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Warum Exkremente aus New York Dorfbewohner in Alabama belästigen

Warum diese Waggons mit der Aufschrift EPIC in einem kleinen Ort gestrandet sind, ist tatsächlich episch: An Bord befinden sich menschliche Ausscheidungen aus New Yorks Abwässern. (Bild: AP Photo/Jay Reeves)
Warum diese Waggons mit der Aufschrift EPIC in einem kleinen Ort gestrandet sind, ist tatsächlich episch: An Bord befinden sich menschliche Ausscheidungen aus New Yorks Abwässern. (Bild: AP Photo/Jay Reeves)

Ein kleiner Ort in Alabama ist neuerdings Sitz einer Mülldeponie, die mit Jauche aus New Yorks Abwasserkanälen Geld verdient. Für die Entsorgungsunternehmen ein lukratives Geschäft, für die Bewohner aber kaum auszuhalten. Sie wehren sich.

Parrish ist ein winziger Ort in Alabama mit nur knapp 1.000 Einwohnern, aber einem Problem, das zum Himmel stinkt: Neben dem Baseballfeld der kleinen Gemeinde parken seit mehr als zwei Monaten Zugwaggons voller Exkremente. Seitdem ein Gesetz aus den 80er Jahren es dem Bundesstaat New York verbietet, Abwasser und Jauche in die Meere zu kippen, wird es an Mülldeponien verschickt, die es gegen Geld entsorgen.

Das Geschäft mit den menschlichen Abfällen blüht: Land kostet in Alabama nicht viel, und auch das Baurecht ist nachgiebiger als in den dicht besiedelten Bundesstaaten im Norden. Nelson Brooke ist ein Experte der Gruppe „Black Warrior Riverkeeper“, die sich für Umweltschutz einsetzt. Er beschreibt der amerikanischen Nachrichtenagentur AP, warum Mülldeponien bevorzugt in Gegenden wie Parrish liegen: „Es ist einfach für sie, in einer ländlichen oder armen Gegend ihr Geschäft aufzuziehen und damit schnell viel Geld zu verdienen.“

In Parrish sehen sich die Anrainer gezwungen, zu neuen Maßnahmen zu greifen, um sich gegen den Gestank zur Wehr zu setzen. Sherleen Pike, die in der Nähe der Eisenbahnschienen lebt, tupft Pfefferminzöl unter ihre Nase, um die Gerüche zu ertragen. „Wie würde es New York gefallen, wenn wir unsere Kacke zu ihnen schicken bis ans Ende unserer Tage?“, empört sie sich. „Sie wollen den Müll nicht in ihre Flüsse kippen, aber es sollte sich doch jeder Staat selbst um seinen Abfall kümmern.“

Die Bürgermeisterin Heather Hall vor den Waggons, die vor zwei Monaten in Parrish gestrandet sind. (Bild: AP Photo/Jay Reeves)
Die Bürgermeisterin Heather Hall vor den Waggons, die vor zwei Monaten in Parrish gestrandet sind. (Bild: AP Photo/Jay Reeves)

Aber nicht nur Ausscheidungen gelangen in den amerikanischen Süden. In Georgia, Alabama und anderen Südstaaten wurde bereits toxische Asche von Kraftwerken aus dem ganzen Land entsorgt. Auch in South Carolina hat der Plan, radioaktiven Müll in einem wenig besiedelten Landstrich zu entsorgen, für Proteste gesorgt. Eine einzige gigantische Mülldeponie in Alabama nimmt jährlich über 70.000 Tonnen an giftigem Müll auf. Amerikanische Kohlekraftwerke produzieren pro Jahr etwa 90 Millionen Tonnen Müll, die irgendwohin müssen. Das Geschäft mit dem Müll erzeugt einen Bruttojahresumsatz von mehr als 93 Milliarden Dollar.

Auch der Zug, der nun in Parrish zum Himmel stinkt, war auf dem Weg zu einer etwa 30 Kilometer entfernten Mülldeponie. Seit 2017 ist diese Mülldeponie im Geschäft mit den Exkrementen aus New York, nachdem der nahe gelegene Ort West Jefferson sich gegen die dortige Mülldeponie gewehrt hatte. In der Klage der Gemeinde gegen Big Sky Environmental LLC waren auch die Fliegen ein Faktor gewesen, die zusammen mit den Abfällen Einzug in West Jefferson gehalten hatten. Durch ein Unterlassungsurteil, das West Jefferson vor Gericht erstritten hat, kam der Zug erst mal in Parrish zu stehen, wo er seit Ende Januar zum Himmel stinkt.

Mit dem Sommer vor der Tür wird das Problem nur noch drängender, warnt auch Heather Hall, die Bürgermeisterin von Parrish. Schon jetzt ist der Gestank in der Abenddämmerung am schlimmsten, nachdem sich die Atmosphäre den Tag über mit Hitze aufgeladen hat. „Es ist ein Albtraum. Es riecht nach Verwesung, nach Tod.“

Parrish wird nun vermutlich neue Baugesetze verabschieden, um sicherzugehen, dass sich der jetzige Vorfall nicht wiederholen kann. Der Bundesstaat New York hat die Verschickung seiner Exkremente bis auf Weiteres erst mal ausgesetzt.