Vorläufiges Ergebnis: Keine Mehrheit von CDU mit BSW und SPD in Thüringen

Ein Bündnis von CDU mit BSW und SPD hat nach der Landtagswahl in Thüringen keine Mehrheit. Nach dem von der Landeswahlleitung in Erfurt veröffentlichten vorläufigen Ergebnis kamen die drei Parteien auf 44 von insgesamt 88 Sitzen. (Ronny HARTMANN)
Ein Bündnis von CDU mit BSW und SPD hat nach der Landtagswahl in Thüringen keine Mehrheit. Nach dem von der Landeswahlleitung in Erfurt veröffentlichten vorläufigen Ergebnis kamen die drei Parteien auf 44 von insgesamt 88 Sitzen. (Ronny HARTMANN)

Mit der AfD hat in Thüringen erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine in Teilen rechtsextremistische Partei eine Landtagswahl gewonnen. Ein Bündnis von CDU mit BSW und SPD hat nach dem am Sonntagabend in Erfurt von der Landeswahlleitung veröffentlichten vorläufigen Ergebnis keine Mehrheit. Damit steht Thüringen abermals vor einer äußerst schwierigen Regierungsbildung.

CDU, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD kommen im neuen Landtag auf 44 der insgesamt 88 Sitze, wodurch ihnen ein Mandat zur Mehrheit fehlt. Rein rechnerisch würden dagegen CDU, BSW und Linkspartei über die nötige Zahl von Mandaten verfügen. Dem steht aber ein 2018 auf einem CDU-Bundesparteitag beschlossenes Kooperationsverbot mit den Linken entgegen.

Dem vorläufigen Ergebnis zufolge erzielte die von Björn Höcke geführte AfD, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, 32,8 Prozent. Das sind 9,4 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2019. Höcke erhob Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung, was ihr von den anderen Parteien allerdings verwehrt bleiben dürfte.

Die CDU erreichte 23,6 Prozent und verbesserte ihr Ergebnis damit um 1,9 Punkte, das BSW zieht mit 15,8 Prozent der Stimmen erstmals in den Landtag ein. Die Linke verliert 17,9 Prozentpunkte und erzielt 13,1 Prozent. Die SPD erhält 6,1 Prozent der Stimmen und damit 2,1 Punkte weniger als vor fünf Jahren. Grüne und FDP sind mit 3,2 Prozent beziehungsweise 1,1 Prozent nicht mehr im Landtag vertreten.

Neben der AfD mit 32 Sitzen ist die CDU künftig mit 23 Abgeordneten im Landtag vertreten. Das BSW erhält 15 Sitze, die Linke zwölf Sitze, und die SPD zieht mit sechs Abgeordneten in den Landtag ein.

29 der AfD-Abgeordneten ziehen über Direktmandate ins Parlament ein, bei der CDU gewannen elf Bewerber ihre Wahlkreise, bei der Linken vier. AfD-Landeschef Höcke unterlag in seinem Wahlkreis dem CDU-Kandidaten Christian Tischner. Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt verpasste ebenfalls knapp das Direktmandat und unterlag Wiebke Muhsal von der AfD. Der amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gewann dagegen sein Direktmandat in seinem Erfurter Wahlkreis.

Die Wahlbeteiligung lag mit 73,6 Prozent deutlich höher als im Jahr 2019 mit 64,9 Prozent. Der Landeswahlausschuss wird das endgültige Ergebnis am 12. September feststellen.

Für eine Regierungsbildung müssen die Parteien im Erfurter Landtag nun neue Wege gehen, weil keine der bislang auf Ebene der Bundesländer erprobte Koalitionsoptionen dort eine Mehrheit hätte. Der bisherige Ministerpräsident Ramelow, dessen rot-rot-grüne Minderheitsregierung klar abgewählt wurde, kündigte an, er werde die Bildung einer demokratischen Regierung ohne AfD unterstützen.

Der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte seine Partei auf, den Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei aufzuheben. "Es ist absurd, dass es diesen Beschluss gibt und man mit der pragmatischen Linken nicht zusammenarbeiten will", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) (Montagausgaben). "Die Wahrheit ist doch, dass die Linke in Ostdeutschland in großen Teilen eine konservative Sozialdemokratie ostdeutscher Prägung ist."

Der Chef der Thüringer Staatskanzlei, Benjamin Hoff (Die Linke), fordert die CDU ebenfalls zur Zusammenarbeit mit der Linken auf. "Wir haben stets betont, dass demokratische Parteien miteinander gesprächs- und verhandlungsfähig sein müssen", sagte er dem RND. "Die nötigen Schlüsse zu ziehen, obliegt nun der CDU."

Am Wahltag gab es in zahlreichen Thüringer Städten zu Versammlungen, insbesondere in der Landeshauptstadt Erfurt, aber unter anderem auch in Jena, Eisenach und Gotha. Nach Angaben der Landespolizeidirektion wurden bis Sonntagabend elf Strafanzeigen mit insgesamt 60 Tatverdächtigen aufgenommen. Den Schwerpunkt bildeten demnach Verstöße gegen das Versammlungsgesetz durch 30 Personen, die sich während einer Demonstration in Erfurt vermummten.

Vereinzelt sei es zu kleineren Störungen gekommen, die den Ablauf der Wahl jedoch zu keiner Zeit behinderten. Die Thüringer Polizei wurde demnach von Beamten aus Brandenburg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Hessen sowie Mecklenburg-Vorpommern unterstützt.

hex/mt