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Warum Deutschland "Princess Charming" dringend gebraucht hat

Nachdem die Männer-Datingshow "Prince Charming" nach zwei Staffeln mit einem Grimme-Preis geehrt worden ist, dürfen in "Princess Charming" seit diesem Sommer auch die Frauen ran. Über ein Format, das alle Regeln des Trash-TV umkehrt und zeigt, dass Reality-TV auch ganz anders kann.

Irina Schlauch ist
Irina Schlauch ist "Princess Charming" (Foto: Rene Lohse/TVNOW /dpa)

Wie hätte das alles schief können: In der ersten Folge von "Princess Charming", einer Datingshow in der lesbische Frauen das Herz der "Princess" Irina Schlauch erobern wollen, kam es zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung. In den meisten Reality-TV-Formaten, wir erinnern uns an die Skandalshow "Sommerhaus der Stars", wäre die Szene ausgeschlachtet worden, bis ganz Deutschland darüber spricht.

Princess Irina Schlauch: "Im deutschen Fernsehen gibt es zu wenige lesbische Frauen"

Bei "Princess Charming" dagegen weiß der Zuschauer bis heute nicht, was bei dem Konflikt genau passiert ist – die Macher verzichteten auf das Quoten-Gold. Stattdessen wurden die betreffenden Szenen nicht gezeigt, die Sendung distanzierte sich von den Geschehnissen und die entsprechende Verursacherin wurde ohne großes Tamtam der Show verwiesen. Das ist mehr als untypisch für Reality-TV, das seine Quoten bisher vor allem durch Drama, Grenzüberschreitungen und dem respektlosen Vorführen von Menschen erreicht hat.

Doch "Princess Charming" verzichtet nicht nur auf den großen Eklat. Wer von Datingformaten wie "Bachelor" und "Bachelorette" Konkurrenzkämpfe und Intrigen gewohnt ist, muss hier umdenken. Keine Häme, kein so genannter "Zickenkrieg", nur Frauen, die sich kennenlernen, Spaß dabei haben und unterstützen, wo es nur geht. Da kommt Kandidatin Lou etwa vom Übernachtungsdate mit der Princess – und knuddelt als allererstes ihre Konkurrentin und gute Freundin Miri, um die aufkeimende Eifersucht mit verständnisvollen Worten gemeinsam zu bekämpfen.

Reality-TV ohne Drama und Skandale?!

Trotz des fehlenden Dramas wird es dem Zuschauer oder der Zuschauerin nicht langweilig. Was schon alleine daran liegt, dass in diesem Format theoretisch jede für jede in Frage kommt. Zudem dürfte der Zusammenhalt und der Lifestyle in der Villa, wie schon bei "Prince Charming", in jedem Hetero die Angst triggern, im Leben etwas zu verpassen. Da wird Sekt getrunken, "Viva la Vulva" geschrien, im Whirlpool rumgemacht, auf der Sonnenliege gekuschelt, das Dasein gefeiert und sich mit Respekt und Spaß begegnet.

Während anderes Trash-TV sich auf das Schlimmste im Menschen konzentriert, zeigt "Princess Charming" eine Welt, wie sie auch sein könnte: frei, liebevoll und lustig.

Der weibliche Orgasmus erklärt an einem Vulva-Cupcake

Obendrauf lernt der Zuschauer einiges: Da entstehen tiefgreifende Diskussionen über Themen wie Transphobie (vor der auch Lesben nicht gefeit sind), dann wird die weibliche Sexualität anhand eines Vulva-Cupcakes veranschaulicht und erklärt, warum es wichtig ist, lesbische Liebe abseits von Pornos zu zeigen. All das ist ebenso Anspruch der Sendung wie die Unterhaltung.

Den sehr unterschiedlichen Kandidatinnen ist das klar. Oft wird thematisiert, wie sie sich als Teenager selbst ein Format gewünscht hätten, in dem es normal ist, dass Frauen Frauen lieben. Dass es das immer noch nicht ist, dazu reicht ein Blick nach Ungarn, Polen oder in die Diskussionen um die Beleuchtung der Allianz-Arena während der EM. So trifft auch ein gerapptes Gedicht von Wiki in der dritten Folge mitten ins Herz: "Ich wollt' mich niemals outen, ich wollt' einfach nur durch mein Leben laufen, unpolitisch – doch das geht nicht. Denn jeder Sex und jedes Händchenhalten ist für euch kritisch."

"Princess Charming": Dating-Show bekommt zweite Staffel

"Princess Charming" ist seichte Unterhaltung, die mit Leichtigkeit mit Vorurteilen aufräumt und die Welt ein bisschen besser macht – und im Kosmos Trash-TV neue Maßstäbe setzt.

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