Von wegen gesund - Diese sechs Nahrungsergänzungsmittel sind schlecht für Ihre Leber
Nahrungsergänzungsmittel aus Kräutern und supergesunden Pflanzenstoffen boomen. Denn jeder will seiner Gesundheit etwas Gutes tun. Doch einige bewirken wohl das Gegenteil und können zu schweren Leberschäden führen. Was Sie wissen müssen.
Fit und vital sein – wer will das nicht. Viele greifen dafür zu pflanzlichen Nahrungsergänzungs- und Heilmitteln, die allerlei positive Auswirkungen auf Gesundheit und das Wohlbefinden versprechen. Der Markt mit solchen Produkten boomt. Da es sich dabei um Lebensmittel und nicht um Arzneimittel handelt, sind sie frei verkäuflich.
Doch nicht alles, was als gesund angepriesen wird, ist es auch. Dass einige Nahrungsergänzungsmittel schwere Leberschäden hervorrufen können, ist bei vielen Konsumenten noch nicht angekommen. So hat eine neue Studie aus den USA festgestellt, dass schätzungsweise
15,6 Millionen
erwachsene US-Amerikaner solche Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, von denen man weiß, dass sie potenziell giftig für die Leber sind. Diese Ergebnisse wurden im Fachmagazin „ Jama Network Open “ publiziert.
6 Nahrungsergänzungsmittel, die schädlich für die Leber sind
Am häufigsten wurden dabei folgende sechs Nahrungsergänzungsmittel in Form von Kapseln oder Pülverchen konsumiert:
Kurkuma (3,46 Prozent) : Ein Großteil der Probanden nahm Kurkuma wegen Gelenkbeschwerden bzw. entzündlichen Gelenkserkrankungen wie Arthritis ein. Kurkuma enthält den Stoff Curcumin, der entzündungshemmend und antioxidativ wirken soll.
Grüner Tee-Extrakt (1,01 Prozent) : Die Anwender hofften, damit ihr Energielevel zu steigern. Im Allgemeinen wird dem Extrakt, vor allem dem darin enthaltnenen Epigallocatechingallat (EGCG) eine Vielzahl von Wirkungen zugeschrieben: Es soll zum Beispiel das Immunsystem stärken, den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel senken und durch Fettabbau die Gewichtsreduktion unterstützen.
Ashwagandha (0,38 Prozent): Bei Ashwaganda handelt es sich um ein ayurvedisches Kraut, die sogenannte Schlafbeere, dass zur Energiesteigerung und bei Unruhe eingesetzt wird.
Traubensilberkerze (0,38 Prozent): Traubensilberkerze kommt häufig zur Linderung von Wechseljahrsbeschwerden zum Einsatz.
Garcinia Cambogia (0,27 Prozent): Garcinia Cambogia ist eine Pflanze mit kürbisähnlichen Früchten, die in Südasien wächst. Die in der Rinde enthaltene Hydroxycitronensäure (HCA) wird als Mittel zum Abnehmen eingesetzt.
Produkte aus rotem Hefereis (0,19 Prozent): Roter Reis ist ein mit einem roten Schimmelpilz fermentierter Reis. Nahrungsergänzungsmittel mit Rotschimmelreis sollen den Cholesterinspiegel auf natürliche Weise senken.
Anzahl der Leberschäden durch Nahrungsergänzungsmittel hat sich verdreifacht
Dass diese Nahrungsergänzungsmittel möglicherweise leberschädigend sind, ist schon länger bekannt. „Unser Interesse wurde geweckt, als wir Fälle von Lebertoxizität durch die Einnahme von Kräutern und Nahrungsergänzungsmitteln bei Personen feststellten, die an der laufenden, vom NIH finanzierten DILIN-Studie teilnahmen“, sagte Alisa Likhitsup, klinische Assistenzprofessorin für Medizin an der University of Michigan und Hauptautorin der Studie in einer Mitteilung .
