Während der Westen auf dem Rückzug ist - Orban stärkt ungarische Präsenz in der Sahelzone
Ungarns Regierungschef Orban sieht im Tschad einen Schlüsselpartner im Kampf gegen Migration aus der Sahelzone nach Europa. Deshalb will er Soldaten in das afrikanische Land schicken.
Während sich westliche Nationen aus der Sahelzone zurückziehen, will Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban seinen Plan vorantreiben, Soldaten im Tschad zu stationieren. Das betonte Orban nach einem Treffen mit dem Präsidenten des afrikanischen Landes, Mahamat Idriss Déby Itno, in Budapest.
Der Tschad spiele eine Schlüsselrolle im Kampf gegen Migration aus der Sahel-Zone Richtung Europa, schrieb Orban bei Facebook. Deshalb habe man mit dessen Präsidenten nun ein „komplexes Paket zur Umsetzung der Zusammenarbeit“ vereinbart. Der Tschad gelte neben seiner Rolle bei der Migration auch als entscheidend im Kampf gegen den Vormarsch von Dschihadisten in der Region, berichtet die Nachrichtenagentur „AFP“.
Tschad liegt an wichtiger Schnittstelle in Afrika
Orban unterschrieb dazu zwei Verordnungen, die am Montag noch während der Gespräche mit Déby im Ungarischen Gesetzblatt erschienen. Darin heißt es, es gebe eine bilaterale Vereinbarung zum Thema Verteidigung. Details sollten noch ausgearbeitet und dem Parlament Ungarns vorgelegt werden. Déby äußerte sich in Budapest zunächst dazu nicht. Am Dienstag sollen die Gespräche fortgesetzt werden.
Der Tschad mit rund 19 Millionen Einwohnern liegt an einer wichtigen Schnittstelle zwischen den Krisenstaaten Sudan, Libyen, dem Niger und der Zentralafrikanischen Republik. Das ölreiche Land, dessen Bevölkerung zu den ärmsten der Welt gehört, beherbergt mehr als eine Million Flüchtlinge. Die Menschen könnten sich in Richtung Mittelmeer auf den Weg machen, was ihnen allerdings durch die Lage in Libyen deutlich erschwert wird.
Frankreich zieht Soldaten ab, Ungarn braut Präsenz im Tschad aus
Die Ex-Kolonialmacht Frankreich will ihre bislang rund 1.000 Soldaten im Tschad im Zuge antifranzösischer Stimmung in der Region Medien zufolge teils abziehen, obwohl Paris Déby trotz einer umstrittenen Wahl und Menschenrechtsvorwürfen als wichtigen Partner ansieht.
Über das letzte Jahr hinweg hat laut „AFP“ wiederum Budapest seine Beziehungen zu dem zentralafrikanischen Land intensiviert, ein humanitäres Hilfszentrum und eine diplomatische Vertretung in der Hauptstadt N'Djamena gegründet und Abkommen in den Bereichen Landwirtschaft und Bildung unterzeichnet.
Orbans Sohn auch beteiligt
Bereits im vergangenen Herbst hatte Ungarns Parlament die Entsendung von 200 ungarischen Soldaten in den Tschad gebilligt. Umgesetzt wurde dies bisher nicht. An den Vorbereitungen dazu hatte der Sohn des Ministerpräsidenten, Gaspar Orban, teilgenommen. Der 31-jährige Berufssoldat hat Jura studiert und war bisher zunächst als Fußballspieler sowie als Gründer und Anführer einer religiösen Gemeinschaft aufgefallen.
Infolge des Bekanntwerdens seiner Beteiligung entwickelte sich laut „AFP“ auch Kritik über die angebliche Vetternwirtschaft in Ungarn. Die Regierung wies das aber zurück, betonte Gaspar Orbans „Sprachkenntnisse“ und wies daraufhin, dass er bereits als Hauptmann bei der ungarischen Armee Erfahrungen gemacht und Expertise gesammelt habe, berichtet die Nachrichtenagentur. Dem Bericht zufolge wurde Gaspar Orban mittlerweile zum „Verbindungsoffizier zur Vorbereitung der Mission im Tschad“ ernannt.
Asylpolitik führte bereits zu Konflikt mit Europäischem Gerichtshof
Der Kampf gegen Migration aus Afrika und dem Nahen Osten nach Ungarn ist eines von Orbans wichtigsten Zielen. Der Europäische Gerichtshof hatte Ungarn wegen seiner restriktiven Asylpolitik in diesem Sommer zu hohen Zwangsgeldern verurteilt.
Ungarn hat bis Jahresende turnusmäßig die EU-Ratspräsidentschaft inne. Mit der EU-Kommission liegt Orban zudem wegen seiner guten Beziehungen zu Kreml-Chef Wladimir Putin im Streit.