Im Moment keine Auszahlungen möglich – Athen sucht nach dem Code

Griechenland steht offenbar schneller als erwartet vor akuten Zahlungsproblemen. Um den Staatsbediensteten weiterhin ihre Gehälter zahlen zu können, hat die Regierung die Rentenkassen und andere öffentliche Institutionen – darunter auch Kliniken – aufgerufen, ihre Geldeinlagen an den Staat abzugeben. Auch der kleinste Fehler könne zum Zahlungsverzug führen und eine Pleite auslösen, hieß es. Nur keine Panik, meinte Zentralbank-Chef Yannis Stournaras nach einem dringlichen Treffen mit Ministerpräsident Alexis Tsipras: “Die Banken sind ausreichend kapitalisiert, und ihre Liquidität gewährleistet. Es gibt also kein Problem mit den Einlagen, absolut keines. Jetzt ist es sehr wichtig, dass die nächste Eurogruppe ein Erfolg wird, und wir arbeiten alle daran.” Aus Angst vor einer Pleite hatten viele Griechen in den vergangenen drei Monaten nach Schätzungen der Banken mehr als 22 Milliarden Euro von ihren Konten abgehoben. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker lehnte nach Medieninformationen (“Süddeutsche Zeitung”) die Bitte von Tsipras um ein kurzfristiges Krisentreffen noch am Freitag ab und verwies auf Montag, wenn sich die Euro-Finanzminister in Brüssel treffen. Sie erwarten aus Athen erneut eine Liste zu den Reformversprechen, nun aber konkret mit “Zahlen und Maßnahmen”, wie es aus dem Athener Finanzministerium heißt. Ohne konkrete Vorschläge halten die EU und der Internationale Währungsfonds weitere Hilfszahlungen zurück, die mit dem zweiten Rettungsprogramms für Griechenland verbunden sind – trotz einer im Februar geschlossenen Vereinbarung, das Programm nochmal um vier Monate zu strecken. Der Zeitplan laut Martin Jäger, Sprecher des Finanzministeriums in Berlin: Es gebe eine eindeutige Vereinbarung der Eurogruppe, wonach Griechenland bis Ende April ein detailliertes Reformprogramm vorlegen und es bis spätestens Ende Juni abarbeiten müsse. Danach werde die Umsetzung bewertet. Auch in Brüssel hieß es, vor weiteren Hilfen müsse zunächst eine neue Reformliste von Finanzminister Yanis Varoufakis von den drei Geldgeber-Institutionen überprüft werden. Der griechische Ressortchef habe die Liste mit sechs Reformen an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geschickt. “Wir sind noch einen weiten Weg davon entfernt”, sagte am Freitag nach Medienberichten (dpa) auch ein EU-Verantwortlicher in Brüssel. Rasche Beschlüsse der Eurogruppe seien nicht in Sicht. Der Eurogruppe fehle ein aktueller Überblick zur Liquiditätslage, da Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) ihre Gespräche mit der griechischen Regierung bisher nicht wieder aufgenommen hätten, so ein Diplomat. Fließen können noch 1,8 Milliarden Euro aus dem Programm des Eurolandes sowie zugesagte Zinsgewinne der EZB aus griechischen Anleihen von 1,9 Milliarden Euro. Vom IWF könnten noch 3,5 Milliarden Euro kommen. Die bisherigen Hilfen der Europartner seit 2010 belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Gleichzeitig hat Athen 310 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds überwiesen, die erste Tranche eines Darlehens, das im März ausläuft. Insgesamt muss Athen im März Verpflichtungen im Umfang von gut 6,85 Milliarden Euro erfüllen. su mit dpa