13 Prozent mehr als vor fünf Jahren - Rechte FPÖ gewinnt Österreich-Wahl - Kanzlerpartei will nicht mit ihr koalieren
In Österreich wird am Sonntag gewählt. In der ersten Hochrechnung liegt die rechte FPÖ klar vorn. Dahinter folgt die konservative ÖVP.
Die rechte FPÖ wird laut Hochrechnung erstmals bei einer Parlamentswahl stärkste politische Kraft in Österreich. Die Rechtspopulisten kamen auf 28,9 Prozent der Stimmen und lagen somit weit vor der konservativen Kanzlerpartei ÖVP, die den Angaben zufolge 26,3 Prozent erreicht, wie aus Daten des Instituts Foresight im Auftrag des ORF hervorgeht.
Für die FPÖ bedeutet dies ein Plus von 12,7 Prozentpunkten gegenüber 2019. Die ÖVP von Kanzler Karl Nehammer verlor im Vergleich zur letzten Wahl gut elf Prozentpunkte. Dahinter folgen den Hochrechnungen zufolge die sozialdemokratische SPÖ mit 21 Prozent (- 0,2 Punkte) und die liberale Neos-Partei mit 9,1 Prozent (+ 1,0 Punkte). Die derzeit noch mitregierenden Grünen rutschten den Angaben zufolge um 5,6 Punkte auf 8,3 Prozent ab. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,9 Prozent - und somit zwei Prozentpunkte höher als im Jahr 2019.
ÖVP will nicht mit FPÖ unter Kickl koalieren
Die Bierpartei und die kommunistische KPÖ scheitern voraussichtlich an der Vier-Prozent-Hürde. Insgesamt waren knapp 6,4 Millionen Bürger aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Zuletzt wurde das Land von einer Koalition aus ÖVP und Grünen regiert.
Die ÖVP will nach ihrer Wahlschlappe nicht mit dem voraussichtlichen Wahlsieger Herbert Kickl und der rechten FPÖ in einer Regierung zusammenarbeiten. „Das war gestern so und das ist heute so und morgen wird es noch immer so sein“, sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer ersten Reaktion.
Rechte Parteien werden immer stärker
Die deutlichen Zugewinne der FPÖ liegen im europaweiten Rechtstrend. Quer durch Europa haben rechte Parteien Zulauf bekommen, etwa in den Niederlanden Geert Wilders und seine rechtsradikale Partei für die Freiheit (PVV), die italienische Rechtspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) mit Giorgia Meloni an der Spitze oder das rechtsnationale Rassemblement National (RN) mit Marine Le Pen in Frankreich. In Deutschland erzielte die AfD große Erfolge bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg.
FPÖ-Sieg wäre bisher größter Triumph
Für die Rechtspopulisten unter ihrem Parteichef Herbert Kickl wäre der Sieg bei der Nationalratswahl ihr bisher größter Triumph. Die ÖVP hatte bis zuletzt darauf gehofft, die FPÖ auf der Zielgeraden noch zu überholen. Kanzler Nehammer versuchte, sich als verantwortungsvolle Alternative zu Kickl zu positionieren.
In ihrem Wahlprogramm hatte die FPÖ unter dem Motto „Festung Österreich - Festung Freiheit“ für eine extrem restriktive Migrationspolitik geworben. Die Partei fordert eine Rückführung von Migranten in ihre Heimatländer und wünscht sich als Gegenentwurf zur international vielfach angestrebten Diversität „Homogenität“ in der Gesellschaft. Außenpolitisch sieht die FPÖ die EU äußerst kritisch. Gegenüber Russland fährt sie trotz des Ukraine-Kriegs einen eher wohlwollenden Kurs und sieht kein Problem in der Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas.
Hohe Hürden vor Kanzlerschaft von Kickl
Trotz des Siegs dürfte es für Kickl sehr schwer werden, nächster Kanzler zu werden. Alle Parteien lehnen bisher eine Zusammenarbeit mit dem 55-Jährigen ab, unter dessen Ägide die FPÖ zum Beispiel ihre einstige Distanz zu den als rechtsextrem eingestuften Identitären aufgegeben hat. Bundespräsident Alexander Van der Bellen muss den Auftrag zur Regierungsbildung nicht zwingend der stimmenstärksten Partei übertragen. Der ehemalige Grünen-Chef hat immer wieder seine Kritik an politischen Positionen der FPÖ in Sachen EU und Migration deutlich gemacht.
So gilt es als wahrscheinlich, dass Kanzler Nehammer den Auftrag bekommt, eine Regierungskoalition zu schmieden. Als Koalitionspartner bietet sich aus Sicht der ÖVP inhaltlich zwar die FPÖ an, aber der Regierungschef hat mehrfach und nachdrücklich klargemacht, dass er eine Zusammenarbeit mit Kickl ausschließt. „Kickl ist nicht in der Lage, Regierungsverantwortung zu tragen.“ Nehammer hatte auch angekündigt, keine Koalitionsverhandlungen mit dem FPÖ-Chef zu führen.
Die Alternative zur FPÖ ist die SPÖ. Allerdings gilt ein Bündnis als schwierig, weil SPÖ-Chef Andreas Babler die Sozialdemokraten mit Forderungen wie der nach einer 32-Stunden-Woche weit nach links gerückt hat. Ob sich Babler angesichts des Ergebnisses im Amt halten kann, ist eine der sich nun aufdrängenden Fragen.