Was haben sich Salihamidzic und Kahn gedacht?

Was sich bereits vor Monaten abgezeichnet hat, ist nun Realität: Robert Lewandowski will den FC Bayern am liebsten sofort, spätestens aber 2023 verlassen. Es gibt kein Zurück mehr, die Entscheidung des Torjägers steht fest.

Die Gründe dafür sind vielschichtig und gewiss nicht nur auf die Tatsache abzuwälzen, dass Lewandowski schon seit mehreren Jahren den Drang verspürt, nach zig Titeln und Rekorden in München etwas Neues zu machen. (BERICHT: Darum will Lewandowski gehen)

Es muss auch die Frage erlaubt sein: Was haben sich Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn mit ihrer Hinhalte-Taktik bei Lewandowski gedacht?

Lewandowski: Was haben sich Salihamidzic und Kahn gedacht?

Anstatt sich den Angreifer schon frühzeitig zu Beginn der Rückrunde zu packen und ihn fest in ihre Zukunftsplanungen einzubeziehen, buhlten die Bayern-Bosse bis zuletzt offensiv mit dem Lewandowski der Zukunft: Erling Haaland. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

Auf der einen Seite nachvollziehbar, auf der anderen Seite aber auch riskant. Denn die Wahrscheinlichkeit, Lewandowski endgültig zu vergraulen, war deutlich größer, als Haaland zu bekommen.

Die Bayern hatten im Werben um den künftig für Manchester City stürmenden Norweger von Anfang nur Außenseiterchancen. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

Einstellung von Lewandowski Alarmsignal genug

Diese Unruhe wirkte sich vor allem negativ auf Lewandowski und damit zum Teil auch auf die Mannschaft aus. Sie schwächte zudem Julian Nagelsmann, der in der Prime-Time der Saison mehr Feuerlöscher als Trainer war.

Allein Lewandowskis bockige Einstellung auf dem Platz – bei Spielen, aber auch im Training – war eigentlich Alarmsignal genug, um klare Leitplanken zu setzen.

Stattdessen schalteten Salihamidzic und Kahn in den „Das-wird-schon-Modus“. Unter Uli Hoeneß wäre das mit Sicherheit anders gelaufen!

Hoeneß kümmerte sich um Spieler

Als Lewandowski schon einmal mit einem Wechsel liebäugelte, lud der Ex-Boss den Stürmer samt Familie zu sich an den Tegernsee zum Essen ein, um ihm „Mia san mia“-like ins Gewissen zu reden. Mit Erfolg. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

Auf diese Strategie setzte Hoeneß in der Vergangenheit auch bei anderen Leistungsträgern, die offenkundig mit Wechselgedanken spielten. Beispielsweise Franck Ribéry.

Solchen Spielern wurde in der Vergangenheit nicht im Ansatz das Gefühl gegeben, im Regen stehen gelassen zu werden. Sie wurden eingefangen, wenn es knisterte.

FC Bayern: Auch Alaba und Süle schon weg

Anders als heute. Niklas Süle und David Alaba lehnten aus ähnlichen Motiven wie nun Lewandowski eine Vertragsverlängerung ab.

Wertschätzung, auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen, drückt sich nicht eben nur in Euro aus. Süle etwa hätte in München ähnlich viel verdienen können wie demnächst in Dortmund.

Dass Lewandowski jetzt endgültig genug von den Bayern hat, ist eine schlechte Nachricht für Salihamidzic und Kahn. Aus ihrer Sicht bleibt zu hoffen, dass sie sich nicht nur mit Haaland als Alternative zu dem Polen beschäftigen und schon jetzt einen Nachfolger an der Angel haben.

Lewandowski garantiert 40 bis 50 Tore pro Saison. Andererseits ist sein früher oder später erfolgender Abschied auch eine Chance auf einen Neuanfang im Bayern-Sturm.

Bayern sollte Lewandowski jetzt verkaufen

Der Rekordmeister sollte schon jetzt einen klaren Cut machen und den wechselwilligen Stürmer im Sommer – selbstverständlich gegen eine ordentliche, für Neuverstärkungen dringend benötigte Ablöse – nach Barcelona ziehen lassen.

Es wäre das Beste für alle Seiten – aus Bayern-Sicht vielleicht nicht sofort, aber mit Blick auf die Zukunft allemal.

Lewandowski wird im August 34, die Offensive muss sich mittel- bis langfristig sowieso neu erfinden.

Real Madrid als Vorbild für Bayern

Als Beispiel sollte den Bayern Real Madrid dienen. Die Königlichen mussten 2018 durch ein ähnliches Stahlbad, als der damals 33 Jahre alte Cristiano Ronaldo nach dem Champions-League-Sieg in Kiew zu Juventus Turin wechselte.

Die Verantwortung wurde daraufhin auf mehrere Schultern verteilt, der Klub baute zusätzlich auf viele junge und hungrige Spieler – und fand in dem lange unscheinbaren Karim Benzema seine neue Galionsfigur. Vier Jahre später steht Real wieder im Finale der Königsklasse. Als Einheit. Ohne Stinkstiefel in der Kabine.

So ein Umbruch braucht eben Zeit. Und wenn die Bayern-Verantwortlichen nun die richtigen Schlüsse ziehen, redet in München in ein paar Jahren auch niemand mehr über Robert Lewandowski.

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