Wegen eines Tweets: Studentin in Saudi-Arabien zu 34 Jahren Haft verurteilt

Die Studentin Salma al-Shehab war in Saudi-Arabien wegen eines geteilten Tweets verhaftet worden. Nun wurde ihre Strafe auf 34 Jahren Haft erhöht. Menschenrechtsorganisationen sind entsetzt.

Das Gericht verhängte für die Retweets die bisher härteste Strafe.
Das Gericht verhängte für die Retweets die bisher härteste Strafe. (Symbolbild: Getty)

Es ist das höchste Strafmaß, das in dem Königreich Saudi-Arabien jemals für ein Vergehen dieser Art verhängt wurde. Der 34-jährigen Salma al-Shebab wurde vom Gericht vorgeworfen, das Internetz genutzt zu haben zum Zweck der "öffentlichen Unruhestiftung und der Destabilisierung der nationalen Sicherheit". Tatsächlich hatte die Doktorandin aus dem britischen Leeds sich auf Twitter für Frauenrechte ausgesprochen und dabei Tweets saudi-arabischer Dissident*innen geteilt.

Harte Haftstrafe für Retweets

So sprach sie sich für die Freilassung der bereits 2018 verhafteten Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul aus. Dies wurde der zweifachen Mutter zum Verhängnis, als sie sich im Januar 2021 während einer Urlaubsreise in Saudi-Arabien aufhielt. Sie wurde festgenommen und zunächst zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt.

Doch das reichte der Staatsanwaltschaft nicht aus. Wie der britische "Guardian" berichtete, weiteten die Anwälte die Anschuldigungen noch einmal aus und gingen in ein Berufungsverfahren. Dort wurde al-Shebab nun auch noch für die "Unterstützung von denjenigen, die öffentliche Unruhe stiften und die zivile und nationale Sicherheit destabilisieren wollen" verurteilt. Diese Unterstützung bestand darin, den Dissident*innen auf Twitter zu folgen und deren Beiträge zu retweeten. Dabei hatte sie allerdings eine recht geringe Reichweite von nur 2597 Followern. Dies hielt das Gericht nicht davon ab, die Haftstrafe nun auf 34 Jahre zu verlängern, gefolgt von einem 34-jährigen Einreiseverbot.

Zeichen für steigende Repressionen

Die Empörung über das harte Urteil ist bei Menschenrechtsorganisationen groß. In einem Tweet forderte die US-amerikanische NGO "The Freedom Initiative" ihre sofortige Freilassung. "Die Saudi-Autoritäten müssen Salma freilassen und sicherstellen, dass ihre kleinen Jungs nicht ohne Mutter aufwachsen, nur weil sie sich für Freiheit für Menschenrechtsaktivisten eingesetzt hat," zitierten die NGO die Menschenrechtsanwältin Bethany Haidari.

Viele Beobachter*innen befürchten in dem Urteil ein Signal für ein noch strikteres Vorgehen des Königreichs gegen die Frauenrechtsbewegung. So soll nicht nur al-Shebab von einer entsprechenden Straferhöhung betroffen sein, wie "The Freedom Initiative" berichtete. Der saudi-arabische "Public Investment Fund" (PIF) hält Anteile an Twitter. Der Konzern äußerte sich auf Anfrage des "guardian" nicht zu einer möglichen Einflussnahme des saudischen Königshauses. Schon zuvor gab es Vorwürfe, dass Twitter die Daten von anonymen User*innen an Saudi Arabien weitergegeben haben könnte, wo diese dann verhaftet wurden.

"Washington Post" fordert klares Signal von Biden

In der "Washington Post" erschien am vergangenen Dienstag (16.08.) ein Kommentar zu dem Urteil. Es zeige sich hieran exemplarisch, dass die Zugeständnisse von Kronprinz Mohammed bin Salman leere Versprechen gewesen seien. Erst vor wenigen Wochen hatte US-Präsident Joe Biden Saudi-Arabien besucht und sich dabei auch mit "MBS" getroffen. Der Besuch war hochumstritten, weil die genauen Umstände des brutalen Mordes an dem kritischen Journalisten Jamal Khashoggi und die Rolle des Königshauses bisher noch nicht genau aufgeklärt werden konnten. Der "Post"-Kommentar forderte nun, Joe Biden solle sich nun wenigstens sehr lautstark äußern und verlangen, "dass Frau Shebab freigelassen wird und zu ihren beiden vier- und sechsjährigen Söhnen zurückkehren kann".

Im Video: Besuch in Saudi-Arabien: Biden spricht mit Kronprinz über Khashoggi