Weihnachten bei Kitchen Impossible: "Ich mache mal einen Primitivo auf"

Vier Männer und ein Todesfall. Zumindest ein Finger musste wieder mal dran glauben. Foto: MG RTL D / Ralf Jürgens

Die Koch-Competition gibt sich zu keiner Sekunde besinnlich. Sondern testosterongeladen und alphatierisch männlich. Das ist bei dem Format aber wahrlich keine Überraschung mehr. Deshalb: Auch bei der Weihnachtsausgabe von Kitchen Impossible mit Tim Mälzer, Tim Raue, Roland Trettl und Peter Maria Schnurr steckt genau das drin, was drauf steht.

„Was das Niveau heute angeht, habe ich den richtigen Wein ausgesucht. Einen Primitivo.“ Besser kann man die Sendung kaum anmoderieren, danke an dieser Stelle, Tim Raue. Vielleicht ist es diese rettende Brise Selbstironie, die nach drei Stunden Kitchen Impossible keinen allzu schalen Geschmack im Mund zurücklässt. Denn die vier Kindsköpfe in den Körpern von Sterneköchen benehmen sich am laufenden Band daneben und stürzen sich von einer Verbalentgleisung in die nächste: „Du Fotze“.

Nur: So primitiv sie sich geben, so groß ist auch ihre Begeisterung beim Kochen, beim Erleben, bei den Herausforderungen. Dazu kommt: In der Weihnachtsausgabe kochen die Küchenmeister nicht allein, sondern in Zweierpärchen, sie müssen also zwangsweise immer zwei ihrer gigantischen Egos in eine kleine Küche zwängen, um die unbekannten Gerichte nachzuempfinden. Das ist unterhaltsam. Und natürlich gilt auch: Alkohol hilft.

„Wollt ihr Gin Tonic?“, fragt Tim Mälzer.

„Mach mir mal einen ohne Gin.“

„Was ist denn mit dir los?“

Los geht die Reise mit dem ersten Paar: Roland Trettl und Peter Maria Schnurr fliegen für ihre Challenge nach Finnland. Trettl: „Wir sind hier 800 Kilometer weg von Helsinki. 250 Kilometer weit weg vom nächsten Krankenhaus. Das ist einfach nicht gut, wenn man sich verletzt.“ Als könnte er hellsehen…

Finnland – es ist nur Platz für einen Chefkoch

Sie erreichen ihr Ziel im ewigen Weiß, fernab jeder Zivilisation. Erstmal in den Schnee pullern. Dann eine Runde Schlittenhunderennen. „Ich sehe hier acht Hunde auf Speed und Ecstasy.“ Schon knallt er aus der Kurve. Vor der Fahrt warnte der Guide noch: „In den Kurven immer bremsen.“ Naja.

Dann Weihnachtsbäume suchen und fällen. Mit der Axt und mit der Säge bewaffnet machen sich die beiden auf den Weg. Dabei hat Roland Trettl zuhause doch einen Weihnachtsbaum aus Schwemmholz, wie er erzählt. Warum? „Weil Nachhaltigkeit, Alter.“ Er schlägt dann doch eine kleine Birke. Schnurr dazu: „Das ist ein Osterstrauch.“

„Und deiner ist der verkrüppeltste Weihnachtsbaum, den ich je gesehen habe.“

Dekorieren gehört auch dazu, also hängt der kreative Trettl Teebeutel, Alufolie und Plastik-Strohhalme an sein Gestrüpp. Was? Nachhaltigkeit, Alter!

Dann kommt die schwarze Box, mit dem geheimen Mahl. Es ist ein ganzes Menü. Fisch, Fleisch, Vorspeise, Dessert. Und schon fingern die beiden Köche darin herum, ertasten die Zutaten, schmecken, riechen.

Beim Dessert ist sich Trettl sicher: „Das ist ein Reibekuchen aus Karotte und Kartoffel.“

„Ich schmecke da keine Kartoffel“, sagt Schnurr.

„Dann streng dich mal an.“

Es ist übrigens Reismehl. Das finden die beiden aber nicht mehr heraus.

Das Fingertrauma

Danach gibt es noch eine Männlichkeitsprüfung, 30-Meter-Klettern an der beinahe senkrechten Eiswand. Da wird es den Zweien schon beim Anblick mulmig, Trettl zieht zurück, Schnurr zieht durch. Und kraxelt nach oben, bis er plötzlich innehält, sich abseilt und seine Hand umklammert. Auf zum Pistenarzt, etwas stimmt nicht, die Kamera darf zwar nicht mit ins Behandlungszimmer, zum Glück ist aber das Mikro noch angeschaltet:

„Tell me if you feel pain.“

„AAAAHHhhhhh.“

Diagnose: Fingerbruch. „Can you make a small gips please?“ Kitchen Impossible ist tatsächlich eine Art Fingertrauma für Peter Maria Schnurr. Schon bei seinem letzten Auftritt hat er sich so tief mit einem Küchenmesser in den Finger gesäbelt, dass er abbrechen musste. Dieses Mal bleibt er dabei, denn er ist überzeugt: „Ich koche auch. Natürlich kann ich helfen. Ich habe mir ja nicht das Gesicht zerschlagen.“

Trettl: „Das wär’ mir lieber. Dann hättest du wenigstens zwei gesunde Hände.“

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Schnurr mit Handicap. Sein Gips degradiert ihn zum Lachshalter. Das traut ihm Roland Trettls gerade noch zu. Foto: MG RTL D / Endemol Shine
Schnurr mit Handicap. Sein Gips degradiert ihn zum Lachshalter. Das traut ihm Roland Trettls gerade noch zu. Foto: MG RTL D / Endemol Shine

Also klare Rollenverteilung, es gibt einen Koch und eine Küchenhilfe. Neue Rolle für den Sternekoch, aber er fügt sich. Hobelt erstmal Karotten und alle haben schon wieder Angst um seine verbliebenen Finger. Aber es geht gut aus, sie kredenzen ein beeindruckendes Menü.

