Warum ist das russische Siri schwulenfeindlich?

Apple bezeichnet homophobe Aussagen lediglich als „Bug“

Apples virtuelle Assistentin Siri soll eigentlich nur das Leben ihres Nutzers erleichtern. Dezidierte Meinungsäußerungen ist man daher von dem Programm nicht gewohnt. Anders in Russland: Dort reagiert Siri auf Fragen mit homosexuellem Kontext überraschend feindselig.

Was tun, wenn das Tablet oder Handy die eigene Lebensweise angreift? Für homosexuelle Apple-Nutzer in Russland ist das keine absurde Frage. Derzeit sorgt das Video eines in London lebenden Russen namens Alex für Aufsehen. Der stellt Siri auf Russisch eine eigentlich ganz alltägliche Frage: „Siri, gibt es Schwulenclubs in der Nähe?“ Anstatt wie gewohnt das Ergebnis einer Internetsuche auszuspucken, entgegnet das Programm seltsam beschämt „Wenn ich könnte, wäre ich errötet.“ Dieselbe Antwort erhält Alex auf die generelle Frage nach gleichgeschlechtlicher Ehe.

Dann wird der Exil-Russe konkreter. „Ist die Schwulenehe normal?“, fragt er. Siri bleibt stumm. Also wird die Frage wiederholt – und Siri outet sich endgültig als schwulenfeindlich: „Ich glaube, diese Emotion sollte als negativ angesehen werden.“ Wer nun vermutet, das seltsame Verhalten könnte durch einen Übersetzungsfehler ausgelöst worden sein („gay“ kann neben „schwul“ und „homosexuell“ schließlich auch „ausschweifend“ oder schlicht „heiter“ bedeuten), liegt leider falsch. Alex bekam ähnliche Antworten mit dem Stichwort „lesbisch“, wie er der BBC berichtete.

Der Russe stieß zufällig auf das bizarre Verhalten der Software. „Ich war mit Freunden unterwegs, die ihre Telefone auf die neueste Version von iOS upgedatet hatten“, sagte er. Das russischsprachige Siri sei eine neue Funktion gewesen und sie hätten einige Anfragen mit dem Wort „schwul“ gestartet. Daraufhin seien die „seltsamen Antworten“ gekommen. Ein Team der russischen Ausgabe der BBC machte den Test aufs Exempel und erhielt dieselben Ergebnisse.

Programmierte Diskriminierung?

Homosexuelle Menschen sind seit Langem in Russland Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. 2013 verschärfte sich die Lage, als per Gesetz homosexuelle „Propaganda“ verboten wurde. Danach ist es untersagt, Minderjährigen Informationen über gleichgeschlechtliche Themen zu vermitteln. Rasch kursierten online Vermutungen, Siris bizarres Verhalten könne von Apple mit voller Absicht programmiert worden sein, um juristischen Problemen aus dem Weg zu gehen.

Das Unternehmen widersprach dem Bericht zufolge dieser Darstellung und führte die Antworten des russischen Programms auf einen Bug zurück. Der Softwarefehler sei mittlerweile behoben worden. „Ich verstehe, dass ein Unternehmen sich der Rechtsprechung in einem Land anpassen muss“, sagte Alex der BBC. „Apple hat es behoben. Aber es gab keine Erklärung dafür, wie es überhaupt passieren konnte.“

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