem Ausbruch insgesamt 31 Menschen noch im Krankenhaus behandelt.

Mit Flugzeugen und Hubschraubern wurde bis zum späten Montagabend aus der Luft nach Überlebenden gesucht. Ein Polizeisprecher sagte: «An keinem Ort sind Lebenszeichen gesichtet worden. Auf Grundlage der vorliegenden Informationen glauben wir nicht, dass sich auf der Insel noch Überlebende befinden.»

White Island liegt im Nordosten von Neuseelands Nordinsel, etwa 50 Kilometer von Whakatane entfernt und rund 90 Kilometer von der größeren Stadt Tauranga an der Bay of Plenty. Mehrere Unternehmen bieten von der Küste aus Tagestouren nach White Island mit dem Boot an. Pro Jahr wird die Insel von 10.000 Ausflüglern besucht. Die Touren, die mit einem Blick ins Innere der Erde werben, sind sehr beliebt.

In Neuseeland halten sich derzeit recht viele Urlauber aus Deutschland auf, die dem Winter entkommen wollen. Auf der anderen Seite der Erdkugel wird es gerade Sommer.

Bei Neuseelands Ureinwohnern, den Maori, heißt der Vulkan Te Puia o Whakaari. Das bedeutet: «Der dramatische Vulkan». Die Insel ragt etwa 320 Meter in die Höhe. Der weitaus größte Teil des Vulkans ist unter Wasser. Der letzte größere Ausbruch war 2016. Damals wurde niemand verletzt. In den vergangenen Wochen wurde bemerkt, dass der Vulkan wieder aktiver wurde. Dies führte aber nicht dazu, dass die Touren verboten wurden. Das Betreten ist grundsätzlich nur im Beisein von Führern erlaubt. Die Insel befindet sich in Privatbesitz.

Der US-Amerikaner Michael Schade, der White Island gerade verlassen hatte, filmte den Ausbruch vom Boot aus mit seinem Handy. Zu sehen ist, wie die Aschewolke viele Hundert Meter hoch in den Himmel steigt. Schade sagte: «Ich war einfach nur geschockt. Dann hat das Boot kehrtgemacht, und wir haben einige Leute aufgenommen, die an der Pier standen.»

Die «Weiße Insel» wurde 1769 von dem britischen Seefahrer James Cook entdeckt, der ihr auch den Namen gab. Grund dafür war, dass White Island ständig in einer Wolke von weißem Dampf und Rauch erschien. Cook ahnte jedoch offenbar nicht, dass sich dahinter ein Vulkan verbirgt. Neuseeland liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Auch Erdbeben sind dort keine Seltenheit.

Der Vulkanologe Thomas Walter vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) sagte der dpa: «Auf White Island kann man mit wenig Geld und Aufwand einen aktiven Vulkan besuchen. Man kommt direkt mit dem Boot auf die Insel, das ist verlockend.» Das Risiko sei jedoch offensichtlich unterschätzt worden. «Ich glaube, man wird diese Art von Reisen dort nicht mehr anbieten können», sagte Walter.