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Verletzungen und Depressionen: Der Pechvogel des Tennis

Juan Martin del Potro hat bereits eine bewegte Karriere hinter sich

Juan Martin del Potro gelang im September 2017 eines der bemerkenswertesten Comebacks der Tennis-Geschichte.

Der Argentinier lag bei den US Open im Achtelfinale gegen Dominic Thiem bereits mit 0:2 Sätzen und später mit 2:5 und 0:30 im vierten Satz zurück – und entschied die Partie doch noch zu seinen Gunsten.

Nun sind del Potros Comeback-Qualitäten einmal mehr gefragt. Allerdings in anderer Form. Denn das Verletzungspech hat wieder zugeschlagen.

Leidenszeit nach Höhepunkt

Beim Turnier in Shanghai musste der 30-Jährige einen herben Rückschlag hinnehmen. Im Match gegen Borna Coric zog sich del Potro einen Bruch der rechten Kniescheibe zu. Die bittere Folge: Saisonaus - das ATP-Finale (11. bis 18. November) findet ohne del Potro statt. Eine lange Reha, womöglich sogar eine Operation stehen dem Leidgeplagten nun bevor.

Damit kennt sich del Potro zu Genüge aus. Der 1,98-Meter-Schlaks hat eine unter Tennis-Profis wohl einmalige Verletzungshistorie hinter sich.

Neben vielen kleineren Lädierungen machten ihm vor allem die Handgelenke zu schaffen. Nach seinem sensationellen Triumph bei den US Open 2009 begann del Potros Leidenszeit.

Vier Eingriffe am Handgelenk

So war 2010 ein chirurgischer Eingriff am rechten Handgelenk unvermeidbar.

2011 wurde er zum "Comeback Player des Jahres" der ATP gewählt, nachdem er auf Rang elf der Weltrangliste geklettert war und Argentinien ins Davis-Cup-Finale geführt hatte. Gleichzeitig hatte er erstmals mit Schmerzen in der Schulter zu kämpfen.

Später machte dann das linke Handgelenk Probleme – und musste zwischen Frühjahr 2014 und Sommer 2015 gleich dreimal operiert werden.

Del Potro spricht von "Horrorjahren"

Doch mit den Behandlungen war es nicht getan. Del Potro verbrachte lange Zeit mehrere Stunden pro Tag damit, seine Handgelenke zu dehnen und zu stabilisieren, um sie für den Leistungssport tauglich zu halten.

"Der schlimmste Tag war 2015 in Miami. Ich hatte gerade meine zweite Operation hinter mir und wollte es wieder versuchen. Doch es ging nicht. Ich sagte mir: "Ich leide zu sehr, ich will dieses Leben nicht.' Danach blieb ich zwei, drei Monate daheim und tat nichts", gestand del Potro einst der L'Equipe.

Der Publikumsliebling fiel zunächst auf Platz 621 der Weltrangliste zurück. Nach einem Jahr ohne Spiel fand sich del Potro im Februar 2016 sogar auf Rang 1045 wieder. "Ich habe echte Horrorjahre hinter mir. Ich war nicht weit davon entfernt, mit dem Tennis aufzuhören", sagte "DelPo".

Depressionen und Partys nach Triumph

Del Potro denkt dabei wohl sicher besonders an 2010 zurück. Während er wegen seines lädierten Handgelenks pausieren musste, war er monatelang von Niemanden zu erreichen, nicht einmal von seinem Mentor oder der ATP.

Er soll damals an Depressionen gelitten haben. Einige sagen, er habe dem unglaublichen Empfang nach seinem US-Open-Sieg nicht verkraftet und danach nur noch gefeiert.

Passend dazu tauchten einige Bilder von del Potro im Internet auf, die ihn auf wilden Partys mit schönen Frauen und reichlich Alkohol zeigten.

Olympia-Silber krönt Comeback

Doch der Turm von Tandil, wie er auf Grund seiner Statur und seines Geburtsortes genannt wird, ließ sich nicht umhauen, knüpfte an seinen kometenhaften Aufstieg vor seinen Handgelenksproblemen an.

Dafür stellte er sogar sein Spiel um, agierte mehr mit Slice, um seine Handgelenke zu schonen.

In seinen ersten Profi-Jahren hatte er es zum jüngsten Spieler in den Top 100, den Top 50, den Top 10 und den Top 5 geschafft. Der erste Schritt zur endgültigen Rückkehr in die Weltspitze gelang dem Hünen mit Olympia-Silber 2016 in Rio de Janeiro.

Del Potro legt starkes Jahr hin

2018 war del Potro lange auf gutem Weg, erstmals eine komplette Saison auf der ATP-Tour zu spielen. Und das so gut wie noch nie: Finale bei den US Open, Halbfinale in Roland Garros, Platz 3 der Weltrangliste und die Qualifikation für das ATP-Finale zählen zu seinen größten Erfolgen.

"El Palito" (übersetzt: Bohnenstange) war drauf und dran, noch einmal nach den Sternen zu greifen – bis seine Kniescheibe brach.

"Ich bin sehr traurig, denn das ist ein herber Rückschlag. Es ist für mich sehr schwierig, jetzt an den Prozess der Genesung zu denken. Ich dachte nicht, dass so etwas noch einmal passieren würde", kommentierte del Potro die niederschmetternde Diagnose.

Die Resignation, die in seinen Worten mitschwingt, wird hoffentlich bald verschwunden sein. Denn dass del Potro sich zurückkämpfen kann, hat er oft genug bewiesen.

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