Werbung

Ungewöhnliche Szenen beim Trauermarsch in Moskau: Putin-Gegner vorm Kreml

Still und langsam sind rund 50.000 Menschen zum Andenken an den getöteten russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow durch die Straßen Moskaus gezogen. Zu dem Trauermarsch hatte die Opposition aufgerufen. Sie sieht in dem Attentat einen Anschlag auf sich selbst. “Für mich war Boris Nemzow ein intelligenter und charismatischer Politiker”, sagt Yulia. “Mit seinem Tod starb auch meine Hoffnung für die Zukunft Russlands – in der Menschenrechte geachtet werden und es keine Korruption gibt. Denn das ist die Zukunft, auf die wir alle, die heute gekommen sind, hoffen.” Doch die Menschen sind nicht nur gekommen, um ihre Trauer auszudrücken. Sie unterstützen auch die Ideen Nemzows, der den Einsatz russischer Truppen in der Ostukraine anprangerte. Der Kreml dementiert weiterhin, dass russische Soldaten im Donbass kämpfen. “Nemzow war der Meinung, dass Russland in der Ukraine nichts verloren hat”, so Andrei. “Dass es kein Recht hat, sich in die Innenpolitik des Landes einzumischen – ob heimlich oder ganz offen. Ich unterstützte Nemzows Ansicht und habe deswegen heute die ukrainische Flagge mitgebracht.” Vom historischen Altstadtviertel Kitai-Gorod führte der Marsch auch über die Brücke unweit des Kreml, auf der Nemzow getötet wurde. Es ist ein ungewöhnliches Bild: Kreml- und Putin-kritische Parolen sind zu hören, Transparente bieten der Staatsführung, die für Nemzows Tod verantwortlich gemacht wird, die Stirn: “Wir haben keine Angst” ist zu lesen. Das dieser Tag etwas Besonderes hat, berichtet auch unser Korrespondent Andrei Belkevich in Moskau: “Lange Zeit hat die russische Opposition keine Genehmigung für die für den 1.März geplante Kundgebung erhalten. Letztendlich wurde sie für Marino – ein vom Zentrum weit entferntes Viertel – genehmigt. Doch der Mord an Boris Nemzow hat den russischen Behörden keine Wahl gelassen: Sie mussten den Trauermarsch der Kritiker Wladimir Putins hier in der Innenstadt nahe des Kreml und des Orts, an dem einer der prominentesten Oppositionspolitiker getötet wurde, zulassen”.