Es wären kaum mehr möglich - 20.000 Menschen in Niedersachsen ausreisepflichtig – nur 18 sitzen in Abschiebehaft
In Niedersachsen gelten mehr als 20.000 Menschen als rechtlich ausreisepflichtig. In Abschiebehaft sitzen jedoch lediglich 18 Personen - und es wäre nur für 30 Menschen mehr Platz.
Niedersachsens Kapazitäten für die Abschiebungshaft, im sonstigen Sprachgebrauch auch Abschiebehaft genannt, sind zu weniger als der Hälfte ausgelastet. Im einzigen Abschiebegefängnis des Landes, der Abteilung Langenhagen der Justizvollzugsanstalt Hannover, sind derzeit lediglich 18 von 48 Plätzen belegt, wie das Justizministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Die Abteilung wird sowohl für die Abschiebungshaft als auch den Ausreisegewahrsam genutzt.
Die Schaffung eines weiteren Abschiebegefängnisses, wie sie sich Nordrhein-Westfalen nach dem Anschlag von Solingen vorgenommen hat, ist in Niedersachsen nicht geplant. Die Kapazitäten würden jedoch vor dem Hintergrund rechtlicher und tatsächlicher Entwicklungen laufend evaluiert, teilte das Ministerium mit.
Opposition dringt nach Solingen auf konsequentere Abschiebungen
Ausreisepflichtig waren in Niedersachsen zum Stichtag 30. Juni insgesamt 20.677 Menschen. Darunter waren 11.726 abgelehnte Asylbewerber, von denen wiederum rund 10.000 über eine Duldung verfügten. Eine Duldung erfolgt unter anderem dann, wenn aufgrund der Sicherheitslage im Herkunftsland ein Abschiebestopp besteht oder die Identität des Betroffenen ungeklärt ist.
Nach dem Messerangriff von Solingen hatte die Opposition im Landtag darauf gedrungen, Abschiebungen auch in Niedersachsen konsequenter durchzusetzen. „Menschen, die sich Abschiebungen widersetzen, die lassen wir nicht frei und hoffen darauf, dass sie sich irgendwo wieder melden, sondern die nehmen wir in Ausreisegewahrsam und Abschiebehaft. Diese Konsequenz erwarten wir jetzt auch von dieser Landesregierung“, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner Ende August.
Asylverfahren sollen schneller werden
Immer wieder werden auch Rufe nach schnelleren Asylverfahren laut. Niedersachsens Justizministerin Kathrin Wahlmann erklärte dazu auf Anfrage nun, dass die Verfahrenslaufzeiten im Vergleich zu den Vorjahren bereits gesunken seien und sie überzeugt sei, diesen Trend fortsetzen zu können. So seien auf Initiative des Landes Vereinfachungen beschlossen worden, „die die Verfahren schneller machen werden“, sagte die SPD-Politikerin. Seit Anfang September würden in Niedersachsen außerdem die Verfahren zu Asylanträgen aus bestimmten Herkunftsländern an einzelnen Verwaltungsgerichten konzentriert, „denn mehr Spezialisierung der Richterinnen und Richter schafft am Ende mehr Tempo“. Hinzu kämen 15 neue Richterstellen für Asylverfahren.
Von der Möglichkeit, besondere Asylspruchkörper an einzelnen Verwaltungsgerichten zu bilden, hat das Land hingegen bislang keinen Gebrauch gemacht. Zunächst solle beobachtet werden, wie sich die neue Konzentration der Verfahren aus bestimmten Herkunftsländern auswirke, hieß es.
Die Zahl der anhängigen, also noch nicht entschiedenen Asylverfahren ist an Niedersachsens Verwaltungsgerichten seit 2017 kontinuierlich zurückgegangen. Lag der Bestand damals noch bei fast 21.000 Verfahren, sind es in diesem Jahr nur noch knapp 10.000. Erledigt wurden zuletzt rund 10.000 Asylverfahren pro Jahr. Die Zahl der neu eingehenden Verfahren war zumeist etwas niedriger. Der nach dem Personalbedarfssystem Pebb§y ermittelte Wert zur Belastung der Gerichte ging an allen sieben Verwaltungsgerichten im Land im Vergleich zu 2017 zurück.