Vier CBD-Mythen: Was der Cannabis-Wirkstoff kann — und was nicht

Der nicht psychoaktive Cannabis-Wirkstoff CBD wird häufig als Allheilmittel angepriesen. Allerdings gibt es viele Mythen rund um die Pflanze.

CBD ist kein Allheilmittel. (Bild: Getty Images)
CBD ist kein Allheilmittel. (Bild: Getty Images)

Cannabidiol oder auch CBD ist eine der bekannteren Cannabisverbindungen. Insbesondere ist es dafür bekannt, dass es nicht high macht, im Gegensatz zu dem Wirkstoff THC, der einen Rausch verursacht. Allerdings wissen wir noch nicht viel über CBD. Das schafft Pseudo-Wissenschaftlern mehr Raum zur Verbreitung falscher Behauptungen.

Es ist daher nicht ganz einfach, den Überblick zu behalten. Hier erfahrt ihr alles, was ihr über einige verbreitete Mythen rund um CBD wissen solltet:

Cannabis schützt wahrscheinlich nicht vor einer Covid-19-Infektion

Zwei US-Studien, die ergaben, dass zwei Cannabinoide helfen sollten, Corona-Infektionen oder zumindest schwere Verläufe zu verhindern, haben vor kurzem einen regelrechten Hanf-Hype rund um den Globus verursacht.

Aber Marihuana-Konsumenten sollten sich nicht zu früh freuen. Denn für Menschen seien die Studien noch nicht repräsentativ genug, sagen Experten derzeit. In beiden Untersuchungen wurden Covid-Infektionen in Laborumgebungen simuliert: Eine Studie ergab, dass einige Cannabismoleküle sich an das Spike-Protein des Virus binden und es daran hindern, in menschliche Zellen einzudringen. In einer anderen Studie wurde die Infektion in menschlichen Lungenzellen sowie in lebenden Mäusen simuliert.

Obwohl CBD eine Vermehrung der Viruszellen anscheinend hemmt und so einen schweren Covid-19-Verlauf bei Mäusen verhindert, bedeute das nicht, dass es beim Menschen die gleiche Wirkung erzielt. „Nach aktuellem Wissenstand müsste man 22 Kilogramm CBD essen, damit es wirkt – wir haben noch keine Ahnung, ob es als Medizin anschlagen würde“, sagte etwa Peter Grinspoon, ein Arzt und Cannabis-Spezialist, der an keiner der beiden Studien beteiligt war, im Gespräch mit Business Insider.

CBD ist kein Allheilmittel

Die Behauptungen über die Vorteile von CBD übertreffen die Anzahl der Studien bei weitem, besonders in den USA. Ein Grund ist, dass die US-Regierung bis 2019 ein Patent auf nicht psychoaktive Cannabinoide besaß, sagte Heather Mainus, Gründerin des Cannabis Nurses Network, zu Business Insider. Die Bundesbehörden hatten damit das therapeutische Potenzial von Cannabinoiden zwar anerkannt. Aber bis vor kurzem konnte niemand sonst ihre möglichen entzündungshemmenden, antioxidativen oder neuroprotektiven Wirkungen erforschen.

Daher kommen dort CBD-Arzneimittel nur schleppend auf den Markt. Die US-Bundesbehörde für Lebens- und Arzneimittel (FDA) hatte 2018 erstmals Epidiolex in den USA zugelassen – ein Fertigarzneimittel, das gegen seltene Formen von Epilepsie verordnet wird. Es gibt auch erste Hinweise darauf, dass CBD bei Angstzuständen und Suchtverhalten helfen kann. Aber die meisten der Studien wurden bisher nur an Tieren oder an kleinen Stichproben beim Menschen durchgeführt.

In Kombination mit seiner psychoaktiven Schwester THC hat CBD auch das Potenzial, chronische Schmerzen bei Menschen mit Multipler Sklerose und Krebs im Endstadium zu lindern – aber auch hier muss noch mehr geforscht werden, um die richtige Dosierung zu bestimmen und sichere Verfahren zu etablieren.

