Wahlerfolge in Thüringen und Sachsen - Forsa-Zahlen zeigen, wie wenig AfD- und BSW-Wähler gemeinsam haben
Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben der AfD und dem BSW beeindruckende Stimmenzuwächse beschert. Beide Parteien sind erfolgreich - doch die Wählergruppen könnten unterschiedlicher nicht sein, wie neue Forsa-Zahlen zeigen.
Links und rechts der Mitte knallten am 1. September in Thüringen und Sachsen die Korken. Die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) feierten ihre Wahlerfolge bei den Landtagswahlen.
Sowohl die AfD als auch das BSW konnten im Gegensatz anderen Parteien zum Teil enorme Stimmenzuwächse verzeichnen. Lediglich die CDU konnte im Vergleich zur letzten Landtagswahl 2019 Stimmen hinzugewinnen, allerdings nur in Thüringen.
Soviel zu den ersten wenigen Gemeinsamkeiten von AfD und BSW. Denn ein Blick auf aktuelle Forsa-Zahlen zeigt nun, wie unterschiedlich die Wähler beider Parteien ticken.
In Sachsen und Thüringen: Kaum Überschneidungen zwischen AfD- und BSW-Wählern
„Als Sahra Wagenknecht ihre neue Partei gründete, wurde von den meisten Medien und Politikwissenschaftlern vermutet, dass viele AfD-Wähler zum BSW wechseln würden“, schreibt Forsa-Chef Manfred Güllner in seinem Newsletter.
Doch alle bisherigen Wahlen – zuletzt in Sachsen und Thüringen – hätten gezeigt, dass dies eine Fehleinschätzung war.
Wie unterschiedlich AfD- und BSW-Wähler auf das Weltgeschehen schauen, verdeutlichen aktuelle Forsa-Daten. Demnach zieht sich zwar die allgemeine Unzufriedenheit mit der aktuellen Bundesregierung durch fast alle Bevölkerungsschichten.
Sie ist aber bei den AfD-Wählern deutlich stärker ausgeprägt als bei den Anhängern der Wagenknecht-Partei. Demnach bereitet 94 Prozent aller befragten AfD-Anhänger in Sachsen die Politik der Bundesregierung Sorgen, unter den BSW-Anhängern trifft das auf nur 75 Prozent zu.
In Thüringen zeigt sich ein ähnliches Bild: 85 Prozent der AfD-Anhänger teilen diese Sorge, 76 Prozent sind es bei den BSW-Anhängern.
Die größten Sorgen unter AfD- und BSW-Anhängern: Migration, Kriminalität und Gewalt
Auch die Themen Migration, Kriminalität und Gewalt bereiten den AfD-Wählern in Thüringen und Sachsen deutlich mehr Sorgen als den Anhängern des BSW, schreibt Güllner weiter.
Die aktuellen Umfragewerte zeigen zudem: Die Wähler des BSW sorgen sich stärker um die Gefährdung des Friedens in Europa durch den Krieg in der Ukraine sowie um die soziale Ungleichheit.
Über die Politik der Landesregierung machen sich BSW-Wähler laut Forsa-Erhebungen deutlich weniger Sorgen als AfD-Wähler. Das „deutet an, dass die AfD-Anhänger anders als die des BSW das gesamte gegenwärtige demokratische System der Republik ablehnen“, heißt es im Newsletter.
Diese wenigen Gemeinsamkeiten haben AfD- und BSW-Wähler
Eine Studie des Leipziger Wissenschaftlers Oliver Decker kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Unzufriedenheit mit der Demokratie gibt es demnach zwar in beiden Lagern, doch sind diese Gefühle sowie Ressentiments gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen, insbesondere Muslimen, bei AfD-Anhängern stärker ausgeprägt als bei BSW-Anhängern.
Für Antisemitismus sind AfD-Wähler laut der Untersuchung deutlich anfälliger als BSW-Anhänger. Kapitalismuskritik und Antiamerikanismus seien dagegen bei den Anhängern beider Parteien stark vertreten.
Zu den wenigen Gemeinsamkeiten von AfD- und BSW-Anhängern gehören Deckers Studie zufolge insbesondere ein niedrigerer Bildungsgrad sowie Einkommen und die kritische Haltung gegenüber den USA. Männer sind außerdem überrepräsentiert.
BSW-Anhänger sind mit Arbeit der Ministerpräsidenten mehrheitlich zufrieden – AfD-Anhänger nicht
Ganz unterschiedlich blicken die Wähler von Wagenknecht-Partei und AfD in Thüringen und Sachsen laut den aktuellen Forsa-Zahlen auch auf die bisherige Arbeit der Ministerpräsidenten.
„Die extreme Verachtung der AfD-Anhänger für das gegenwärtige politische System auf allen politischen Ebenen zeigt sich auch daran, dass sie – abweichend von der Mehrheit aller Wahlberechtigten – auch mit der Arbeit der beiden recht populären amtierenden Ministerpräsidenten in Sachsen und Thüringen nicht zufrieden sind“, schreibt Güllner.
Im Gegensatz dazu würden sich die Anhänger des BSW größtenteils zufrieden mit der bisherigen Leistung von Michael Kretschmer (CDU, Sachsen) und Bodo Ramelow (Linke, Thüringen) zeigen.
BSW-Anhänger sind eindeutig linken politischen Spektrum zuzuordnen, AfD-Anhänger am rechten Rand
Ebenfalls als Fehleinschätzung erweist sich laut dem Forsa-Chef die Behauptung des Insa-Geschäftsführers Hermann Binkert, das BSW spreche „weniger linke Wähler an – viele sehen sich in der Mitte oder rechts der Mitte“.
Während sich die AfD-Wähler in Sachsen und Thüringen klar im äußerst rechten Spektrum sehen, positionieren sich die Wähler des BSW in beiden Bundesländern eindeutig im linken politischen Spektrum.