Sie war tagelang nicht erreichbar - „Gibt es was Wichtiges?“ Grünen-Ministerin gerät nach Solingen-Desaster unter Druck
In NRW ist Grünen-Ministerin Josefine Paul für Abschiebungen zuständig - so auch für die des Solingen-Täters. Die Politikerin war nach dem Anschlag aber zunächst nicht zu erreichen. Deshalb gerät sie zunehmend unter Druck.
Im Skandal um die missglückte Abschiebung des Attentäters von Solingen gerät Grünen-Politikerin Josefine Paul immer weiter unter Druck. Die in Nordrhein-Westfalen zuständige Ministerin für Rückführungen war nach Informationen von FOCUS online auch zwei Tage nach der Messerattacke nicht erreichbar. Auf einen Kontaktversuch des Innenministeriums hin soll eine Mitarbeiterin Pauls gefragt haben: „Gibt es was Wichtiges?“ Die Umstände des Desinteresses der Ministerin will die SPD-Landtagsfraktion nun mit einer Kleinen Anfrage aufklären. Sie liegt FOCUS online exklusiv vor.
Darin zitiert die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Lisa-Kristin Kapteinat die Recherche von FOCUS online und wirft bereits im Titel des Dokuments die entscheidende Frage auf: „Wann genau hat Josefine Paul realisiert, dass etwas Schreckliches passiert ist?“ Schließlich richtet die Landtagsabgeordnete fünf konkrete Fragen an Pauls Ministerium.
Grünen-Ministerin steht nach Solingen-Desaster „zunehmend unter Druck“
Kapteinat will unter anderem wissen, wann Paul erstmals vom Anschlag in Solingen erfahren hatte, wann sie erfahren hatte, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen Ausreisepflichtigen in ihrer Verantwortung handelte und wann die Ministerin von einer Frankreich-Reise nach NRW zurückkehrte. Im Nachbarland hatte die Grünen-Politikerin an einer Gedenkfeier zu Massakern der SS im Zweiten Weltkrieg teilgenommen. Erst am Sonntagnachmittag gelang es Innenminister Herbert Reul, seine Kabinettskollegin zu erreichen.
SPD-Politikerin Kapteinat resümiert: „Die Ministerin war auf ihrer Dienstreise offenbar zeitweise nicht erreichbar und ihr Ministerium schien auch am Sonntagnachmittag nach dem Anschlag noch nichts davon mitbekommen zu haben.“ Das sei erst jetzt herausgekommen, obwohl Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Paul maximale Transparenz versprochen hatten. „Die Rolle der Ministerin wirft immer weitere Fragen auf. Sie steht zunehmend unter Druck“, so Kapteinat gegenüber FOCUS online.
„Jede Form der Aufklärung angebracht“
Die Politikerin hatte schon zuvor deutlich gemacht: „Im weiteren Verlauf des parlamentarischen Verfahrens ist jede Form der Aufklärung angebracht.“ Sollte Paul mit ihren Antworten auf die Kleine Anfrage nicht für Aufklärung sorgen können, seien auch weitere Schritte bis hin zu einem Untersuchungsausschuss denkbar.