„Vielen Dank an den ersten Patienten für seinen Mut“ - Ärzte bewahren Mann durch Titanherz-Transplantation vor dem Tod

Das Total Artificial Heart von BiVACOR, einem Unternehmen, das Medizingeräte herstellt.<span class="copyright">Houston Chronicle via Getty Imag</span>
Das Total Artificial Heart von BiVACOR, einem Unternehmen, das Medizingeräte herstellt.Houston Chronicle via Getty Imag

Erstmals haben Ärzte einem Menschen ein Herz aus Titan implantiert. Acht Tage lang hielt das metallene Herz mit einem magnetisch schwebenden Rotor den 58-jährigen Patienten aus den USA am Leben, ehe er ein menschliches Spenderherz bekam. Die Ärzte sprechen von einem „bahnbrechenden“ Ereignis.

Ein Herz aus Metall erfordert Nerven aus Stahl. Nicht nur bei den Ärzten, die es implantieren, sondern auch bei dem Menschen, der es eingesetzt bekommt. Dieses Prozedere wurde am 9. Juli 2024 getestet – und das mit Erfolg:

Wie das Texas Heart Institute jetzt berichtet, wurde zum ersten Mal in der Geschichte einem Menschen ein Kunstherz aus Titan eingesetzt. Bei dem Eingriff implantierten Ärzte des Baylor St. Luke’s Medical Center in Houston (USA) einem 58-jährigen Patienten mit drohendem Herzversagen vorübergehend eine Blutpumpe aus Metall, die die Herzfunktion bis zum Erhalt eines Spenderherzens am Laufen hält. Acht Tage später wurde tatsächlich ein Spenderherz verfügbar und in einer weiteren OP tauschten die Ärzte das auch Total Artificial Heart (TAH) genannte Titanherz gegen ein echtes aus.

Der Medizingeräte-Hersteller BiVACOR hatte das TAH gemeinsam mit dem Krankenhaus und dem Texas Heart Institute im Rahmen einer Studie der US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel entwickelt. Das Kunstherz soll eine überbrückende Behandlungsoption für Patienten sein, die an einer Herzschwäche einer oder beider Herzkammern im Endstadium leiden und Unterstützung brauchen, während sie auf ein Spenderherz warten. Wie BiVACOR erklärt, kann das Titanherz nach der Entfernung der beiden Herzkammern „die Funktion des eigenen Herzens vollständig ersetzen“.

Titanherz als Überbrückung für Patienten mit drohendem Herzversagen: So funktioniert es

Das TAH besteht aus zwei getrennten Pumpenkammern. Dazwischen befindet sich ein drehendes Teil (Rotor), das auf beiden Seiten Antriebsräder hat. Die Kammern heben den Rotor magnetisch an, wodurch er Blut aus den Kammern in den Lungen- und den Körperkreislauf pumpt. Durch das magnetische Anheben des Rotors arbeitet das robuste und im Körper gut verträgliche Titanherz nach Angaben von BiVACOR stabil und ohne Reibung oder mechanischen Verschleiß.

Ein kleiner externer Controller steuert die Pumpleistung und passt sich an die Aktivität des Patienten sowie den Bedarf an Herzleistung an. Das tragbare Gerät tritt über den Magen aus.

„Bahnbrechende Implantation eines künstlichen Herzens“

Die erste Implantation beim Menschen sei nun „wie erwartet ohne Komplikationen verlaufen“, erklärte Alexis Shafii, chirurgischer Direktor der Herztransplantation am Baylor St. Luke's Medical Center in einer Pressemitteilung . „Klinisch hat das Gerät sehr gut funktioniert.“

Der Hauptautor bewertete den Erfolg der ersten klinischen Studie am Menschen naturgemäß wesentlich enthusiastischer. „Das Texas Heart Institute ist begeistert über die bahnbrechende erste Implantation von BiVACORs künstlichem Herzen“, erklärte Joseph Rogers, Präsident und CEO des Texas Heart Institute. „Während Herzversagen weltweit nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen ist, stellt das TAH ein Leuchtfeuer der Hoffnung für zahlreiche Patienten dar, die auf eine Herztransplantation warten.“

Er sei stolz darauf, gemeinsam mit den anderen mitwirkenden Institutionen an der „Spitze dieses medizinischen Durchbruchs“ zu stehen.

„Ohne den Mut unseres ersten Patientens wäre das nicht möglich gewesen“

Auch Daniel Timms, Gründer und Technischer Direktor von BiVACOR, zeigte sich hochzufrieden. Sein Dank gelte neben den Kooperationspartnern auch dem 58-Jährigen. „Diese Errungenschaft wäre nicht möglich gewesen ohne den Mut unseres ersten Patienten und seiner Familie“, sagt Timms.

Nach der erfolgreichen ersten Transplantation werden vier weitere Patienten mit schwerer Herzschwäche an der Studie teilnehmen.

An welchen Symptomen Sie eine Herzschwäche erkennen

In Deutschland leiden zahlreiche Menschen unter einer Herzschwäche. Die Zahlen schwanken zwischen 2,5 und 4 Millionen Betroffenen. Männer sind laut „Herzbericht“ zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr am stärksten gefährdet, Frauen zwischen dem 70. und 75. Lebensjahr.

Symptome variieren je nach Stadium:

  • Stadium 1: keine Einschränkungen oder Beschwerden bei körperlicher Belastung

  • Stadium 2: keine Beschwerden bei geringer Anstrengung, aber Atemnot oder Herzrhythmusstörungen bei körperlicher Belastung wie Treppensteigen oder Bergaufgehen

  • Stadium 3: keine Beschwerden bei Ruhe, aber Atemnot und Herzrhythmusstörungen bei geringer Belastung wie Spazierengehen oder Hausarbeit

  • Stadium 4: Beschwerden wie Luftnot bei Ruhe, Bettlägerigkeit

Weitere Symptome:

  • Wassereinlagerungen, Ödeme vor allem in den Füßen und Knöcheln

  • dadurch Gewichtszunahme

  • beschleunigter Puls und Atem

  • Husten, Rasselgeräusche beim Atmen

  • kalte Finger, Füße, Beine

  • nächtlicher Harndrang

  • Schwindelgefühl

Herzschwäche-Schnellcheck: Diese Fragen sollten Sie sich stellen

Da sich eine Herzschwäche häufig schleichend entwickelt – beispielsweise nach anderen Erkrankungen – ist es wichtig, Veränderungen genau wahrzunehmen. Ein einfacher Schnellcheck der Schweizerischen Herzstiftung mit acht Fragen hilft Ihnen herauszufinden, ob Sie zum Arzt gehen sollten:

  1. Ermüden Sie rasch? Ja/Nein

  2. Befällt Sie immer wieder Atemnot – bei Belastung oder auch schon in Ruhe? Ja/Nein

  3. Erwachen Sie nachts mit Atemnot? Ja/Nein

  4. Haben Sie einen erhöhten Blutdruck oder haben Sie einen Herzinfarkt erlitten? Ja/Nein

  5. Müssen Sie nachts häufig Wasser lassen? Ja/Nein

  6. Beträgt Ihr Puls mehr als 90 Schläge pro Minute? Ja/Nein

  7. Ist Ihnen angenehmes Schlafen nur in halbsitzender Position – eventuell mit vielen Kissen – möglich? Ja/Nein

  8. Haben Sie Wasser in den Beinen und/oder haben Sie an Gewicht zugenommen, ohne mehr zu essen? Ja/Nein

Wenn Sie mehr als zwei Fragen mit „Ja” beantwortet haben, sollten Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt aufsuchen und auf das Thema Herzschwäche ansprechen.