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Volksverhetzung: Staatsschutz ermittelt wegen AfD-Malbuch

Satirefreiheit oder Volksverhetzung? Mit dieser Frage setzt sich in den kommenden Tagen die Staatsanwaltschaft Krefeld und der Staatsschutz in Nordrhein-Westfalen auseinander. Der Grund: Ein Malbuch der AfD mit rassistischen Motiven.

Dieses Malbuch wurde Berichten zufolge auf einer AfD-Veranstaltung in Krefeld verteilt (Bild: Andreas Bischof/dpa)
Dieses Malbuch wurde Berichten zufolge auf einer AfD-Veranstaltung in Krefeld verteilt (Bild: Andreas Bischof/dpa)

Während eines „Bürgerdialogs“ der nordrhein-westfälischen AfD-Landtagsfraktion in Krefeld wurden laut Medienberichten „Malbücher“ mit fremdenfeindlichen Motiven verteilt. Eine Polizeisprecherin teilte mittlerweile mit, dass in der Sache Anzeige erstattet worden sei und der Staatsschutz wegen Volksverhetzung ermittle. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft verfolge die Angelegenheit.

Zuerst berichtet hat die Westdeutsche Zeitung über den Vorfall. Demnach habe die AfD auf der Veranstaltung am Montagabend ein Buch an die rund 80 Besucher verteilt, das den Titel trage: „Nordrhein-Westfalen zum Ausmalen“, als Zeichner der Schwarz-Weiß-Bilder sei „Roberto Obscuro“ angegeben, als Herausgeber laut Impressum die AfD-Landtagsfraktion NRW.

Zahlreiche Motive sind in den sozialen Medien gelandet

Im Innenteil finden sich rassistische und fremdenfeindliche Darstellungen, die Westdeutsche Zeitung hat Fotos davon veröffentlicht, auch auf Twitter finden sich Fotos. Auf einem ist ein überfülltes Freibad zu sehen: Im Becken stehen zahlreiche Männer mit Knochen im Haar und großem Ohrschmuck, einer hält ein Bikini-Oberteil in der Hand. Aus dem Becken flüchten Frauen. Daneben baden vollverschleierte Figuren, Fischgräten schwimmen im Wasser, eine Sonne weint am Himmel, am Bildrand ist ein gerecktes Messer zu sehen. Überschrieben ist die Illustration mit: „Wir baden das aus!“

Ein zweites Motiv zeigt einen brodelnden Kessel, der auf einem Holzfeuer steht. Im Kessel werden die Buchstaben NRW gekocht. Ein drittes Motiv zeigt einen chaotischen Autokorso, in dem die Fahrer alle mit Waffen in die Luft zielen. Auf allen Fahrzeugen sind ein Halbmond und ein fünfzackiger Stern, die wohl die türkische Nationalflagge darstellen sollen, gezeichnet.

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Der Oberstaatsanwalt Krefelds, Axel Stahl, wollte der Westdeutschen Zeitung am Dienstag noch keine Einschätzung zum Sachverhalt geben, mit einem Ergebnis der Untersuchung sei erst in den kommenden Tagen zu rechnen.

Entsetzte Reaktionen vor Ort

Anwesende des „Bürgerdialogs“ am Montagabend reagierten auf das Malbuch entsetzt, wie eine Journalistin, die vor Ort war, auf Twitter schreibt. Demnach habe eine Zuschauerin gefragt, ob das Buch ernsthaft für Kinder sei. Die Antwort der anwesenden AfD-Landtagsabgeordneten Gabriele Walger-Demolsky: „Das ist für Erwachsene.“ Auf die Nachfrage, dass das Buch im Vorwort explizit Kinder anspreche, folgte die Antwort, das Buch sei noch druckfrisch, man wisse es jetzt nicht so genau.

In der Folge veröffentlichte die NRW-AfD eine Stellungnahme auf ihrer Homepage. Das Werk sei demnach angelehnt an ein Malbuch für Erwachsene. Den Vorwurf des Rassismus beantwortete die AfD mit der Kunst- und Satirefreiheit.

Damit kennt sich die AfD aus, denn laut einer umfassenden Recherche von ARD und Süddeutsche Zeitung hat die Neue Rechte regelmäßig versucht, parlamentarisch gestützt durch die AfD, auf die Kunst- und Kulturwelt Einfluss zu nehmen. Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Die Akteure aus dem rechten und rechtsextremen Milieu und ihre Mittel sind unterschiedlich. Was sie verbindet, ist die Aversion gegen ein weltoffenes, liberales Kulturleben und der Versuch, Kunstinstitutionen zu diskreditieren.“

Satirefreiheit, Jugendschutz, Volksverhetzung

Prinzipiell ist eine Freiheit der Satire gegeben. Sie stellt unter anderem sicher, dass Inhalte veröffentlicht werden dürfen. Sie schützt aber nicht vor einer nachträglichen Beurteilung fragwürdiger Inhalte durch Gerichte. Die wägen ab zwischen der Satire-, Meinungs- oder Pressefreiheit auf der einen und der Menschenwürde oder dem Tatbestand der Volksverhetzung auf der anderen Seite.

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Da sich das Malbuch laut Vorwort wohl an Kinder richtet, könnte auch der missachtete Jugendschutz greifen. Laut jugendschutz.net, einem Kompetenzzentrum von Bund und Länder für den Schutz von Kindern und Jugendlichen, gehe es bei einer jugendschutzrechtlichen Bewertung nie um die Qualität eines Witzes oder der Frage, ob aus der subjektiven Sicht des Betrachters die Grenzen des guten Geschmacks überschritten sei. Vielmehr sei leitend, ob aus der Darstellung eines Inhalts Gefährdungen oder Beeinträchtigungen für Kinder und Jugendliche erwachse.

Findet eine Distanzierung zu rechtsextremer Ideologie statt?

So sind laut jugendschutz.net folgende Fragen zu beantworten: „Was steht im Vordergrund: eine Propagierung von menschenverachtenden Einstellungen oder eine kritische Auseinandersetzung? Ist eine rechtsextreme/rassistische Grundhaltung des Autors erkennbar?” Und auch: „Findet eine tatsächliche Distanzierung von rechtsextremer Ideologie statt?“

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