VW, Mercedes, BMW, Tesla, Opel, Ford - Tausende Stellen fallen weg: So tief steckt die Autoindustrie in der Krise

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Beschädigte Logos der Autobauer Mercedes, BMW, VW und Audi (Symbolbild)dpa

Rund 900.000 Menschen arbeiten in Deutschland in der Autoindustrie – noch. Viele werden in den kommenden Jahren wegfallen und nicht alle lassen sich ersetzen. Besonders Zulieferer spüren die Krise jetzt schon.

Die Nachricht, dass Volkswagen##chartIcon über Werksschließungen in Deutschland nachdenkt, hat vergangene Woche hohe Wellen geschlagen. Dabei ist Deutschlands größter Autokonzern nur die Spitze des Eisberges. Die gesamte Branche steckt in einem tiefen Wandel. Auf der einen Seite hinkt der Absatz: Im August wurden in Deutschland 197.000 Pkw neu zugelassen, 28 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Bei Elektroautos brach der Absatz sogar um 69 Prozent ein, weil die staatliche Kaufprämie wegfiel. Auf der anderen Seite verlangt der technische Wandel nach weniger Mitarbeitern. Elektroautos bestehen aus weniger Bauteilen, ergo müssen weniger Beschäftigte diese zusammenbauen. Für die in Deutschland ansässigen Autobauer und Zulieferer bedeutet das einen tiefen, vermutlich schmerzhaften Wandel. Das blüht dem Arbeitsmarkt.

Volkswagen

Mit 9,2 Millionen verkaufter Autos war die VW-Gruppe im vergangenen Jahr nach Toyota##chartIcon zweitgrößter Hersteller der Welt. Bei Elektroautos reicht es global aber nur zu Platz 5. Die Profite sprudeln trotzdem. 2023 gab es einen Rekordgewinn nach Steuern von 16 Milliarden Euro, für dieses Jahr sind 14 Milliarden eingeplant. Das reicht VW aber nicht. Ein Einstellungsstopp ist bereits beschlossen, in verschiedenen Sparprogrammen wurde in den vergangenen Jahren der Abbau von mehr als 10.000 Arbeitsplätzen angekündigt. Teilweise zahlt VW Mitarbeitern sechsstellige Abfindungen, um den Prozess zu beschleunigen. Das geht der Konzernspitze noch nicht schnell genug, weswegen sie vergangene Woche ankündigte, Werksschließungen in Deutschland nicht mehr auszuschließen und die mit Gewerkschaften bis 2029 ausgehandelte Jobgarantie aufzukündigen.

BMW

Der bayrische Konzern steckt in einer besseren Situation als VW, wenngleich auf geringerem Niveau. Als neuntstärkster Autokonzern der Welt verkaufte BMW##chartIcon vergangenes Jahr rund 2,6 Millionen Autos. Rund 375.000 davon waren Elektroautos, 73 Prozent mehr als im Vorjahr. Das reicht in diesem Ranking immerhin für Platz 8. Entsprechend gibt es bei BMW derzeit auch keine Nachrichten über einen Abbau von Stellen. Allerdings gilt das nur netto, auch der Münchner Konzern braucht für den Bau von Elektroautos weniger Mitarbeiter als für Verbrenner. Die dort eingesparten Stellen sollen aber in der Entwicklung der batteriebetriebenen Fahrzeuge aufgebaut werden. Bis zumindest 2030 könnten so sogar mehr Mitarbeiter als bisher erforderlich sein, weil beide Antriebsarten parallel entwickelt und gebaut werden müssen. An der Ausgangslage dürfte auch die aktuelle Gewinnwarnung nichts ändern.

Mercedes-Benz

Bei Mercedes-Benz##chartIcon ist die Lage ähnlich wie bei BMW. Im vergangenen Jahr verdoppelten die Stuttgarter ihren Elektroauto-Absatz weltweit nahezu auf 315.000 Fahrzeuge. Damit sprangen sie in die Top-Ten der weltweiten E-Auto-Hersteller. Insgesamt steht mit 2,5 Millionen verkauften Autos Platz 11. Betriebsbedingte Kündigungen sind hier wie bei VW bis 2029 ausgeschlossen, allerdings will CEO Ole Källenius beim Management sparen. Ungefähr zehn Prozent der Führungsebenen sollen bis 2026 abgebaut werden.

Porsche

Bei Porsche##chartIcon läuft die Beschäftigungssicherung sogar noch bis 2030. Der Vorstand will an dieser in seinen deutschen Werken in Zuffenhausen, Weissach, Bietigheim-Bissingen, Sachsenheim und Leipzig auch nicht rütteln. Auch das zusammen mit VW betriebene Werk in Osnabrück und all seine Mitarbeiter sind sicher. Einen konkreten Stellenabbau gibt es bei Porsche bisher gar nicht. Ende vergangenen Jahres waren aber 600 befristete Verträge in der Produktion nicht verlängert worden – bei rund 37.000 Angestellten aber keine ungewöhnlich hohe Zahl.

Continental

Continental##chartIcon ist als Dax-Unternehmen einer der wichtigsten Automobilzulieferer. Das Unternehmen steckt wirtschaftlich in einer Krise. Der Umsatz wird dieses Jahr gegenüber 2023 sinken und insgesamt noch unter dem Niveau des Jahres 2016 bleiben. Die Gewinne liegen nur halb so hoch wie zu dieser Zeit, 2019 und 2020 standen unterm Strich sogar Verluste. Im vergangenen Jahr wurde deswegen ein Sparprogramm für die Verwaltung aufgelegt, das 5400 Stellen dort abbauen soll. Anfang diesen Jahres folgten 1750 weitere Stellenstreichungen in Forschung und Entwicklung. Entlassen werden soll keiner, auch alle Standorte bleiben erhalten.

