Was die AfD im Umgang mit dem Zentralrat der Muslime offenbart

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Nach einer Stunde ging es nicht mehr. Die AfD brach das Treffen mit dem Zentralrat der Muslime ab. Die Gründe dafür sagen viel.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Manchmal erscheint die AfD wie ein verzogenes Einzelkind. Andere überzieht sie gern mit Vorwürfen und sieht sich stets um die Schaufel im Sandkasten betrogen. Rasch fühlt sie sich ungerecht behandelt. Und wenn es dann zum Showdown kommt, versteckt sie sich hinter Mutti.

Letztens zu besichtigen bei ihrem Treffen mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland. Der hatte vor einiger Zeit eine Einladung ausgesprochen, immerhin gibt es jede Menge Gesprächsstoff: Die AfD hatte gerade ein Programm beschlossen mit dem platten Satz: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Klar, dass da ein muslimischer Verbandsvertreter, und sei sein Verein auch noch so klein wie der Zentralrat ist, die Ohren spitzt.

Letztlich war dann der Auftritt ein einziger Offenbarungseid.

Zuerst zierte man sich mit der Annahme der Einladung, einen Termin und Ort gab es auch nicht sofort. Dann nahm ein AfD-Vorstandsmitglied unter fadenscheinigen Vorwürfen die Gesprächszusage wieder zurück – als ginge es um internationale Verhandlungen zur Rückgabe des Elsass an Frankreich. Schließlich traf man sich am vergangenen Montag in einem Frankfurter Hotel. Und ging nach knapp einer Stunde auseinander. Genauer: Die AfD zog sich zurück.

Es habe keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gegeben, teilte Parteichefin Frauke Petry mit. „Deshalb sahen wir keine Grundlage, das Gespräch fortzusetzen.“ Ein Parteisprecher nannte als Grund für den Abbruch den Vorwurf des Zentralrats, die AfD würde verfassungsrechtlich bedenkliche Positionen vertreten.

Wir müssen reden

Es wird ja öfters appelliert, man solle den Wählern der AfD zuhören. Man solle das Gespräch mit den Funktionären suchen, sich auf eine Augenhöhe begeben. Und das stimmt ja auch. Nur so lässt sich erfahren, was diese Rechtspopulisten tatsächlich wollen, so richtig verständlich machen sie sich nicht. Einfach indes ist solch ein Gespräch nicht immer.

Denn mit dem Zentralrat ist es die AfD, welche die richtige Augenhöhe nicht einhielt. Eher sie sprach von oben herab, wie eben ein Einzelkind, das selbstverständlich davon ausgeht, dass die Welt sich um es dreht.
„Vergleiche, die die AfD immer wieder in die Nähe des ‘Dritten Reichs’ rücken, wurden nicht zurückgenommen“, sagte Petry gegenüber „Spiegel-Online“. „Darum haben wir mehrmals höflich gebeten und wurden ohne eine Entschuldigung abgewiesen.“ Oh, war der Zentralrat böseböse zu den Kleinen? Abgewiesen? Ohne Entschuldigung?

Zentralratsvorsitzender Ayman al-Mazyek hatte der AfD vorgeworfen, sie sei die erste Partei seit Hitlers NSDAP, die eine ganze Religionsgemeinschaft diskriminiere. Dieser Gedanke nötigt sich halt auf beim Blick ins Parteiprogramm. Würde die AfD in ihr Programm schreiben: „Rothaarige gehören nicht zu Deutschland“, würden die Rothaarigen aller Bundesländer sich auch ein wenig gelaust vorkommen.

Für die AfD gilt: Wer austeilt, muss auch einstecken. Die Thesen der AfD zum Islam sind, mal diplomatisch formuliert, provokant. Sie müsste für diese werben, Überzeugungsarbeit leisten. Ganz besonders bei Leuten wie den Aktiven vom Zentralrat. Nur so könnte die AfD den Verdacht aufweichen, es gehe ihr gar nicht um den Islam. Sondern einfach um eine kleinere Gruppe, die sie nicht zum Stammwählerpotenzial zählt und die sie zum Sündenbock stempeln kann. Typisches Meuteverhalten, sagen Soziologen dazu.

Diese Chance hat die AfD verstreichen lassen. Sie floh vor dem Gespräch. Und hat uns damit sehr viel von sich erzählt.

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Bild: dpa