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VW: Piëch fährt seinen Job mit Karacho an die Wand

Die Börse atmete nach Ferdinand Piëchs Rückzug erst einmal auf: Die VW-Papiere, die in den vergangenen Wochen verloren hatten, stiegen zeitweise mehr als 5 Prozent. Aufsichtsratschef Piëch hatte sich keine Verbündeten gesucht, bevor er seinen Angriff auf Vorstandschef Martin Winterkorn startete. Ihm werden eine falsche Modellpolitik für den US-Markt angelastet, eine fehlende Kleinwagen-Strategie und zu wenig Rendite. Der gelernte Maschinenbauer Piëch wird in der Branche auf einer Stufe gestellt mit Henry Ford, Eiji Toyoda und auch mit seinem eigenen Großvater Ferdinand Porsche. In 50 Jahren Arbeit in der Autobranche brachte er Audi auf Augenhöhe mit Mercedes-Benz und BMW und führte den Volkswagen-Konzern erst mit umfangreichen Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen wieder in die Gewinnzone und dann mit Bentley, Scania und MAN – fast – an die Weltspitze. Schwächen? Ja. Er ist bekennender Legastheniker. Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach: “Dieses Machtvakuum muß jetzt erstmal ausgehalten werden und es muss sich in den nächsten Jahren ein neues Machtgleichgewicht entwickeln. Da wissen wir – Stand heute – noch nicht wie das ausgehen wird. Aber es ist sicherlich ein Machtgleichgewicht ohne die starke Position von Piëch im Vordergrund. Man muss sehen ob er sich dann als graue Eminenz gibt oder sich möglicherweise vollständig zurück zieht.” Wie es weitergeht? Fest steht bislang nur, dass Piëchs bisheriger Stellvertreter, Berthold Huber, bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Aufsichtsrates übernimmt. Anfang Mai tagen die VW-Gremien. Huber wird auch die Aufsichtsratssitzung am 4. Mai und die Hauptversammlung am 5. Mai leiten. Bisher hatte Vorstandschef Martin Winterkorn als Piëchs logischer Nachfolger gegolten – das gilt in der Branche aber längst nicht mehr als ausgemacht. Piëch war am Samstag zurückgetreten, nachdem er mit seinem Versuch gescheitert war, Winterkorn aus dem Amt zu drängen. (“Ich bin auf Distanz zu Winterkorn”). Unter anderem hatte er versucht, die Familien Porsche und Piëch von Porsche-Chef Matthias Müller oder Skoda-Chef Winfried Vahland als neuem VW-Chef zu überzeugen. Über die Beteiligungsgesellschaft Porsche SE halten die Familien rund 50,7 Prozent an Volkswagen und sitzen mit fünf Mitgliedern im Aufsichtsrat. Im Gegensatz zu den im Dax notierten Vorzugsaktien haben diese Papiere Stimmrecht. An der PSE-Holding wiederum hält Ferdinand Piëch gut 13 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien. Gemessen am Börsenwert der Porsche SE von zuletzt knapp 27 Milliarden Euro sind Piëchs Anteile knapp 1,8 Milliarden Euro wert. Auch Piëchs Ehefrau Ursula gibt nun ihr Mandat in dem Kontrollgremium ab. Die Volkswagen Aktiengesellschaft ist der größte europäische Automobilhersteller und nach Toyota der zweitgrößte weltweit mit 202,5 Milliarden Euro Umsatz und knapp 600.000 Mitarbeitern. su mit dpa