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"Verrückte Physiker" nun Golf-Hulk: Die irre Story des Bryson DeChambeau

Mit Mega-Muckis und wissenschaftlicher Besessenheit zum Erfolg: Bryson DeChambeau verblüfft die Golf-Welt aufs Neue. Ist es der Startschuss für eine Zeitenwende?

Kaum eine Anekdote erklärt so gut wie diese, warum der Typ so schräg ist. Wenn Bryson DeChambeau Autogramme verteilt, dann sind sie kaum bis gar nicht zu lesen.

Nicht etwa, weil der Golf-Shootingstar derart unordentlich zu Werke ginge - das Gegenteil ist der Fall. Eines Tages nämlich hatte DeChambeau beschlossen, mit links zu unterschreiben. Und rückwärts dazu.

Das zu perfektionieren, dürfte ihn Stunden ­gekostet haben und beschreibt den Charakter des 26-Jährigen ziemlich genau: Kurios und eigen, aber auch höchst detailbesessen - und dabei ziemlich erfolgreich.

Wie der 26-Jährige, der am Wochenende die Rocket Mortgage Classic in Detroit gewonnen, gerade auch auf dem besten Weg ist, seinen Sport neu zu erfinden. Wieder einmal. Und optisch diesmal noch unmittelbarer für jedermann sichtbar.

Mehr als 20 Kilogramm Muskelmasse hat der Weltranglisten-Siebte eigenen Angaben zufolge binnen kurzer Zeit zugelegt.

Der zuvor schlank daherkommende Kalifornier wandelt nach eisenhartem Hanteltraining und literweise Eiweiß-Shakes auf den Spuren von Hulk, wie DeChambeaus in Anlehnung an den grünen Comic-Helden mit den überdimensionalen Muskelpaketen wegen seiner neuen Figur inzwischen genannt wird.

DeChambeau mit Muckis und Hirn

Der inzwischen 108 Kilogramm schwere und 1,85 Meter große Mann aus der 200.000-Einwohnerstadt Modesto hat eine regelrechte Körpertransformation hinter sich. "Ich wusste, dass ich alle hinter mir lassen kann, wenn ich anfangen würde, jeden Tag an meinem Körper zu arbeiten", sagt er.

Bei Experten wie Fans wirft das bereits die Frage auf, ob DeChambeau damit ein neues Erfolgsrezept im sonst physisch eher unauffälligen Golfsport gefunden hat: Nämlich neben Hirn auch mit mehr Muckis zum Sieg.

"Es ist ein wenig emotional für mich, weil ich etwas anderes gemacht habe", sagt DeChambeau, der in Detroit für seinen sechsten Sieg auf der US-Tour ein Preisgeld von 1,31 Millionen Dollar kassierte. "Ich habe meinen Körper verändert, meine Einstellung im Spiel geändert. Ich konnte den Sieg erringen, während ich einen völlig anderen Golfstil spielte. Irgendwie war ich heute in meiner eigenen Welt."

Dabei war der "neue Popeye" das ja schon immer. Niemand auf der PGA-Tour drischt den Ball vom Abschlag so weit aufs Fairway wie DeChambeau - mit Schwungtempo von 300 km/h manchmal über die 350-Meter-Marke hinaus, so dass selbst Weltstars wie Tiger Woods oder Rory McIlroy nur ehrfurchtsvoll hinterherschauen.

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Als Schüler Physikbuch abgeschrieben

2016 war er noch ein No Name, doch seit seinem Start auf der PGA-Tour 2017 setzt DeChambeau bisherige Maßstäbe außer Kraft.

Kein Wunder angesichts seines bisherigen Lebenswegs: Schon als Kind mutete der "verrückte Physiker" (Mad Scientist), wie ihn die Konkurrenten wegen seiner Leidenschaft für Biomechanik nennen, und die eher technischen Aspekten des Golfsports, etwas skurril an.

In der Highschool hatte sich DeChambeau einmal ein Physikbuch mit 180 Seiten aus der Bibliothek ausgeliehen - nur um es danach in Gänze abzuschreiben.

"Meine Eltern hätten es mir ja kaufen können, aber sie hatten einfach schon so viel für mein Golf getan, dass ich sie nicht nach einem Buch für 200 Dollar fragen wollte. Außerdem habe ich durch das Abschreiben die Dinge viel intensiver verstanden", so seine lapidare Begründung dazu.

Zirkel für Fahne, Salzwasser für Bälle

Als Teenager liest er die Fachlektüre The Golfing Machine und Vector Putting von H. A. Templeton und beschließt, einen eigenen Golfschwung zu entwickeln, den er "zero shifting motion" nennt.

Seine wissenschaftliche Herangehensweise lässt DeChambeau bisweilen auch schon mal mit der United States Golf Association auf Konfrontation gehen, die Organisation, die mit für die Zulassung von neuen Schlägern und Regeln zuständig ist.

2018 etwa gab es Zoff, weil der 26-Jährige einen Zirkel zu Hilfe nahm, um eine exakte Fahnenposition zu ermitteln. Zwei Jahre zuvor wiederum war ein von DeChambeau eigens konzipierter Schläger, mit dem er frontal zu putten gedachte, für unzulässig erklärt worden.

Inzwischen hat der Technik-Freak, der anders als ­alle seiner Kollegen relativ geradlinig vor- und ­zurückschwingt, derart umfassend an seinem Arbeitsgerät herumgetüftelt, dass alle Schäfte seiner Eisen dieselbe Länge aufweisen - einzigartig in der Welt der Golfprofis.

Selbst die Golfbälle untersucht DeChambeau vor jeder Runde in einer Salzwasserlösung, wie golf.de einmal schrieb.

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Besessen - und Tiger Woods zum Vorbild

Und überdies ist da diese akribische Besessenheit, die den ehemaligen Physikstudenten der Southern Methodist University in Dallas ausmacht.

"Ich bin nicht ­außergewöhnlich talentiert, aber ich gebe alles", sagte DeChambeau bei Golf Digest. "Ich kann überall gut sein, wenn mir ­etwas gut gefällt und ich mich reinhänge. Ich liebe ­Geschichte. Ich liebe die Wissenschaft. Ich liebe Musik. Ich liebe Golf. Ich liebe es zu lernen. Ich liebe das Leben. Ich liebe es zu versuchen, überall der Beste zu sein."

So wie sein großes Vorbild Woods. "Ich glaube, Tiger ist derjenige, der dem kompletten Golf-Verständnis bisher am ­allernächsten gekommen ist", so DeChambeau. "Er war am nächsten dran, wenn es darum geht, wirklich jede ­Situation in der Welt des Golfsports zu verstehen."

Spannende Frage nun, ob auch Tiger Woods demnächst mit deutlich geschwollenerem Bizeps über das Grün schreitet.

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