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Warnung vor Abbau von Rohstoffen in den Ozeanen

Eine Seeanemone im Zentralpazifik. Der Abbau von Rohstoffen bedroht die Lebewesen in der Tiefsee. Foto: Smith und Amon/ABYSSLINE Project
Eine Seeanemone im Zentralpazifik. Der Abbau von Rohstoffen bedroht die Lebewesen in der Tiefsee. Foto: Smith und Amon/ABYSSLINE Project

In unberührte Ökosysteme wollen Rohstoff-Firmen vordringen, um den wachsenden Bedarf an Metallen etwa für Smartphones zu stillen. Ohne gute Regeln drohen aber irreparablen Naturschäden. Paradoxerweise befeuern selbst «grüne Technologien» den Bedarf.

Gland (dpa) - Mit dem Abbau von Rohstoffen in Tiefseeregionen drohe schwerer Schaden für die Meereslebewesen, warnt die Weltnaturschutzunion (IUCN).

Den Ozeanboden mit Maschinen aufzureißen komme dem Abholzen von Wäldern gleich, schreibt die Organisation in Gland (Schweiz) in einem am Montag veröffentlichten Bericht zum Abbau von Tiefseerohstoffen. Die Tiefsee umfasst Regionen mit mehr als 200 Metern Wassertiefe - nach IUCN-Angaben etwa 65 Prozent der Erdoberfläche.

Dort gibt es unter anderem Kupfer, Aluminium und Kobalt. Der Bedarf an den Metallen wächst. Die Hightech-Industrie braucht sie für Produkte wie Smartphones. Auch «grüne Technologien» befeuern den Bedarf, etwa für Speicherbatterien.

Die 1994 gegründete Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) will an ihrem Sitz in Jamaika einen Verhaltenskodex ausarbeiten. Die IUCM warnt jedoch: «Die Regeln, die gerade zum Management des Rohstoffabbaus in der Tiefsee entwickelt werden, reichen nicht aus, um unwiderruflichen Schaden von den Ökosystemen der Meere und den Verlust einzigartiger Arten abzuwenden.»

Der kommerzielle Abbau von Rohstoffen aus der Tiefsee soll erst etwa 2025 beginnen. Dabei geht es unter anderem um bestimmte schwefelhaltige Salze (Sulfide). Die Meeresbodenbehörde ISA hat nach eigenen Angaben bereits 29 Vertragspartnern Lizenzen für die Suche nach polymetallischen Sulfiden und kobaltreichen Krusten erteilt - darunter auch an der mehr als 20 000 Kilometer langen Gebirgskette Mittelatlantischer Rücken im Atlantik. Auch Deutschland hat seit 2015 eine Lizenz.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) will Sulfide im Indischen Ozean südöstlich von Madagaskar bis in eine Tiefe von 3000 Metern erforschen. Sie enthalten nach BGR-Angaben neben Schwefel auch Blei, Kupfer, Zink, Gold und Silber sowie Spurenelemente wie Kobalt, Nickel und Selen.

Wenn Sedimente am Meeresboden aufgewirbelt werden, kann das laut IUCN einige Tiere ersticken und anderen die Sicht nehmen. Lebewesen würden zudem gestört durch Lärm, Vibrationen, Licht und Schiffe. Außerdem bestehe die Gefahr, dass giftige Stoffe durch Lecks ins Meereswasser gelangen. Dringend nötig seien mehr Studien, weil die tiefen Meeresregionen bislang gar nicht genug erforscht seien.

«Was wir bislang wissen, reicht nicht, um Meeresflora und -fauna vor Bergbauaktivitäten effektiv zu schützen», sagt Carl Gustaf Lundin, Direktor der IUCN-Abteilung für Meeres- und Polargebiete. «Rohstoffe mit den Technologien, die heute zur Verfügung stehen, aus dem Meeresboden zu holen, könnte das artenreiche Leben in der Tiefsee für immer zerstören.»

Die IUCN ist das weltweit größte Netzwerk staatlicher und nichtstaatlicher Umweltorganisationen. Unter den mehr als 1300 Mitgliedern sind etwa die Umweltstiftung WWF und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).