Welke & Co am Freitagabend: Humorloser Zoten-Tsunami bei den Öffentlich-Rechtlichen

image

Eurokrise? Flüchtlingskrise? Koalitionskrise? Vergessen wir das für einen Moment. Am Freitagabend, nach einer anstrengenden Arbeitswoche, möchte man einfach mal entspannen, sich berieseln lassen; Unterhaltung statt Untergangsstimmung, leichte Kost, eine Portion Eskapismus gegen das Elend. Die gute Nachricht: Das Angebot ist groß. Das Erste sendet eine Komödie, im Zweiten läuft die „heute show“ und diverse dritte Programme präsentieren Talkshows, in denen ausgebildete Frohsinns-Facharbeiter gastieren. Die schlechte Nachricht: Eine schlimme Krise erlebt derzeit auch der öffentlich-rechtliche Humor.

Nehmen wir die NDR-Talkshow „Bettina und Bommes“. Dort saß gestern Matze Knoop. Der hatte sich als Joachim Löw verkleidet und versuchte den Bundestrainer zu imitieren. Eigentlich eine gute Idee. Doch Knoop dribbelte sich mit peinlich-schlüpfrigen Witzen zielsicher ins Abseits. Kostprobe: „Die Spielerfrauen der Nationalspieler wohnen bei mir im Hotel – den Tipp habe ich von Lothar Matthäus bekommen.“ Dieses Niveau hält Knoop bis zum Abpfiff. Faseln, nuscheln und Perücke tragen ergeben noch keine gute Persiflage. Moderator Alexander Bommes versucht die Situation zu retten. „Ich kenne diesen Mann nicht“, behauptet der frühere Handball-Bundesligaspieler. Doch gegen den Zoten-Tsunamie hat Bommes keine Chance.

Neben Matze Knoop fläzt sich Piet Klocke im Sessel. „Die Geschichte mit den Frauen – Hut ab“, lobt Klocke seinen Kollegen ernsthaft. Komiker Klocke versucht erst gar nicht lustig zu sein. Ein Klocke-Witz geht so: „Wenn ein Autofahrer auf der linken Spur schleicht, dann fahre ich rechts daneben, rufe ihn an und frage: Kann ich Ihnen etwas anbieten?“ Gesegnet sei das Land, in dem Menschen damit Geld verdienen können.

Nahezu zeitgleich läuft der WDR-Gesprächskreis „Kölner Treff“. Dort hockt Sebastian Pufpaff. Der frühere Moderator vom RTL-Teleshop soll für politisches Kabarett stehen, seine aktuelle Tournee ist ausverkauft. Am Freitagabend gab er folgenden Schote zum besten: „Bei Amazon kann man jetzt Aufsätze bestellen, die eine elektrische Zahnbürste in einen Dildo verwandeln. Mein erster Gedanke war: Das schäumt doch. Aber da bekommt natürlich ein Markenname wie Oral B seien Berechtigung.“

Schön, dass im WDR der Altherrenwitz eine Renaissance erlebt. Aber wer Pufpaff auf schmierige Sexphantasien reduziert, der tut ihm Unrecht. Pufpaff hat auch eine philosophische Ader. „Das Wasser in Zimmerspringbrunnen wird nie das Meer sehen“, gibt der Komiker zu bedenken. Diese Erkenntnis muss man erst mal sacken lassen.

Bis dahin lohnt es sich vielleicht, ins ZDF zu zappen. Aber auch dort: Alter Wein in alten Schläuchen. Seit Monaten fällt Oliver Welke wenig neues ein. Veralbert werden die immer gleichen Politiker mit fast identischen Pointen. Filmschnipsel aus unfreiwillig komischen Sätzen von Angela Merkel („Wir haben auch gelacht.“), Sigmar Gabriel („Ein Jahr vergeht im Internet in wenigen Wochen.“) und dem obligatorischen CSU-Politiker, der über Integration räsoniert („Du lern Deutsch.“) bilden die Vorlage für Welkes müde Kalauer.

Auch Welke kann anscheinend nicht auf Zoten verzichten: „Geschlechtsverkehr findet in Deutschland nur Samstags statt, weil an diesem Tag der deutsche Mann badet.“ Haha. Olaf Schubert unterbietet selbst diesen Steinzeitwitz. „Orgasmus auf Sächsisch? Färtsch“, witzelt der Dresdner. Zur Erinnerung: Es liegt erst wenige Wochen zurück, dass man im ZDF von „Qualitätsansprüchen“ im Zusammenhang von Satiresendungen salbaderte. Wer eine halbe Stunde „heute show“ durchgestanden hat, wird immerhin die letzten paar Minuten mit Dietmar Wischmeyer und Lutz van der Horst belohnt. Wischmeyers böse Kommentare und van der Horsts absurd komischer Auftritt bei britischen EU-Gegnern („Krauts for Brexit – wir wollen, dass ihr endlich abhaut.“) versöhnen wenigstens etwas.

Wer wissen will, wie unterhaltsamer Humor funktioniert, dem bleibt am Freitagabend nur ein privater Nischensender. Auf Tele 5 taucht Oliver Kalkofe ein in die Untiefen des deutschen TV-Wahnsinns. Kalkofe persifliert, diagnostiziert und kommentiert. Niemanden verschont er in seiner „Mattscheibe“. Ein Albtraum für öffentlich-rechtliche Redaktionsbeamte, denen schon ein albernes Böhmermann-Gedicht die Schweißperlen auf die Stirn treibt. (Autor: Frank Brunner)

Foto: ZDF