Die Testesser, ein „Club von Gutessern“, wie sie sich selbst nennen, versammelt sich in der Einsamkeit für die deutsche Interpretation des finnischen Weihnachtsmenüs. Zuerst: Lammlachs, am Brett über dem offenen Feuer gegart. „Sehr gut“, lautet das Urteil. Nur über die Joghurtsoße macht sich der Club lustig.

Durchschnitt – aber mit Herz

Das Fleisch war ihrer Meinung nach auch anders. „Aber es war besser. Saftiger. Und die Senfsoße dazu ist geil“, sagen die deutschen Köche. Die einheimischen Gourmets: „Der Schinken war eine Enttäuschung.“

Dann folgt: Steckrübenauflauf und Kartoffelauflauf. Das harsche Urteil: „Nicht süß genug.“ „Zu mild.“ „Essbar.“

Weihnachtsmilchreis: „Extrem gut!“ „Perfekt.“ „Ausgezeichnet.“

Lebkuchen-Kekse: „Nicht traditionell.“ „Naja.“ „Anders.“

Das reicht für insgesamt 5,0 Punkte.

Die Gastgeberin verabschiedet sich herzlich: „Die Köche haben sehr gut zusammengearbeitet. Ihr Essen war deliziös. Ich fand es sehr gut. Danke, Roland und Peter, dass ihr da wart. Es war sehr schön, euch kennenzulernen.“

Tim Mälzer und Tim Raue in der österreichischen Einöde

Die Tims reisen nach Salzburg. An die ehemalige Wirkungsstätte von Roland Trettl, den berühmten Hangar 7. Immer die besten Köche der Welt sind hier für einen Monat zu Gast. „Ich hab noch nie eine Einladung bekommen“, sagt Tim Mälzer.

Dann gibt’s einen Hubschrauberrundflug zum Ziel: Goldegg. Irgendwo im Nirgendwo. „Sieht nicht unbedingt nach Leben aus hier“, sagt einer.

Das Restaurant, in dem die beiden Köche ihr Können unter Beweis stellen müssen, ist ein Familienbetrieb, das gleichzeitig drei Generationen beschäftigt. Oma, Vater, Sohn – alle Köche, die die traditionellen Rezepte der Familie weitertragen

Dann kommt die Box. Mälzer weiß, was sie brauchen, um ihre Geschmacksknospen zu aktivieren:

„Wir saufen zu wenig. Willst du auch Weißwein?“

„Nein, danke.“

„Dann feier’ ich hier eben alleine Weihnachten.“

Weihnachten ist feuchtfröhlich bei den Sterneköchen. Foto: MG RTL D / Ralf Jürgens
Weihnachten ist feuchtfröhlich bei den Sterneköchen. Foto: MG RTL D / Ralf Jürgens

Tim und Tim probieren sich also durch ein anspruchsvolles Menü.

„Da wird es hart, eine sechs zu erreichen. Aber du hältst es wieder alles für possible“, sagt Raue

„Digga. Wir beide. Wir sind wie Whitney Houston und Beyoncé“, sagt Mälzer.

Also ab in die Küche. Der Sohn des Hauses sagt: „Die Rezepte sind alle von meiner Mutter, sie sind ganz easy, rustikal, aber das wissen die Feinmechaniker und dekorierten Sterneköche nicht.“ Er schaut Mälzer über die Schulter, während er den Nachtisch zubereitet: „Beim Backen ist es sehr wichtig, das richtige Verhältnis der Zutaten zu erreichen.“

Raue ruft: „Wie viel Zucker hast du im Teig?“

Mälzer: „Das wüsste ich, wenn ich abgewogen hätte.“

Die Jury verzeiht

Die deutschen Köche improvisieren sich durch die Gerichte, hauptsächlich der Raue-Tim, denn der Mälzer-Tim macht mal Lagerfeuer, dann backt er Brot. Das dauert alles seine Zeit.

Auf geht’s zur Verkostung. Die Jury hat Platz genommen:

Kastanien-Sellerie-Cremesuppe. „Gut gelungen. Sehr gut abgeschmeckt. Relativ in der Nähe.“ „Nicht so dicht und sämig.“

Kletzenbrot: „Steinhart, ich will nicht, dass wir zum Zahnarzt müssen.“ „Geschmacklich aber 1A.“

Spinatknödel: „Von der Textur zu glatt.“ „Topfen ist zu dominant.“

Kalbsbrust mit Endivie und Erdapfel-Gurken-Salat: „Fleisch ist sehr trocken.“ „Salat war zu üppig, zu wenig raffiniert.“

Buchteln auf Vanillesoße: „Die sind super gelungen.“ „Leider war der Teig nicht ganz durch.“

Das macht: 5,2 Punkte. Und den Sieg! Und einen herzlichen Abschied der Gastgeberin: „Die beiden sind tolle Köche. Aber großartige Charaktere. Es war eine Ehre, auf meine alten Tage, die beiden kennenzulernen.“

Im Video: Henssler, Mälzer und Rach: Die TV-Köche und ihre Restaurants