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Warum die NPD nicht verboten werden sollte

Vor dem Bundesverfassungsgericht beginnt das NPD-Verbotsverfahren. Für unsere Demokratie wäre es besser, wenn die Richter die rechtsextreme Partei belassen, wo sie ist: in der marginalisierten Ecke.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Die Verfassungshüter könnten in dieser Woche klare Kante zeigen. Der Staat ist nicht wehrlos, er weist seine Gegner in die Schranken – so könnte die Devise lauten. In Zeiten, in denen sich Hass auf „Fremde“ in der Mitte der Gesellschaft laut artikuliert und in denen Asylunterkünfte angegriffen werden, als handelte es sich um neuen Volkssport in der Nacht von Samstag auf Sonntag – in diesen Zeiten tut es not, rote Linien zu markieren.

Die NPD überschreitet diese Grenzen jeden Tag. Sie mag diesen Staat nicht, sie sieht sich und die Deutschen durch das politische System unterjocht. Das funktioniert zwar nur, indem sich die Anhänger die Wirklichkeit zurechtbiegen wie Kinderknete – aber tut ihrer Überzeugtheit keinen Abbruch. Demokratie hat dafür gesorgt, dass sich die Deutschen für das System entschieden haben, das sie haben. Und daher hasst die NPD die Demokratie. So ist das bei Faschisten.

Vielleicht hassen sich Faschisten auch selbst. Jedenfalls hassen sie andere und ziehen daraus Kraft für sich selbst.

Die Kameraden mit dem braunen Lineal

Sollten wir uns das gefallen lassen? Ja. Würde die Partei verboten, würden ihre Anhänger sich bestätigt fühlen. Deren Weltbild ist eng vermessen, mit einem kurzen braunen Lineal. Ganz wichtig für ihre politische Identität ist, dass sie einerseits im Besitz einer „Wahrheit“ sind und andererseits sich verfolgt wähnen. Von bösen Kräften, natürlich. Nur so können sie ihre imaginierte Heldenrolle ausmalen und sich in ihre kämpferischen bis gewaltvollen Posen hinein halluzinieren.

Und dann würde die Partei nicht einmal verboten werden? Das würde die NPD hart treffen. Rein juristisch gesehen: Um auch vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand zu haben, müsste ein Parteiverbot nachweisen, dass die NPD eine Gefahr für die demokratische Grundordnung darstellt. Davon ist dieser Splitterhaufen aber immer entfernt gewesen; und es sieht auch nicht danach aus, dass sich daran etwas ändern wird. Es reicht nicht aus, gegen die Verfassung zu sein.

Um die NPD nachhaltig zu schwächen, muss man sich mit ihr auseinandersetzen. Ihren Kadern und Anhängern zuhören, ihre Argumente prüfen und mit Argumenten erwidern. Ich glaube zwar, dass es leichter ist die chinesische Mauer abzutragen als einen NPD-Kader zur Menschenfreundschaft zu überzeugen – aber ein berühmter Autohersteller hat es einmal auf den Punkt gebracht: Nichts ist unmöglich. Und diese Diskussionen können einfach ohne lästigen Ballast geführt werden, wenn die Rechtsextremisten nicht ständig darüber lamentieren könnten, wie oft ihnen mal wieder ein Tagungsort verweigert worden ist und was der Staat diesmal gegen sie aushecke.

Was tun?

Die NPD gehört gestellt. Aber nicht im Gerichtssaal. Die NPD ist ein Problem. Aber dieses löst man nicht, wenn man es unter den Teppich kehrt, zwischen zwei Aktendeckel klemmt. Und die Zeiten sind gerade umso dramatischer: Die NPD ist gewiss nicht die Speerspitze der rassistischen Angriffe und Proteste gegen die aktuelle Einwanderungspolitik der Bundesregierung. Sie läuft halt so mit. Gäbe es die NPD nicht, hätte dies keinerlei Effekt auf diese Proteste. Denn die NPD krakeelt im Inhalt nichts anderes als die AfD. Oder wollen wir die auch gleich verbieten?

Bild: dpa

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