"Ich würde mich damit nicht impfen lassen": Virologe bei Lanz kritisiert russischen Corona-Impfstoff

In der ersten Ausgabe nach der Sommerpause sprach Markus Lanz in seiner gleichnamigen ZDF-Talkshow unter anderem mit dem Virologen Dr. Martin Stürmer. Dieser äußert Kritik an der Tatsache, dass Russland bereits einen Corona-Impfstoff verwendet. Die Risiken seien zu groß.

Gestern wurde bekannt, dass Russland den weltweit ersten Impfstoff gegen das Corona-Virus entwickelt. Einige Menschen sollen ihn bereits verabreicht bekommen haben, darunter die Tochter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. In der ersten Ausgabe der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" nach der Sommerpause wurde dieses Thema mit dem Virologen Dr. Martin Stürmer diskutiert.

"Wie wurde diese Nachricht heute in der Fachwelt aufgenommen?" Mit dieser Frage begann Moderator Markus Lanz die Sendung. Der Virologe, der selbst bereits an Covid-19 erkrankt war, antwortete: "Sehr, sehr kritisch." Er erklärte weiter: "Letztlich reden wir ja über einen Impfstoff, der möglicherweise Millionen bis Milliarden von Menschen verabreicht werden soll, der die klinische Prüfung überhaupt nicht vollständig abgeschlossen hat." Bislang, so Stürmer, sei der Impfstoff an 50 bis 100 Soldaten getestet worden. Die "richtige Prüfung, die Phase drei, wo an 1.000 bis 10.000 Menschen getestet wird, ob dieser Impfstoff überhaupt wirkt", fehle bislang.

Mit Blick auf die gute Verträglichkeit des Impfstoffs bei Putins Tochter hakte Lanz nach: "Ist das denkbar, dass es tatsächlich so einfach ist?" Stürmer antwortete: "Es kann einfach sein. Die russische Regierung kann viel Glück damit haben, dass dieser Impfstoff tatsächlich keine Nebenwirkung hat und auch eine Wirkung erzielt. Aber das weiß man vorher nicht." Denn aus diesen paar Zahlen ableiten zu wollen, dass es keine Nebenwirkungen gebe, sei "sehr, sehr schwierig".

"Ich würde mich damit nicht impfen lassen"

Weiter betonte er: "Ich würde mich damit nicht impfen lassen." Lanz hakte erneut nach: "Aber warum nicht? Was sind sozusagen die denkbaren Risiken bei so einer Geschichte?" Stürmer wiederum antwortete: "Man kann überhaupt nicht abschätzen, wie der Körper letztendlich in der Breite auf diesen Impfstoff reagiert." Er erklärte weiter: "Um den Impfstoff oder das, was unser Immunsystem stimuliert, überhaupt in unseren Körper reinzubekommen, brauchen wir ja Träger. Und das sind Trägerviren, die man natürlich so verändert hat, dass sie uns nicht krank machen, aber ihre Funktion erfüllen, um diese Immunitätsbotschaft überhaupt in unsere Zellen reinbringen zu können."

Dies sei laut den russischen Wissenschaftlern zwar in anderen Ansätzen getestet worden, aber in dieser neuen Konstellation wisse man dennoch nicht, ob das wirklich funktioniert. Neben den typischen Nebenwirkungen wie etwas Fieber oder einem schmerzenden Arm könne der Impfstoff schlimmstenfalls auch zu Autoimmunerkrankungen oder Organversagen führen. Die Versicherung Russlands, es gebe keine Nebenwirkungen, sieht er deshalb weiter kritisch. Ähnlich sieht es wohl die russische Bevölkerung: Laut Lanz wollen sich derzeit nur 23 Prozent der Bürger impfen lassen.