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Wahlarena mit Martin Schulz: „Das müssten Bundeskanzler einmal im Monat machen“

Noch einmal stellte sich Schulz den Fragen der Wähler.
Noch einmal stellte sich Schulz den Fragen der Wähler.

19 Fragen, 75 Minuten: Noch einmal hatte Martin Schulz die Gelegenheit, vor der Wahl um die Stimmen der Unentschlossenen zu werben. Am Ende zog er ein ganz persönliches Fazit.

Der Wahlkampfcountdown läuft… Es sind nur noch wenige Tage bis zur Bundestagswahl. Endspurt für Martin Schulz. In der ARD-Wahlarena hatte der Kanzler-Kandidat der SPD noch einmal die Gelegenheit, sich als großer „Kümmerer“ aus dem kleinen Würselen zu präsentieren.

150 angeblich streng repräsentativ für die Bevölkerung ausgewählte Bürger durften Fragen stellen. Wie zuletzt beim Format „Klartext, Herr Schulz“ sollte der Kanzlerkandidat jenen Menschen Rede und Antwort stehen, die ihn am Ende – wenn es nach ihm geht – auch wählen sollen. Moderiert wurde die Sendung von Sonia Mikich und Andreas Cichowicz, deren Job sich darauf beschränkte, mit Handzeichen Fragesteller aus dem Publikum zu wählen.

Die Fragen

Wie in der vergangenen Woche Angela Merkel, musste sich nun auch Schulz durch ein breites Spektrum an Themen ackern: Staatsfinanzen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, der öffentliche Personennahverkehr, Bildung, die Qualifizierung für Langzeitarbeitslose, die Integration von Flüchtlingen, der Dieselskandal, Pflegemängel, Waffenexporte…

Große Überraschungen, das vorweg, blieben aus. Mittlerweile, nach wochenlangem Dauerwahlkampf, dürften die meisten oft abgespulten Thesen zur sozialen Gerechtigkeit, Digitalisierung, Flüchtlingspolitik von Martin Schulz altbekannt sein. Und: Für viel Substanz blieb ohnehin kaum Zeit. Ob sich allzu viele Wahlunentschlossene nach 75 Minuten im Schnelldurchlauf nun wirklich besser informiert fühlen – oder sich nach dieser Sendung nun für Schulz und seine SPD entscheiden? Fraglich. Dabei gelang ihm ein weitgehend solider Auftritt. Ohne große Höhepunkte.

Schulz fordert „Obergrenze“

Was brennt den Bürgern auf der Seele? Welche Themen sind für sie wahlentscheidend? All das ließ sich an ihren Fragen ablesen: Einer der wichtigen Schwerpunkte des Abends war dann jedoch nicht etwa eine Diskussion um die Obergrenze von Asylbewerbern, sondern die Forderung von Schulz nach einer „Obergrenze von Mieten“. Die Mietpreisbremse in bisheriger Form habe nicht funktioniert, muss Schulz eingestehen, das sei die “dramatischste Entwicklung, die es gibt. In Städten wie Frankfurt, Köln, Berlin und Hamburg wohnen sich die Menschen arm. Wir wollen die Mietpreisbremse verschärfen, was übrigens von der Kanzlerin blockiert wurde.“

Vieles, was Schulz sagt, ist schön und gut. Doch zu oft kamen von ihm nicht mehr als Plattitüden, Phrasen, Worthülsen. Einer Frau, deren Mann nach einer Krebserkrankung fast erwerbsunfähig wurde mit einer mickrigen Erwerbsminderungsrente abgespeist worden wäre, versprach er nur nebulös, zu helfen. „Wenn Sie sagen, den Politikern sind die Menschen egal: Mir sind Sie nicht egal.“ Keine Lösung, dafür salbungsvolle Worte. Zumindest die Fragestellerin lächelte gerührt.

Bei dieser Frage wird Schulz persönlich

Einmal nur schaffte es eine Zuschauerin, Schulz aus dem Konzept zu bringen. Annett Hackebeil, 42, sechsfache Mutter, führte aus, wie sie 20 Jahre lang Taxi gefahren sei, als Eventmanagerin und Pflegekraft, als Köchin und Motivationstrainerin gearbeitet habe. Doch wie komme nun jemand wie sie im Alter finanziell über die Runden – mit der winzigen Mindestrente. Schulz war von dieser ganzen Reihe an Berufen sichtlich verwirrt, bis die Dame aufklärte: Sie sei Mutter. Bei sechs Kindern ist das wie fünf Berufe – ohne Wochenendaufschlag.

„Ich war einen Moment aufgewühlt“, gestand Schulz ein. Er fühle sich an seine eigene Mutter erinnert, die fünf Kinder großgezogen und später nur eine kleine Rente erhalten habe. Schulz versprach vollmundig: „Ich will Ihren Rentenbescheid ändern, um das klar zu sagen.“

Schulz persönliches Fazit

„Darf ich was sagen?”, fragte Schulz zum Schluss und wurde mit einem „Nein“ von den Moderatoren abgewürgt. Spielregeln müssen schließlich eingehalten werden. Schulz ließ sich sein Schlusswort dennoch nicht nehmen: „Ich reklamiere jetzt mal für mich das Recht als Gast, einen Satz zu sagen.“

Es war ein persönliches Fazit, dass Schulz am Ende der Schlussrunde zog: „So was wie hier müssten Bundeskanzler einmal im Monat machen: Irgendwo hingehen und sich das anhören.” Dem ist nichts hinzuzufügen: Dann jedoch bitte mit mehr Zeit, weniger Fragen und weniger pseudo-repräsentativ nach ihrer Fernsehtauglichkeit ausgewählten Bürgern.

Foto: ARD

Im Video: Flüchtlinge im Wahkampf – willkommen oder nicht?