Im Wahlkampf umwirbt jetzt auch Kamala Harris die große Krypto-Szene in den USA – die könnte das Zünglein an der Waage sein
Im Wahlkampf in den USA hat Kamala Harris eine Leerstelle gefüllt - zumindest ein bisschen. Lange hatte sich die Kandidatin der Demokraten kaum zu Tech-Themen geäußert und gar nicht zu Kryptowährungen. Bis jetzt: „Wir werden innovative Technologien wie KI und digitale Währungen fördern und gleichzeitig unsere Verbraucher und Investoren schützen", sagte Harris am Sonntag bei einem Spendendinner in New York laut Bloomberg. „Wir werden ein sicheres Geschäftsumfeld mit einheitlichen und transparenten Regeln schaffen", sagte Harris. Immerhin ein Signal, wenn auch spät und noch spärlich.
Donald Trump dagegen geht seit Wochen in die Vollen. Der Ex-Präsident umwirbt die Krypto-Anleger und -Enthusiasten. Er besucht ihre Konferenzen. Er verspricht, die USA zur Krypto-Supermacht zu machen. In einer Bar in New York gab Trump eine Runde Burger aus und zahlte demonstrativ mit Bitcoin. Vor allem aber kündigte er eine Krypto-freundliche Regulierung an. Direkt an seinem ersten Tag im Amt werde er daher den Chef der Börsenaufsicht SEC, Gary Gensler, entlassen.
Die Szene dankt es Trump mit Unterstützung. Ein erheblicher Teil der wahlkampfspenden für Trumps Kampagne kommen von Krypto-Unternehmern und aus der Community. Laut einem Bericht von Public Citizen sammelten von der Krypto-Szene unterstützte Parteien-Fonds (Super-PACs) über 100 Millionen Dollar für Trump, die drittmeisten aller Super-PACs. Das passt zu der Aussagte von David Bailey, CEO von BTC Inc.: „Als Branche haben wir uns verpflichtet, über 100 Millionen Dollar aufzubringen und mehr als fünf Millionen Wähler für die Wiederwahl von Trump zu gewinnen."
Krypto-Schwur: 100 Mio. Dollar und 5 Mio. Stimmen für Trump
In Deutschland mag Krypto ein Nischen-Thema sein. In den USA aber besitzen schätzungsweise 16 Prozent aller Erwachsenen Kryptowährungen. Trump und Harris liefern sich ein Kopf an Kopf Rennen. Da können wenige Stimmen in wenigen umkämpften Bundesstaaten den Ausschlag geben. „Die Krypto-Community könnte am Ende das Zünglein an der Waage sein“, sagt Patrick Gruhn.
Der deutsche Krypto-Pionier lebt seit vielen Jahren im US-Bundesstaat Oregon. Gruhn ist nicht nur Krypto-Unternehmer, sondern ist als Anwalt auch Experte für Regulierung. Seine eigene Firma verkaufte er einst an Sam Bankman Frieds FTX. Nach dem spektakulärem Zusammenbruch von FTX kaufte er sie zurück und arbeitet an seinem Comeback in Europa. Gruhn sieht Europa derzeit als attraktiveren Standort für Kryto-Investments - weil die Regulierung hier besser sei.
Solange noch Joe Biden Kandidat der Demokraten war, hatte Trump leichtes Spiel. „Die letzten drei Jahre unter der Biden-Administration waren für die Krypto-Branche in den USA schwierig, teilweise existenzbedrohend“, sagt Gruhn.
Das habe auch viele in der Tech-Szene - gerade in Kalifornien - ins Grübeln gebracht, die eher den Demokraten zuneigten, sagt Gruhn. „Für jemanden, der in Krypto aktiv ist, könnte es vor allem darum gehen, welcher Präsident besser für seine Krypto-Geschäfte ist.“ Und: „Das Silicon Valley ist eigentlich eher näher an den Demokraten. Aber wenn dann dort zum Beispiel einen Krypto-Fonds leitet, gerät mancher in einen Interessen- und Gewissenskonflikt.“
Donald Trump hatte dabei selbst eine scharfe Wende vollzogen. In seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hatte Trump für Kryptowährungen wie Bitcoin vor allem Ablehnung und Spott übrig. Doch dann schwenkte er um. „Trump hat eher erkannt, dass Krypto eine echte Industrie ist“, sagt Gruhn.
Distanz der Demokraten zur libertären Idee vieler Krypto-Anhänger
Hinzu komme eine Nähe in der Grundhaltung: „Die Krypto-Community kommt ja insgesamt von einem freiheitlichen Gedanken, ist eher libertär geprägt. Damit steht sie grundsätzlich den Republikaner näher als den Demokraten.“ Trump selbst sagte es im Juli bei einer Krypto-Versammlung in Nashville so: „Bitcoin steht für Freiheit, Souveränität und Unabhängigkeit von staatlichem Zwang und Kontrolle.“
Das große Problem in den USA sei aber, dass es dort bei Krypto „keine wirkliche Rechtssicherheit gibt. Es gibt keine Regulierung durch den Gesetzgeber, sondern nur eine 'Regulation by Enforcement' durch die SEC“, bemängelt Gruhn.
Was er von der künftigen Regierung erhofft? „Es wäre falsch, eine alte Regulierung von Finanzprodukten Krypto einfach 1 zu 1 überzustulpen. Es ist ja gerade ein Merkmal der Blockchain-Technologie, dass Vertrauen teilweise durch Technik, also durch Smart Contracts, ersetzt wird. Einige Regulierung ist daher nicht mehr nötig. Dafür bedarf es an anderer Stelle neuer Regeln, zum Beispiel für Code Audits.“
„Krypto für Harris"- die späte Offensive
Von Harris gebe es bisher noch keinen Entwurf ihrer Krypto-Politik. „Bei einer republikanischen Regierung ist die Chance auf eine gute Regulierung des Krypto-Marktes in den USA besser", meint auch Gruhn.
Die Bedeutung des Krypto-Themas im Wahlkampf wurde von den Demokraten lange unterschätzt. Biden rümpfte über Bitcoin & Co. allenfalls die Nase. Auch Harris zauderte lange. Dabei gab etwa die Hälfte der befragten Jungwähler in einer Analyse an, dass sie die Krypto-Position eines Kandidaten bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen werden.
Also versuchen die Demokraten Boden gut zu machen. Einflussreiche Abgeordnete gründeten die Initiave „Crypto4Harris" (Krypto für Harris"). Bei einer ersten virtuellen Konferenz sprach unter anderem der auch politisch ambitionierte Unternehmer und Milliardär Marc Kuban.