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Viktor Orban Auftaktredner beim Kongress der Rechtskonservativen in Texas

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat mit einer aggressiven Rede einen rechtspopulistischen Kongress der US-Republikaner in Texas eröffnet, bei dem am Wochende auch der weltweit umstrittene Politiker und Unternehmer Donald Trump, ein abgewählter Präsident der USA, auftreten wird. Dabei trommelte Orban rhetorisch gegen Freiheit und Gleichberechtigung ("mehr Ranger, weniger Drag Queens"). Außerdem verurteilte er - ganz im Sinne des russischen Herrschers Putin - den westlichen Konsens in Sachen Ukraine und forderte direkte Ukraine-Gespräche zwischen Moskau und Washington statt weiterer Waffenlieferungen zur Selbstverteidigung der von Russland attackierten Ukraine.

Das weit rechtsaußen verortete Event nennt sich "Conservative Political Action Conference", kurz CPAC, ein regelmäßiges Treffen, das in der Vergangenheit meist als "rechtskonservativ" bezeichnet wurde, seit der "Übernahme" der Republikaner-Partei durch Trump aber zu einem Sammelbecken religiöser Fundamentalisten, Verschwörungstheoretiker und anderer extrem rechts situierter Randgruppen verkommen ist. Gemäßigte Republikaner kommen kaum noch zu diesem Meeting, das ursprünglich als Ort des konservativen Gedankenaustauschs konzipiert war, nun aber meist der Selbsbestätigung populistischer Feind-Freund-Schemata dient. An die Stelle eines freien, offenen Redens und Überlegens ist vermehrt rhetorisches Keilen getreten, mit dem Wagenburgmentalität und teilsweise auch demokratiefeindliche Strömungen befördert werden.

Falschbehauptungen

Dass in diesem Zusammenhang als Hauptgastredner aus dem Ausland ausgerechnet Viktor Orban als Eröffnungsredner eingeladen wurde, ist bezeichnend für dieses Abdriften der US-amerikanischen Konservativen in immer rechtere, immer extremere, immer populistischere Gewässer. Daheim in Ungarn hat Orban in den vergangenen Jahren Demokratie und Rechtsstaat unterminiert, die ungarische Medienlandschaft wurde von ihm "umgebaut", das Land gilt als Sumpf der Korruption, der Konflikt mit der Europäischen Union verschärft sich. Auch als Gastredner in Texas operierte Orban mit Falschbehauptungen wie: Liberalismus und Kommunismus seien dasselbe.

In Bezug zum Ukraine-Krieg übernahm Orban Denkfiguren des Kremlherrschers Wladimir Putin. Der russische Autokrat strebt bereits seit längerem eine Aufteilung Europas in Einflusszonen an, souveräne Selbstbestimmung und staatliche Unabhängigkeit stören ihn dabei (cf: Ukraine, Georgien, Moldau), beabsichtigt wird offenbar ein amerikanisch-russisches Abkommen wer-wo-was zu sagen hat auf dem europäischen Kontinent. Orban, der bereits verschärfte EU-Sanktionen gegen Kreml-Günstlinge verhindert hat und auch bei Öl- und anderen Sanktionen regelmäßig auf die Bremse tritt, verschob in seiner Texas-Rede die Realität, indem er dem Westen eine Mitverantwortung für die Eskalation in der Ukraine zuschrieb, eine Verkehrung der Tatsachen und faktische Übernahme des Putin-Narrativs.

Um derartige Falschbehauptungen innenpolitisch mehrheitsfähig zu machen, verwebt Orban - auch dies ein rhetorischer Trick, denn der ungarische Regierungschef gerne und oft verwendet - derartige Aussagen mit einem ihm liebgewordenen Anti-Migrationsdiskurs, wie er in Ungarn mittlerweile in weiten Kreisen der Bevölkerung allgegenwärtig ist.

Washington und Moskau sollen über Ukraine verhandeln - sagt Orban

Orban in Texas: "Der Angriff Russlands gegen die Ukraine hat bis jetzt fast eine Million Flüchtlinge nach Ungarn gebracht. Derzeit kommen jeden Tag über 10.000 Flüchtlinge. Die meisten dieser Flüchtlinge planen nach Europa weiterzureisen. Aber eine Million Ankömmlinge in einem Land mit zehn Millionen Einwohner sind eine ganze Menge. Meiner Auffassung nach eskaliert und verlängert die Strategie der globalen Führer den Krieg und verringert die Chance für Frieden. Ohne (direkte) amerikanisch-russische Gespräche wird es niemals Frieden geben in der Ukraine."

Umjubelt von der extremen Rechten wetterte Orban des weiteren gegen freiheitliche Werte und bediente sich dabei aus dem Vokabular der Nationalsozialisten: Hatte Hitlers Propaganda-Chef Goebbels 1943 bei seiner berüchtigten Sportpalastrede das Wort vom "totalen Krieg" in die Welt gesetzt, so verwendete Orban nun die Wortschöpfung "totale Verteidigung". Man brauche "mehr Ranger und weniger Drag-Queens". Den Liberalismus müsse man, so Orban weiter in kriegerischem Gepolter, "besiegen".

Wenige Tage vor seiner Reise in die USA hatte Orban weltweit für Schlagzeilen gesorgt, indem er sich beim Sommertreffen seiner rechtspopulistischen Fideszpartei gegen Rassenmischung ausgesprochen hatte. In Nazi-Spreche warf Orban den "europäischen Völkern" im Westen vor, sich "mit den Ankömmlingen von außerhalb Europas zu vermischen". Diese "gemischtrassige Welt", so Orban, sei nicht seine Welt. Hinzu kam ein extrem verstörender, auf den Holocaust anspielender "Gas-Witz" Orbans. Trotzdem kamen von US-republikanischer Seite kaum Proteste gegen die Einladung Orbans zum CPAC-Treffen in Texas.

Orbans Stärke bezieht sich teilweise aus seiner erstaunlichen rhetorischen Fähigkeit, unterschiedlichste Themen zu vermengen und dadurch wechselseitig mit negativer Bedeutung aufzuladen, man könnte es den "Giftsuppen-Trick" nennen. Man nehme einen sehr, sehr großen Suppentopf, fülle ihn mit allgemeiner Unzufriedenheit und dem Gefühl des Zukurzkommens, anschließend werfe man Wortschnipsel gegen angeblich "linke Medien" hinein, reichere das Gebräu mit Getöse gegen gleichgeschlechtliche Liebe an, rühre ordentlich viel Migrations-Ressentiment hinein und vergesse nicht, den Kopf des großen, bösen Wolfs George Soros (ein humanistischer Großspender, der sein Vermögen für eine offene Gesellschaft und die Stärkung demokratischer Werte einsetzt - und Orban deshalb ein Dorn im Auge ist)...

Orbans Leitideologie ist eine krude Form des "Anti-Liberalismus". Das komplette Orban-Zitat: "Wenn jemand Zweifel hat, ob progressive Liberale und Kommunisten dasselbe sind, fragt einfach uns Ungarn. Sie sind das Gleiche. Also müssen wir sie wieder besiegen." Globalisierungsbefürworter könnten zur Hölle fahren, er, Orban, fahre nach Dallas. Ein Bonmot, das von Orbans Anhängerschaft in den so genannten "sozialen Medien" massenhaft geteilt wurde. Orban verwendete auch den Begriff "Kulturkrieg".