Zum Hintergrund: DILIN steht für Drug Induced Liver Injury Network, ein multizentrisches US-Beobachtungsprogramm, das Daten von Patienten mit hepatotoxischen Wirkungen aufgrund verschiedener Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel sammelt und analysiert. Dort fand man beispielsweise heraus, dass der Anteil der Leberschäden durch Nahrungsergänzungsmittel in den letzten 20 Jahren extrem zugenommen hat:
2004 bis 2005 lag die Quote noch bei 7 Prozent
2013 bis 2014 lag sie bei 20 Prozent
Fast eine Verdreifachung der Fallzahlen also. Auch die Zahl der Lebertransplantationen soll aufgrund von Schäden durch Nahrungsergänzungsmitteln im Zeitraum von 2010 bis 2020 um 70 Prozent zugenommen haben.
Auch in Deutschland warnen Mediziner vor toxischen Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln
Auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft weist auf die Gefahr durch Nahrungsergänzungsmittel oder pflanzliche Heilmittel (HDS) hin. „Nahrungsergänzungsmittel können beabsichtigt oder unbeabsichtigt nicht deklarierte Zusatzstoffe beinhalten. Sowohl pflanzliche Beimischungen als auch Verunreinigungen durch Chemikalien, Schwermetalle oder Pestizide sind möglich“, heißt es auf ihrer Webseite . Das Gefährliche daran: Sie werden allgemein als unschädliche Naturprodukte wahrgenonmmen.
Die schädliche Wirkung auf die Leber (Hepatoxizität) käme zudem von Zubereitungen mit vielen verschiedenen Inhaltsstoffen, warnt die Arzneimittelkommission. „HDS-Leberschäden verlaufen öfter tödlich oder benötigen eine Transplantation [...]“, warnen die Mediziner. Dies könnte vielleicht darauf beruhen, dass die Diagnose oft erst verspätet gestellt wird. Würden die HDS abgesetzt, erholten sich aber 80 Prozent der Patienten ohne bleibende Leberschäden. Patienten mit akutem Leberversagen sollten in ein Transplantationszentrum verlegt werden, da die Chance einer Erholung lediglich bei 25 Prozent läge.
Verbraucherzentrale warnt ebenfalls vor Nahrungsergänzungsmitteln
Auch die Verbraucherzentrale weist unermüdlich auf die Gesundheitsgefahren durch Nahrungsergänzungsmittel hin: „Verbraucher und Verbraucherinnen brauchen dringend Informationen zu den teilweise willkürlich zusammengemixten Cocktails aus Pflanzenextrakten, Vitaminen, Mineralstoffen und diversen sonstigen Stoffen“, heißt es auf deren Seiten . Das Tückische: Viele dieser Produkte kommen ganz natürlich daher und täuschen darüber hinweg, dass Pflanzen und zum Teil hochkonzentrierte Pflanzenauszüge durchaus gesundheitsschädlich wirken könnten.
So lägen auch zu vielen exotischen Pflanzen unzureichende Sicherheitsnachweise vor. Auch dass die Hinweise auf Leberschäden wie etwa durch Produkte mit Kurkuma, Ashwagandha, Garicina Cambogia und Grüntee-Extrakt sich häufen, sehen die Verbraucherschütze mit Sorge. Deshalb warnt sie auch vor den Gesundheitsgefahren dadurch.
Gesetzliche Regelungen längst überfällig
Das bedeutet aber nicht, dass alle diese Pflanzen in ihrer natürlichen Form gefährlich sind: Kurkuma beispielsweise als Gewürz sei ein sicheres Lebensmittel und in üblichen Dosierungen auch empfehlenswert – es kann Verdauungsbeschwerden vorbeugen oder sie sogar lindern, erläutert die Verbraucherzentrale. Auch Grüntee könne bedenkenlos getrunken werden - es gäbe auch glaubhafte Hinweise auf seine gesundheitsfördernde Wirkung.
Für Nahrungsergänzungsmittel fordert die Verbraucherzentrale aber klare gesetzliche Regelungen – diese seien längst überfällig. Denn sie müssen nicht zugelassen werden, bevor sie auf den Markt kommen. Eine gezielte Überwachung dieser Produkte sei aber nötig, mahnen die Verbraucherschützer.