Pures CBD-Isolat ist nicht per se besser

Manche Cannabis-Rookies entscheiden sich vielleicht für ein sogenanntes CBD-Isolat – reines CBD, das in einem Labor so lange verfeinert wird, bis keine Spur von THC mehr vorhanden ist. Einige haben Angst, high zu werden, andere fürchten das Risiko, bei einem Drogentest durchzufallen. Es stimmt zwar, dass selbst ein CBD-Produkt mit 0,3 Prozent THC einen positiven Drogentest verursachen könnte. Aber es ist höchst unwahrscheinlich, dass CBD-Isolat eine psychoaktive Wirkung hat.

CBD wirkt jedoch am besten, wenn es mit THC oder anderen Verbindungen aus der Cannabispflanze kombiniert wird. Es gibt mehr als 120 verschiedene Cannabinoide und einige weniger bekannte Terpene, die aus der Cannabispflanze extrahiert werden können, entweder als isolierte Tinkturen oder als Cannabinoid-Cocktail. Eine Überprüfung von Studien aus dem Jahr 2020 ergab, dass diese Elemente am besten wirken, wenn sie miteinander kombiniert werden, was oft als „Entourage-Effekt“ bezeichnet wird.

Heather Mainus bevorzuge allerdings den Begriff „Ensemble-Effekt“ und vergleiche CBD und andere Cannabinoide mit den Musikern eines Orchesters. Ein CBD-Isolat wird demnach als einziger Bläser eines Ensembles im Orchester verstanden: Um die volle Wirkung zu entfalten – eine Symphonie – brauche das CBD die anderen Bläser im Einklang.

Einige Produkte mit der Bezeichnung „Breitspektrum“ enthalten zwar mehrere Cannabinoide, aber auch hier wurde das THC entfernt. Dabei kann THC den nicht-psychoaktiven Cannabinoiden wie CBD den nötigen Schub geben. „Das breite Spektrum könnte so etwas sein wie Bläser, Blechbläser und Streicher. Aber vielleicht fehlen die Schlaginstrumente, sodass der Beat nicht mithalten kann“, sagte Mainus. „Das volle Spektrum ist wie ein ganzes Orchester, in dem alle Instrumente im Einklang miteinander spielen, um eine wunderschöne Harmonie zu erzeugen.“

Mit einer einzigen CBD-Dosis kommt ihr nicht weit

Ein einziger CBD-Fruchtgummi schmeckt daher zwar gut, aber wird wenig bis keine Wirkung erzielen. Es sei denn, der Placebo-Effekt kommt zum Einsatz. So sagte Vince Sanders, Gründer von „CBD American Shaman“, dass einer der häufigsten Fehler, den Menschen mit rezeptfreien Cannabinoiden machten, darin bestehe, sie nicht regelmäßig einzunehmen.

„Wenn ihr [CBD] richtig einnehmt, das heißt, mindestens zweimal am Tag, morgens und abends – sorgt es für ein angenehmes Gleichgewicht im Körper“, so Sanders zu Insider. „Viele Menschen, die unter Stress und Angstzuständen leiden, erleben bei regelmäßiger Einnahme von CBD einen massiven oder gar gänzlichen Rückgang.“

Cannabis wirkt auf das Endocannabinoid-System, mit dem der Körper ein natürliches Gleichgewicht aufrechterhält. Konsumenten müssen eine bestimmte Menge an CBD oder THC im Körper aufbauen, um eine Wirkung zu bemerken. Sobald dies der Fall ist, könne die Wirkung enorm sein, so Mainus. „Cannabis ist zwar kein Allheilmittel“, sagte sie. „Aber es kann die Kommunikation zwischen den Körpersystemen anregen und helfen, diese zu regulieren.“

Dieser Artikel wurde zuletzt am 14. Februar 2022 aktualisiert. Er wurde am 8. Februar 2022 veröffentlicht.

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