ZF Friedrichshafen

Unter den Zulieferern hat die Firma vom Bodensee den größten Stellenabbau angekündigt. Bis 2028 sollen zwischen 11.000 und 14.000 Stellen gestrichen werden. Das entspricht rund zehn Prozent der Belegschaft. Der Vorstand begründet das mit dem Wandel hin zur Elektromobilität, Gewerkschaften halten das für Unsinn. Notfalls will die IG Metall sogar zu Streiks gegen die Stellenstreichungen vorgehen. Ob ZF Friedrichshafen am Ende also tatsächlich so viele Mitarbeiter verliert, ist noch fraglich.

Bosch Mobility

Was ZF Friedrichshafen noch droht, war bei Bosch schon Realität: Im Frühjahr gingen Tausende Mitarbeiter auf die Straße und protestierten gegen immer neue Sparprogramme in der Auto-Sparte des Konzerns. Zwar gibt es auch hier eine Vereinbarung, dass betriebsbedingte Kündigungen bis 2027 ausgeschlossen sind, trotzdem wurden in den Vorjahren bereits Tausende Stellen abgebaut. Kommendes Jahr soll es weitere 1500 Arbeitsplätze an den Standorten in Stuttgart und Schwieberdingen in Baden-Württemberg treffen. Kurioserweise wächst die Anzahl der Bosch-Mitarbeiter in der Autosparte nach eigenen Angaben trotzdem weiter. Zudem rühmt sich Bosch, seine Mitarbeiter intern weiterzubilden und in andere Abteilungen zu vermitteln, wo sie eher gebraucht werden.

Schaeffler

Bei der Continental-Mutter Schaeffler läuft bereits seit 2022 ein Sparprogramm, bei dem rund 1300 Stellen gestrichen werden sollen. Weitere könnten bald hinzukommen, weil Schaeffler eine Fusion mit dem bayrischen Konkurrenten Vitesco plant. Da sich beide Unternehmen in ihren Geschäften teils überschneiden, werden einige Arbeitsplätze redundant. Genaue Zahlen nannten Schaeffler bisher aber nicht. Am Standort im bayrischen Schweinfurt soll aber die Arbeitszeit aller Mitarbeiter für ein Jahr auf 30 Wochenstunden reduziert werden - bei entsprechend weniger Gehalt.

Opel

Opel, mittlerweile Teil des Autoriesen Stellantis##chartIcon , unterhält in Deutschland noch drei Werke in Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach. Eine Bestandsgarantie für sie gibt es von CEO Florian Huettl nicht. Jedes Werk müsse sich im Wettbewerb behaupten und günstige Elektroautos seien in Deutschland nicht produzierbar. Das klingt nicht optimistisch und Opel hat die Mitarbeiterzahlen in Deutschland auch bereits drastisch reduziert. Im Rüsselsheimer Werk arbeiteten vor der Stellantis-Übernahme etwa noch 15.000 Menschen, jetzt sind es noch 8300. Dieses Jahr informierte Opel die Belegschaft über den Abbau weiterer 1000 Stellen. Die sollen allerdings in der Entwicklung, nicht in der Produktion, wegfallen. Entlassen wird niemand. Nickt der Betriebsrat die Einsparungen ab, greift eine vorher vereinbarte Beschäftigungssicherung für die übrigen Mitarbeiter bis 2029.

Tesla

Selbst der weltweite Elektroauto-Marktführer Tesla##chartIcon ist nicht vor einem Sparprogramm sicher. Ende April hatte Firmenchef Elon Musk den Abbau von zehn Prozent der weltweiten Belegschaft angekündigt. Im Werk im brandenburgischen Grünheide soll es rund 700 Mitarbeiter treffen. 300 Leiharbeiter wurden kurzfristig entlassen, weitere 400 Angestellte sollen freiwillig gehen – also wahrscheinlich mit üppigen Abfindungspaketen. Bei rund 12.000 Mitarbeitern in Teslas einzigem europäischen Werk fällt der Stellenabbau aber gering aus.

Ford

Auch der US-Riese Ford##chartIcon betreibt zwei Werke in Deutschland in Köln und in Saarlouis im Saarland. In letzterem arbeiten bisher rund 4500 Menschen, in einigen Jahren sollen es nur noch 1000 sein. Den krassen Stellenabbau kündigte Ford bereits im Februar an. Ende Juni gingen die ersten 650 Mitarbeiter, 370 folgen zum Jahreswechsel. Weitere 1500 sollen kommendes Jahr in eine Transfergesellschaft ausgegliedert werden, wo Ford ein Jahr Zeit hat, sie in neue Jobs zu vermitteln. Hintergrund der Stellenstreichungen ist, dass Ford die Produktion in Saarlouis beenden will. Die verbliebenen 1000 Mitarbeiter werden entsprechend auch in anderen Bereichen beschäftigt werden. Das Kölner Werk wird zu einer Produktionsstätte für Elektroautos umgebaut. Dem fallen 2300 Stellen in Verwaltung, Marketing, Vertrieb und Services zum Opfer. Ursprünglich hatte Ford versucht, das Werk in Saarlouis an den chinesischen Konkurrenten BYD##chartIcon zu verkaufen. Daraus wurde letztendlich aber nichts.

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