Drei Gründe - Immer mehr Masern-Fälle in Deutschland – woran das liegt
Masern sind sehr ansteckend und potenziell tödlich. Dabei ließe sich das verhindern. Eine Impfung bietet hohen Schutz und ist für bestimmte Menschen in Deutschland sogar Pflicht. Warum die Fälle dieses Jahr trotzdem steigen.
In Deutschland sind dieses Jahr deutlich mehr Menschen an Masern erkrankt als in den vergangenen Jahren. Bis Donnerstag wurden rund 550 Fälle an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Die überwiegende Mehrheit der Infizierten sei ungeimpft gewesen.
Zum Vergleich:
2023 waren es insgesamt nur 79 Fälle
2022 wurden 15 Fälle übermittelt.
Allerdings gab es in früheren Jahren auch schon deutlich mehr Fälle: So wurden 2015 rund 2470 Erkrankungen registriert, 2013 waren es rund 1770.
Die Infizierten waren dieses Jahr zwischen 0 und 75 Jahre alt, hieß es vom RKI. Insbesondere seien Kinder in den ersten beiden Lebensjahren betroffen. Todesfälle seien bislang keine bekannt.
Infektiologe: Erkrankung könnte durch Impfung „komplett verhindert werden“
„Masern ist eine Erkrankung, die bis auf sehr wenige Ausnahmen mit einer Impfung komplett verhindert werden kann“, sagte der Leiter der Infektiologie der Berliner Charité, Leif Erik Sander. Trotzdem stiegen derzeit in vielen Ländern die Fallzahlen. „Es ist kein deutsches Phänomen, es ist ein weltweiter Trend.“
Von einem großen Ausbruchsgeschehen könne man in Deutschland derzeit noch nicht sprechen. In Rumänien sehe es etwa mit bislang rund 18.000 Fällen viel schlimmer aus.
Drei Gründe für die Ausbreitung der Infektionskrankheit
Die Ausbreitung der Masern ist häufig auf infizierte Einreisende aus dem Ausland zurückzuführen, die in Deutschland weitere Menschen anstecken, wie die RKI-Sprecherin erklärte. Dieses Jahr treffe das auf knapp 15 Prozent der Fälle zu.
Eine einzelne Ursache für den Anstieg in Deutschland sieht Sander nicht, der Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie ist. Es könnte zum einen damit zusammenhängen, dass die Immunität in der Bevölkerung leicht gesunken sei, weil viele durch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie kaum in Kontakt mit Krankheitserregern gekommen seien.
Zum anderen zeigten Studien, dass die Impfbereitschaft nachgelassen habe. „Es reicht schon, wenn ein paar weniger Leute sich impfen lassen, damit es zu Ausbrüchen kommt.“
Für wen die Masern-Impfpflicht gilt
Seit 2020 gibt es eine Masern-Impflicht: Sie gilt in Kitas und Schulen. Bevor Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind, aufgenommen werden, müssen sie eine Masernimpfung vorweisen.
Nach Angaben des RKI erfolgt die Masernimpfung bei vielen Kindern aber zu spät oder nicht vollständig. Nur knapp 81 Prozent der Kinder, die 2019 geboren wurden, hatten im Alter von zwei Jahren beide Impfungen erhalten.
Wer sich noch impfen lassen sollte
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt die Impfung mit zwei Impfdosen gegen Masern generell für alle Kinder. Sie soll vorzugsweise mit einem sogenannten MMR-Kombinationsimpfstoff erfolgen, der neben Masern auch vor Mumps und Röteln schützt. Die erste Impfung soll dabei möglichst im Alter von elf bis 14 Monaten, die zweite Impfung frühestens vier Wochen nach der ersten Impfung und spätestens gegen Ende des zweiten Lebensjahres erfolgen.
Auch Erwachsenen wird eine einmalige MMR-Impfung als Standardimpfung empfohlen, wenn sie nach 1970 geboren sind und ihr Impfstatus unklar ist, sie in der Kindheit keine oder nur eine Impfung erhalten haben.
Sehr ansteckend und lebensbedrohlich
Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten – ausgelöst durch Viren. Sie können mitunter lebensbedrohlich sein. Übertragen werden sie unter anderem über Tröpfchen und Aerosole, die etwa beim Sprechen, Husten und Niesen abgegeben werden.
Eine Infektion beginnt laut RKI in der Regel mit
Fieber,
Bindehautentzündung,
Schnupfen,
Husten und
Kopfschmerzen und
weißen bis blau-weißen Flecken an der Mundschleimhaut.
Wenige Tage später steigt das Fieber und es bildet sich der für die Masern typische Hautausschlag mit bräunlich-rosafarbenen Flecken .
Masern schwächen vorübergehend das Immunsystem, so dass andere Erreger schlechter abgewehrt werden können. Dadurch können Komplikationen entstehen, die häufig durch zusätzliche Erreger verursacht werden, wie beispielsweise
Mittelohrentzündungen,
Atemwegsentzündungen.
Die Erkrankung könne zu Lungen- und Gehirnentzündungen führen und tödliche Folgen haben. Laut Sander stirbt statistisch gesehen einer von 1000 Erkrankten.
Welche Medikamente helfen bei Masern?
Es gibt keine Medikamente gegen Masern. Antibiotika sind wirkungslos bei Krankheiten, die durch Viren ausgelöst werden. Sie kommen gegebenenfalls zum Einsatz, wenn bakteriell ausgelöste Zusatz -Komplikationen wie eine Mittelohr- oder Lungenentzündung auftreten. Behandelt werden die Symptome beispielsweise mit Hustenstillern oder fiebersenkenden Mitteln.